21.06.2023 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 111 / Zusatzpunkt 1

Ulrike Schielke-ZiesingAfD - Aktuelle Stunde: Rentenanpassung Ost/West

Lade Interface ...
Anmelden oder Account anlegen






Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kollegen! Verehrte Bürger! Die Regierung feiert sich selbst; denn sie hat eine gute Nachricht zu verkünden: Ab 1. Juli wird – wir haben es gehört – die deutsche Einheit Ost und West auch rententechnisch vollzogen. Der aktuelle Rentenwert wird dann einheitlich 37,60 Euro betragen. Nach 30 Jahren darf man sagen: Endlich. Das sage ich als Ostdeutsche und als rentenpolitische Sprecherin meiner Fraktion.

Beschlossen wurde das Ganze allerdings schon 2017. Seitdem stieg der Wert jedes Jahr weitgehend unbeachtet um 0,7 Prozentpunkte bis zum avisierten Ende 2024. Nun sind wir also ein Jahr früher so weit. Ob es, um das zu verkünden, eine Aktuelle Stunde brauchte, weiß ich nicht. Aber gut, seitdem die Ampel regiert, haben gute Nachrichten tatsächlich Seltenheitswert. Es sei Ihnen gegönnt!

Liebe Kolleginnen und Kollegen, so ergibt sich zumindest die Gelegenheit, sich das Ganze etwas näher anzuschauen. Und da stelle ich fest: Es ist nicht alles Gold, was glänzt. Ja, es ist richtig, der Grund, der diese Beschleunigung überhaupt möglich gemacht hat, ist – das haben wir schon gehört – die derzeit anziehende Lohnentwicklung. Genauer gesagt: Seit 2018 sind die Löhne nicht mehr so stark gestiegen wie im ersten Quartal dieses Jahres, nämlich um durchschnittlich 5,6 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Dumm nur, dass im selben Zeitraum die Preise um 8,6 Prozent gestiegen sind. Das heißt, die Reallöhne sind im ersten Quartal 2023 um 2,3 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum gesunken. Selbst wer das Glück hat, von Lohn- und Tariferhöhung zu profitieren, dessen Kaufkraft und Einkommen wird durch die Inflation massiv reduziert. Und wer davon ausgeschlossen ist, dem bleibt nicht einmal das. Deshalb: Eine Politik, die nicht willens und in der Lage ist, eine Inflation dieses Ausmaßes zu bekämpfen, ist zutiefst unsozial.

(Beifall bei der AfD)

Das betrifft im Übrigen nicht nur die Rentner, sondern alle Bürger.

Vor diesem Hintergrund ist es geradezu ungeheuerlich, dass sich die gesamte Bundesregierung eine Inflationsausgleichsprämie von 3 000 Euro spendiert, steuerfrei natürlich,

(Stephan Brandner [AfD]: Pfui!)

während die Rentner und Rentnerinnen leer ausgehen – eine Regierung, die ja wohlgemerkt für die Inflation verantwortlich ist. Wie instinktlos kann man sein?

(Beifall bei der AfD)

Die Renten steigen ab dem 1. Juli, und das ist gut so. Aber zur Wahrheit gehört auch: Erst steigt die Inflation, dann, mit Verzögerung und längst nicht im selben Umfang, steigen die Einkommen, und erst dann steigen mit erneuter Verzögerung die Renten. Das, liebe Kollegen, führt zu einer systematischen und strukturellen Benachteiligung der Rentnerinnen und Rentner.

Derzeit leben 2,5 Millionen Menschen in unserem Land, die trotz 45 Jahre langer Arbeit keine Rente oberhalb der Grundsicherung erhalten. Ein Drittel der heute Vollzeitbeschäftigten wird später nicht mehr als 1 200 Euro Rente erhalten. Und selbst dafür wären 45 Arbeitsjahre nötig. Das ist die Theorie; denn viele werden diese 45 Jahre gar nicht erreichen. Zum Problem wird das Ganze, weil das Rentenniveau in Deutschland mit unter 50 Prozent ruinös niedrig ist, was angesichts der aktuellen Preissteigerung ins Desaster führt.

Das alles ist bekannt und ist das Ergebnis einer jahrzehntelangen Untätigkeit in der überwiegend CDU-geführten Rentenpolitik, einer Untätigkeit, die leider kongenial von dieser Regierung fortgesetzt wird; denn für mehr ist kein Geld da, weil wir ja die Welt retten müssen und das Klima.

(Beifall bei der AfD)

Hunderttausende Rentner und Rentnerinnen werden so durch irrwitzige Sanierungsvorschriften ihr Eigenheim verlieren, werden dadurch um ihr Lebenswerk geprellt. Auch so kann man die Altersvorsorge ruinieren. Das heißt: Nicht alle Senioren sind arm, aber dank Ihrer Politik werden zukünftig immer mehr arm sein.

Es führt kein Weg daran vorbei: Wir brauchen eine drastische Anhebung des Rentenniveaus und eine bessere Wirtschaftspolitik. Nur dann sind Unternehmen auch in der Lage, die Löhne zu zahlen, die im Alter für eine gute Rente sorgen. Besonders im Osten ist da noch erheblicher Nachholbedarf, und das nicht nur, weil bekanntlich die Hochwertung der Ost-Entgelte Ende 2024 ausläuft – eine Kleinigkeit, die bei dem ganzen Jubel vergessen wird, eine Kleinigkeit, die sich später auf die Rentenhöhe vieler Neurentner auswirken wird; denn viele ostdeutsche Regionen erreichen eben immer noch nicht das Lohnniveau Westdeutschlands.

Deshalb möchte ich abschließend noch eines sagen: Es kann nicht sein, dass der Bund den Ländern und Kommunen für die Unterbringung von Flüchtlingen eine weitere Milliarde zusichert und im Anschluss Bund-Länder-Programme zur Wirtschaftsförderung fast in gleicher Höhe zusammenstreicht. Allein das Förderprogramm Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ soll um 300 Millionen Euro gekürzt werden, eine Katastrophe für viele mittelständische Unternehmen, nicht nur in Mecklenburg-Vorpommern. Das ist keine verlässliche Wirtschaftspolitik. Aber nur mit einer starken und resilienten Wirtschaft können wir auch angemessene Renten zahlen. Davon sind wir im Moment leider weit entfernt.

Danke.

(Beifall bei der AfD)

Die Kollegin Anja Schulz hat das Wort für die FDP-Fraktion.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7555296
Wahlperiode 20
Sitzung 111
Tagesordnungspunkt Aktuelle Stunde: Rentenanpassung Ost/West
00:00
00:00
00:00
00:00
Keine