Martina Stamm-FibichSPD - Tätigkeitsbericht des Petitionsausschusses 2022
Danke schön. – Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Bevor ich zum Jahresbericht komme, möchte ich zuerst zwei Punkte ansprechen, die es verdienen, ganz zu Beginn erwähnt zu werden.
Als Erstes möchte ich mich beim Ausschussdienst bedanken. Danke schön!
(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP und der LINKEN)
Wir haben letztes Jahr 13 242 Petitionen erhalten. All diese Petitionen muss der Ausschussdienst entgegennehmen. Er muss sie auf die Einhaltung der Verfahrensgrundsätze prüfen und mit den Petentinnen und Petenten kommunizieren. Für den Großteil muss eine Stellungnahme des Ministeriums eingeholt werden, die Petition an die Berichterstatter geschickt, auf die Tagesordnung gesetzt und wieder mit den Petentinnen und Petenten kommuniziert werden – und das viele Tausend Mal. Und das ist der einfache Weg, die unkomplizierte Variante. Deswegen möchte ich allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Ausschussdienstes meinen besonderen Dank aussprechen; ich glaube, ich kann das für den ganzen Ausschuss tun. Wir sehen und schätzen Ihre Arbeit, die Sie für uns tun.
(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der FDP und der AfD)
Als Zweites möchte ich an unseren lieben Kollegen Gero Storjohann erinnern. Vor einem Jahr stand ich genau hier, habe ihm schnelle Genesung gewünscht und wohl für den ganzen Ausschuss gesprochen, als ich gesagt habe, dass er vermisst wird. Am 29. Januar dieses Jahres ist Gero Storjohann gestorben. Ich und viele aus dem Ausschuss haben sehr vertrauensvoll mit ihm zusammengearbeitet, und bis heute erinnere ich mich häufig daran, wie wir die Dinge zusammen gelöst haben. Deswegen wiederhole ich mich heute – denn es gilt weiterhin –: Er wird vermisst.
(Beifall)
Nun zum eigentlichen Anlass unserer heutigen Debatte. Das Jahr 2022 war geprägt durch außenpolitische Ereignisse und ihre Auswirkungen: den brutalen völkerrechtswidrigen Überfall Russlands auf die Ukraine, die Proteste im Iran und die stark umstrittenen Sportereignisse in China und Katar. Die Bedrohung durch Covid-19 spielte weiterhin eine Rolle. Die Debatten um Energiesicherheit, steigende Energie- und Lebensmittelpreise sowie die Inflation generell bereiteten vielen Bürgerinnen und Bürgern Sorgen. Diese Sorgen haben sie als Petitionen an uns herangetragen. Wie schon erwähnt, waren es 13 242 – über 1 500 mehr als im Vorjahr. Die meisten Zuschriften betrafen weiterhin den Bereich der Gesundheit, auch wenn hier deutlich weniger Petitionen eingereicht wurden als in den Vorjahren. Auf Platz zwei bewegten die Bürgerinnen und Bürger die Themen Arbeit und Soziales. Die größte Steigerung verzeichnete allerdings der Bereich des Auswärtigen Amts, was angesichts der Geschehnisse in der Welt nicht verwunderlich ist.
Über unser Onlineportal äußern die Petentinnen und Petenten ihre Wünsche besonders effektiv. Mittlerweile sind es über 4,6 Millionen registrierte Nutzerinnen und Nutzer. Allein letztes Jahr haben sich 600 000 Nutzerinnen und Nutzer angemeldet – doppelt so viele wie im Vorjahr.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Online wie auch offline wurden Petitionen über 937 000-mal unterschrieben. Das waren auch dreimal mehr als im Vorjahr. Deshalb, glaube ich, können wir sagen, es war für unseren Ausschuss ein erfolgreiches Jahr.
Die mitzeichnungsstärksten Petitionen betrafen die Fortführung bzw. Verstetigung des Bundesprogramms Sprach-Kitas, aber auch „Keine allgemeine Corona-Impfflicht“ oder „Keine Covid-Impfflicht für das Pflegepersonal“. Diese und neun weitere Petitionen hatte der Ausschuss öffentlich beraten, weil sie die 50 000-Unterschriften-Marke erreichten. Die öffentliche Beratung ist etwas Besonderes, weil die Petentinnen und Petenten ihr Anliegen persönlich vor den Ausschussmitgliedern, den anwesenden Regierungsvertretern und allen Interessierten im Netz vortragen können.
Besonders großen Erfolg hatte die Petition zu den Sprach-Kitas. In dieser Petition, die öffentlich beraten wurde, forderten die Petentinnen und Petenten, dass der Bund dieses Programm weiterhin fördert. Das ist aber etwas, was in die Kompetenz der Länder fällt. Damit die sprachliche Entwicklung weiter gefördert und weiter Integration geleistet wird, hat sich der Ausschuss für die Weiterentwicklung dieses Programms ausgesprochen. Ende 2022 ist die Bundesförderung ausgelaufen. Aber wir haben Strukturen in den Ländern verankert, damit die Förderung durch das KiTa-Qualitätsgesetz nahtlos weiterlaufen kann.
Hervorheben möchte ich auch die Petition zu den Völkermorden an den Jesidinnen und Jesiden. Die Terrororganisation IS ermordete 2014 in einer großangelegten Offensive über 5 000 Menschen und verschleppte 7 000 weitere. Der Ausschuss empfahl, diese Petition der Bundesregierung zur Berücksichtigung zu überweisen. Am 19. Januar dieses Jahres haben wir es tatsächlich geschafft, das Leid dieser Opfer im Rahmen einer Plenardebatte anzuerkennen.
(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP sowie bei Abgeordneten der AfD)
Doch Petitionen drehen sich bei Weitem nicht nur um die große Politik, bei Weitem nicht nur um Dinge, die uns alle betreffen. Tatsächlich drehen sich zwei Drittel aller Petitionen um vermeintlich kleine Dinge: die persönlichen Anliegen von Bürgerinnen und Bürgern, die zum Beispiel mit der Entscheidung oder dem Vorgehen einer Behörde unzufrieden waren. Genau hier liegt auch die Stärke dieses Ausschusses. Nur ein paar Beispiele: Wir halfen einer Petentin mit einem Gründungszuschuss der Deutschen Rentenversicherung, damit sie sich selbstständig machen konnte. Eine Petentin, die keine Rentenzahlungen erhielt, bekam eine Nachzahlung von über 13 000 Euro. Außerdem unterstützte der Ausschuss eine Petentin bei der Bewilligung einer onkologischen Reha.
Sie sehen: Wir sind auch für die kleinen Dinge zuständig. Die Unterstützung, die der Ausschuss in diesen Einzelfällen leistet, zeigt seine Notwendigkeit und Bedeutung.
(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP sowie bei Abgeordneten der AfD)
Selbst wenn der Ausschuss nicht helfen kann, so kann er doch wenigstens Entscheidungen der Behörden besser verständlich machen. Denn daran, liebe Kolleginnen und Kollegen, hapert es wirklich oft in unserem Land. Wir können den Menschen klarmachen, was im vorliegenden Fall nicht funktioniert hat. Diese Schlüsselfunktion übernehmen wir gerne.
Es ist so, dass wir öfter einmal mit dem Unwillen der Leute konfrontiert werden, wenn sie das, was wir tun, nicht ganz nachvollziehen können, wenn es zu lange dauert, wenn der Aufwand, in Erfahrung zu bringen, wo die Petition gerade gelandet ist, sehr groß ist. Wenn unsere Entscheidung am Ende schlecht oder gar nicht nachvollzogen werden kann, dann zeigt das, dass wir alle an einer Verbesserung arbeiten müssen. Wir müssen den Menschen erklären, was wir tun, warum es im Einzelfall mal länger dauert. Ich denke, es ist jetzt unsere Aufgabe – auch in dieser Legislatur –, vor allem an der Transparenz zu arbeiten. Wir brauchen ein modernes Petitionsrecht, einen modernen, bürgerfreundlichen und unbürokratischen Zugang zum Petitionsausschuss. Dazu gehören nun einmal Kommunikation, Transparenz im Verfahren, kürzere Bearbeitungszeiten von Petitionen, verständliche Sprache und verständliche Beschlüsse.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der CDU/CSU, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der FDP und der AfD)
Wir haben – ich hatte es gerade schon erwähnt – noch einiges nachzuholen; die Ausgangslage ist nicht gerade ideal. Wir als Koalition werden dem Ausschuss hoffentlich bald unsere Vorschläge präsentieren.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Arbeit mit Petitionen ist die direkteste Art, zusammen mit den Bürgerinnen und Bürgern Politik zu gestalten. Das macht die Arbeit mit Petitionen so besonders. Deshalb hat das Petitionsrecht zu Recht Verfassungsrang, und deshalb liegt mir die Arbeit mit Petitionen so am Herzen. Lassen Sie uns das Petitionswesen so gestalten, dass die Bürgerinnen und Bürger draußen auch sagen können: Dieses Recht liegt uns am Herzen.
Ich danke allen Kolleginnen und Kollegen, die so viel Arbeit auf sich nehmen. Aber ich glaube, es ist immer wieder wert, darüber zu reden, was wir, und sei es Klein-Klein im Einzelfall, erreichen. Deshalb sage ich noch einmal: Danke allen, die zugehört haben. Aber vor allem danke ich dem Ausschussdienst und euch, liebe Kolleginnen und Kollegen, für die wertvolle Arbeit.
Danke schön.
(Beifall im ganzen Hause)
Die nächste Rednerin ist Corinna Rüffer für Bündnis 90/Die Grünen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
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Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 111 |
Tagesordnungspunkt | Tätigkeitsbericht des Petitionsausschusses 2022 |