Annika KloseSPD - Tätigkeitsbericht des Petitionsausschusses 2022
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Kolleginnen und Kollegen! Werte Zuschauer/-innen! Da kann ich tatsächlich direkt gut an meinen Vorredner Erik von Malottki anknüpfen. Petitionen ermöglichen es nämlich allen Menschen, sich auf dem direkten Wege an den Deutschen Bundestag zu wenden. Das haben wir bereits mehrfach gehört. Dafür ist aber weder der Wohnsitz noch die Nationalität entscheidend, sondern es ist wirklich ein Jedermannsrecht. Egal wo man herkommt, egal wo man lebt, egal wie alt man ist: Dieses im Grundgesetz garantierte Recht kann jeder und jede für sich in Anspruch nehmen.
Im letzten Jahr sind 13 242 Petitionen eingegangen. Das sind durchschnittlich 52 Petitionen pro Tag. Diese Zahl zeigt, dass viele Menschen ihr im Grundgesetz verankertes Recht, sich mit jeglichem Anliegen an ihre gewählte Volksvertretung zu wenden, kennen und es auch nutzen. Wie auch schon im Vorjahr war Berlin das Bundesland, aus dem die meisten Petitionen pro Einwohner/-in eingereicht wurden, nämlich 366 Eingaben pro 1 Million Einwohner/-innen. Das freut mich als Berliner Abgeordnete ganz besonders.
Gleichzeitig ist es mir aber auch ein Anliegen, das Petitionswesen noch bekannter zu machen und alle Menschen dazu zu ermutigen, von ihrem Recht Gebrauch zu machen. Wir als Ampelkoalition arbeiten aktuell daran, das Petitionswesen noch niedrigschwelliger und intuitiver zu machen.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Philipp Hartewig [FDP])
Denn Petitionen sind nicht nur von großem Wert für diejenigen, die sie inhaltlich betreffen. Auch für uns Abgeordnete ermöglichen sie in unserer alltäglichen Arbeit einen unmittelbaren Einblick in die Themen, die die Bürger/-innen beschäftigen. Sie geben uns die Chance, sowohl persönlichste Einzelanliegen im Detail zu verstehen als auch die Themen zu vertiefen, die Tausende von Menschen bewegen.
In meinem eigenen Zuständigkeitsbereich im Ausschuss – das sind „Arbeit und Soziales“ und die Außenpolitik – wird das besonders deutlich. Von ganz individuellen Problemen mit zum Beispiel dem Rentenbescheid oder der Anrechnung von Einkommen auf die Grundsicherungsleistungen reicht das Spektrum bis hin zu Themen von globaler Relevanz wie bewaffneten Konflikten und humanitären Krisen. Aus dem Jahresbericht für 2022 geht hervor, dass es 1 172 Zuschriften zum Thema Außenpolitik gab. Das ist ein Zuwachs von sage und schreibe 125 Prozent gegenüber 2021. Wir sehen daran, wie stark die vielen Konflikte auf der Welt eben auch die Menschen hier bewegen.
Zum Beispiel gibt es in der Bevölkerung sehr viel Unterstützung für die Freiheits- und Frauenrechtsbewegung in Iran. Mehr als 63 000 Menschen haben eine Petition dazu unterschrieben, weil sie Sanktionen gegen das iranische Regime fordern und weil sie sich solidarisch mit den Protestierenden zeigen. Ich unterstütze dieses Anliegen aus ganzem Herzen und bedanke mich bei allen, die sich seit Monaten für die Freiheitsbewegung in Iran einsetzen.
(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP sowie bei Abgeordneten der LINKEN)
Wie wichtig zivilgesellschaftliche Initiativen für die Gestaltung unserer Außenpolitik sind, hat eine Petition von in Deutschland lebenden Jesidinnen und Jesiden im letzten Jahr besonders deutlich gemacht. Darin wurde an das Verbrechen erinnert, das die Terrororganisation „Islamischer Staat“ im Jahr 2014 begangen hat. Der sogenannte IS hat in Nordirak Tausende Angehörige der jesidischen Gemeinschaft getötet oder verschleppt. Mehr als 2 000 Frauen und Mädchen werden bis heute vermisst. Eine bewegende Erfahrung für mich als Abgeordnete war dabei, ein Gespräch mit der jesidischen Friedensnobelpreisträgerin und Sonderbotschafterin der Vereinten Nationen für die Würde der Überlebenden von Menschenhandel, Nadia Murad, zu führen.
Die Anerkennung der Gräueltaten des IS als Völkermord durch den Deutschen Bundestag ist ein deutliches politisches Zeichen.
(Beifall des Abg. Andreas Mattfeldt [CDU/CSU])
Die weitere Aufklärung und die Aufarbeitung der Verbrechen des IS sind von enormer Bedeutung, nicht nur für die Jesidinnen und Jesiden, sondern auch für die internationale Gemeinschaft –
(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP sowie der Abg. Dirk Brandes [AfD] und Ina Latendorf [DIE LINKE])
und all das angestoßen durch eine Petition.
Ich hoffe, dass wir als Deutscher Bundestag durch die Anerkennung der Taten als Völkermord einen Beitrag zur Konflikt- und Traumabewältigung für die jesidische Gemeinschaft weltweit leisten konnten. Als Heimat der größten jesidischen Diaspora weltweit tragen wir in Deutschland eine besondere Verantwortung und werden weiterhin dafür arbeiten, dieser gerecht zu werden.
(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der Abg. Ina Latendorf [DIE LINKE])
Das waren jetzt zwei kurze Schlaglichter auf die Arbeit des Petitionsausschusses. Sie zeigen, wie wichtig es ist, dass wir alle Anliegen ernst nehmen und gewissenhaft behandeln. Als Mitglied des Petitionsausschusses bin ich froh darüber, gemeinsam mit meinem Team hierzu einen Beitrag leisten zu können. Ich möchte mich darum für die großartige Arbeit des Ausschussdienstes bedanken, die es uns ermöglicht, unsere Arbeit fortzuführen und zu bewältigen.
(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP sowie der Abg. Ina Latendorf [DIE LINKE])
Schließlich möchte ich noch an die Bundesregierung appellieren, dass die Anliegen, die wir ihr überweisen, auch ernst genommen werden, und an das Haus hier, dass es mehr Gehör für genau diese Themen gibt. Dafür setzen wir uns ein, und das stärkt auch das Vertrauen in unsere Demokratie.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der AfD und der Abg. Ina Latendorf [DIE LINKE])
Für die CDU/CSU-Fraktion hat nun der Kollege Yannick Bury das Wort.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7555343 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 111 |
Tagesordnungspunkt | Tätigkeitsbericht des Petitionsausschusses 2022 |