Thomas Hitschler - Bundeswehreinsatz in Bosnien und Herzegowina (EUFOR ALTHEA)
Geschätzte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Im vergangenen Jahr haben wir an dieser Stelle gemeinsam entschieden, dass die Bundeswehr nach zehnjähriger Unterbrechung wieder Teil der Operation EUFOR Althea in Bosnien und Herzegowina werden sollte. Die Gründe für diese Entscheidung finden wir in den stagnierenden politischen und wirtschaftlichen Entwicklungen und der sich Anfang 2022 verschlechterten Sicherheitslage.
Als verantwortungsbewusstes Land in der Mitte Europas haben wir größtes Interesse an Stabilität, Sicherheit und Fortschritt im Westbalkan. Abspalterische Politik in der Republika Srpska, hetzerische Rhetorik und Hassrede entlang ethnischer Trennlinien verstärken die Polarisierung der Gesellschaft und schwächen gesamtstaatliche Institutionen. Befeuert wird dies, wie in vielen anderen Staaten des Balkans, durch Russland. Die Führungsriege der bosnisch-serbischen Teilrepublik wendet sich sowohl rhetorisch als auch politisch Russland zu. Sie sendet Freundschaftsbekundungen gen Moskau und bildet so das Einfallstor für russische Einflussnahme in der Region. Auch dies führte im Februar 2022 zur Aktivierung von vier Reservekompanien, gefolgt von der Bitte an die EU-Mitgliedstaaten, weitere Kräfte zu stellen. Dieser Bitte sind wir nachgekommen.
Kolleginnen und Kollegen, für Ihre damalige Unterstützung dieser Entscheidung danke ich Ihnen. Sie hat sich als korrekt und als notwendig erwiesen. Denn obwohl es seit Abschluss des Dayton-Abkommens 1995 zu keinen Kampfhandlungen in Bosnien und Herzegowina gekommen ist, ist es bislang nicht gelungen, starke gesamtstaatliche Institutionen zu etablieren.
Trotzdem nehmen wir auch positive Entwicklungen wahr. Den durchgeführten Wahlen im Oktober des vergangenen Jahres folgte eine erfolgreiche Regierungsbildung auf allen Ebenen. Politische Blockaden, die zum Teil mehrere Jahre andauerten, konnten gelöst werden. Der im Dezember 2022 zuerkannte EU-Kandidatenstatus ist ein weiteres Zeichen des Fortschritts für Bosnien und Herzegowina. Es wird noch einige Zeit und Anstrengung nötig sein, bis das Land die Beitrittsvoraussetzungen erfüllt. Aber durch unsere Beteiligung an EUFOR Althea geben wir den Menschen vor Ort die Chance, diesen Weg selbstbewusst und eigenverantwortlich zu gehen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Kolleginnen und Kollegen, EUFOR Althea ist ein Einsatz, der medial eher unter dem Radar fliegt. Das ist auch gut so; denn es ist ein Zeichen dafür, dass er wirkt. Es ist auch das Verdienst der Soldatinnen und Soldaten vor Ort, dass sich die angespannte Lage in der Region nicht entladen hat. Dafür spreche ich ihnen an dieser Stelle meinen ausdrücklichen Dank und meine Anerkennung aus.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Kolleginnen und Kollegen, zu den Aufgaben, die deutsche Soldatinnen und Soldaten im Rahmen von EUFOR Althea ausführen, gehören vor allem die Unterstützung und Koordination der Ausbildung der bosnischen Streitkräfte und die Wahrnehmung von Führungs- und Verbindungsaufgaben. Seit dem Wiederbeitritt zur Mission wurde hierzu einiges geleistet. Im vergangenen Jahr wurde die Arbeitsfähigkeit des deutschen Kontingents hergestellt und die beiden Häuser der deutschen Verbindungs- und Beobachtungsteams etabliert. Dadurch wird das Netz zur Verdichtung des Lagebilds noch engmaschiger. In der Bevölkerung genießen diese Teams ein hohes Ansehen und werden als Garant für Frieden und Sicherheit wahrgenommen. Auch dies zeigt die gute Arbeit unserer Leute vor Ort.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Mit unseren Verbindungs- und Beobachtungsteams, dem Personal im Hauptquartier der Operation in Sarajevo sowie der deutschen Unterstützung bei der sanitätsdienstlichen Versorgung leisten wir mit derzeit etwa 30 Soldatinnen und Soldaten unseren Beitrag zu mehr Frieden und Sicherheit in Bosnien und Herzegowina.
Kolleginnen und Kollegen, das erklärte Ziel unseres Engagements bleibt es, das Land zu befähigen, den Schutz und die Sicherheit im Land vollständig und dauerhaft in Eigenverantwortung gewährleisten zu können. Wir haben in den vergangenen Monaten viele positive Entwicklungen feststellen können, die die Wirksamkeit unserer Unterstützung deutlich machen. Ich habe eingangs davon gesprochen, dass es seit 1995 keine Kampfhandlungen mehr in Bosnien und Herzegowina gegeben hat. Das bedeutet, dass gerade die zweite Generation in Folge in Frieden aufwachsen kann, dass Frieden trotz allem zur Normalität wird, so wie es sein sollte.
Diese Entwicklung gefällt nicht allen; auch dieser Tatsache müssen wir ins Auge sehen. Es wird also noch einige Zeit dauern, bis EUFOR Althea nicht mehr nötig sein wird. In diesem Sinne bitte ich Sie um Unterstützung für den Antrag der Bundesregierung in den anstehenden parlamentarischen Beratungen.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Das Wort hat der Abgeordnete Markus Frohnmaier für die AfD-Fraktion.
(Beifall bei der AfD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7555211 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 110 |
Tagesordnungspunkt | Bundeswehreinsatz in Bosnien und Herzegowina (EUFOR ALTHEA) |