Ralph EdelhäußerCDU/CSU - Tätigkeitsbericht des Petitionsausschusses 2022
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn ich Schulklassen hier im Bundestag begrüße und hin und wieder über meine Arbeit im Petitionsausschuss berichte, dann erkundige ich mich, ob die jungen Leute wissen, was denn eine Petition ist. Regelmäßig wissen die jungen Leute mit dem Begriff nicht allzu viel anzufangen. Umso überraschter sind sie dann, wenn sie erfahren, welch großes Potenzial jede einzelne Bürgerin und jeder einzelne Bürger in unserem Land mit diesem Petitionsrecht hat. Denn Petitionen stellen eine wichtige Schnittstelle zwischen dem Volk und uns als Volksvertretung dar. Wir als MdBs bekommen eine direkte Rückkopplung zu unserem Handeln oder auch zu unserem Nichthandeln und können damit auch entsprechende Impulse für Gesetzesinitiativen geben.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Ina Latendorf [DIE LINKE])
Das beste Beispiel dafür ist die überaus erfolgreiche Petition zu den Sprach-Kitas im vergangenen Jahr. Von unserer Seite schon oft vorgetragen: Die Bundesregierung hat sich bei diesem Thema nicht wirklich mit großem Ruhm bekleckert. Immerhin wurde das erfolgreiche Bundesprogramm „Sprach- Kitas“ von der gesamten Fachwelt hoch gelobt. Es freuten sich Familien, es freuten sich die Kitas, die Fachkräfte und die Verbände, als im November 2021 im Koalitionsvertrag zu lesen war, dass das Bundesprogramm weiterentwickelt und verstetigt werden soll. Als dann, nur ein halbes Jahr später, ohne irgendeinen zeitlichen Vorlauf, das plötzliche Förder-Aus kam, regte sich Unverständnis und Protest im ganzen Land. Ein Ergebnis dessen war die öffentliche Petition, die die Fortführung und Verstetigung des Programms forderte. Sage und schreibe über 277 000 Personen haben diese Petition mitgezeichnet. Im Rahmen des Petitionsprozesses haben wir uns als Union bemüht, die Sprach-Kitas zu erhalten und eine schnelle Lösung für alle Beteiligten zu finden. Keines der Bundesländer hätte in der Kürze der Zeit ein qualitativ gleichwertiges Programm auf die Beine stellen können.
Die von der Union unterstützte Petition hat die Bundesregierung natürlich unter gewissen Handlungsdruck gesetzt und sie letztendlich dazu gebracht, den Förderzeitraum zumindest um sechs Monate, jetzt bis zum 30. Juni dieses Jahres, zu verlängern.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Der Öffentlichkeit hat die Ampelregierung vermittelt, damit die Finanzierung der Sprach-Kitas ein halbes Jahr länger gesichert zu haben; leider ist das aber nur die halbe Wahrheit. Denn bedauerlicherweise haben Sie die nötigen Mittel für die Verlängerung aus dem KiTa-Qualitätsgesetz umgeschichtet. 109 Millionen waren das, und die fehlen dann an anderer Stelle.
(Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Auch nur die halbe Wahrheit!)
Wir, aber auch einige Kolleginnen und Kollegen aus der Regierungskoalition, hätten uns andere Lösungen gewünscht, aber wenigstens hatten die Bundesländer etwas mehr Zeit, um sich auf die neue Situation einzustellen. Allein dieses Beispiel zeigt: Die Arbeit im Petitionsausschuss ist von einem lebhaften Austausch geprägt.
Wahr ist aber auch: So unterschiedlich die Positionen der Fraktionen sein mögen – der Petitionsausschuss offenbart, dass es hier im Deutschen Bundestag darum geht, die besten Lösungen für unsere Bürgerinnen und Bürger zu bewirken, und das Ganze auch über die Parteigrenzen hinweg. Das finde ich gut, und darauf können wir uns auch einigen.
Petitionen setzen aber nicht nur Themen auf die politische Agenda; sie ermöglichen auch Teilhabe. Unsere Demokratie lebt vom Teilhaben, vom Mitmachen und Mitgestalten. Und dass der Wille dazu in der Bevölkerung besteht, das sehen wir an den Zahlen: Allein 13,5 Prozent mehr eingereichte Petitionen als im Vorjahr sind ein beredtes Beispiel dafür. Rund 50 Petitionen pro Werktag gehen dem Ausschuss zu. Ich finde, das ist eine beeindruckende Zahl, und das ist auch ein gutes Zeichen für eine gelebte Demokratie.
Entgegen der Annahme, dass die Bürgerinnen und Bürger sich von der Politik in schwierigen Zeiten abwenden, resignieren und dieser Politik den Rücken kehren würden, wenden sie sich mit ihren Anliegen aus allen Politik- und auch Lebenslagen direkt an uns, ans Parlament. Ein enger Kontakt – und das wissen wir alle – zwischen der Bevölkerung und der Politik war und ist das beste Mittel gegen die vielgescholtene Politikverdrossenheit und wird es auch immer sein.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Umso wichtiger ist es, dass das Petitionswesen so niederschwellig wie möglich gestaltet wird. Hier gibt es noch viel zu tun, auch um den teils fragwürdigen und wirkungslosen privaten Petitionsplattformen endlich das Wasser abzugraben; das ist ganz wichtig. Nur die Eingabe einer Petition in den Deutschen Bundestag garantiert eine Prüfung, unabhängig davon, ob es viele Mitunterzeichner gegeben hat oder ob es vielleicht auch nur denjenigen gibt, der die Petition eingereicht hat.
Wir als Union setzen uns dafür ein, dass das Petitionswesen im Deutschen Bundestag im digitalen Zeitalter ankommt. Dazu gehören die Erweiterung der E-Petitionsplattform oder auch die Einbindung der Bundestags-App, die sich großer Beliebtheit erfreut. Aber auch die Petitionsakte muss dringend digital werden, um ein schnelleres und effektiveres Bearbeiten – die Kollegen haben es schon gesagt – zu ermöglichen; denn ein Stapel von Petitionsakten auf dem Schreibtisch, ich glaube, das ist nicht mehr zeitgemäß. Deswegen rufe ich den Kolleginnen und Kollegen zu: Lassen Sie uns fraktionsübergreifend dieses Thema gemeinsam angehen! Ich glaube, das kriegen wir hin.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Schließlich sind wir uns doch alle einig, dass wir es den Petentinnen und Petenten schuldig sind, ihre Anliegen nicht nur gewissenhaft, sondern auch in einer zeitlichen Nähe zu bearbeiten, und da können und müssen wir uns noch verbessern.
In diesem Sinn freue ich mich auf eine weiterhin konstruktive Zusammenarbeit im Petitionsausschuss und ermutige die Bürgerinnen und Bürger, dass sie heute nicht nur zuschauen, sondern dass sie auch direkt mit dem Deutschen Bundestag in Kontakt treten und sich an uns wenden.
Herzlichen Dank dafür.
(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der AfD und der LINKEN)
Das Wort hat Erik von Malottki für die SPD-Fraktion.
(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7555334 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 111 |
Tagesordnungspunkt | Tätigkeitsbericht des Petitionsausschusses 2022 |