Bengt BergtSPD - Tätigkeitsbericht des Petitionsausschusses 2022
Moin, Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Liebe Bürgerinnen und Bürger! Herr Bury, die meisten Regelungen, über die wir hier sprechen müssen, kommen aus den letzten Legislaturen und sind nicht anwendbar.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der FDP)
Da waren Sie ziemlich tief in dem Ganzen mit drin.
(Jörn König [AfD]: Sie aber auch! – Yannick Bury [CDU/CSU]: Selbst in der Petitionsdebatte kommt das 16-Jahre-Argument!)
– Ich war nicht dabei; das ist mal ganz klar. – In Richtung der AfD: Wir erleben Sie tatsächlich als ziemlich lammfromm. Manchmal picken Sie sogar ein konstruktives Körnchen innerhalb des Ausschusses.
(Jörn König [AfD]: Nur! Wir haben jetzt mehr Prozente als Sie!)
Und jetzt nutzen Sie diesen Bericht des Petitionsausschusses, in dem es explizit um die Menschen geht, um Ihre politische Propaganda wieder rauszudrücken. Das zeigt, dass Ihnen die Menschen vollkommen egal sind und dass es nur um die politische Propaganda geht bei allem, was Sie tun.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)
Wie Sie sehen, meine Damen und Herren: Wir leben in bewegten und bewegenden Zeiten. Inflation, Klimawandel, der schreckliche Krieg in der Ukraine, täglich neue reißerische Nachrichten, das verunsichert viele Menschen. Das sind Themen, die uns alle betreffen, die Fragen aufwerfen und die auch Sorgen hervorrufen. Gleichzeitig sehen wir, dass in diesen bewegten Zeiten das Vertrauen in unsere Demokratie abnimmt. Dabei ist sie es, die uns zusammenhält.
Insgesamt jeder Dritte ist unzufrieden mit unserer Demokratie, im Osten Deutschlands zum Teil deutlich mehr als im Westen, und das bei absurderweise gleichzeitig weniger Nutzung der Demokratie, also des Wahlrechts; ist doch die Wahlbeteiligung im Osten konstant geringer als im Westen. Das ist ein großes Alarmsignal, meine Damen und Herren! Denn gleichzeitig sagen etwa 70 Prozent, sie würden sich mehr Mitwirkung an unserer Demokratie wünschen. Wir leben also in einer Zeit mit großen Herausforderungen und mit großer Unsicherheit und zugleich in einer Zeit mit der Suche nach mehr Beteiligung.
Liebe Bürgerinnen und Bürger, der Petitionsausschuss, das Petitionswesen des Bundestages, ist eine sehr gute Möglichkeit, sich direkt einzubringen. Und vor allem: Es ist Ihr gutes Recht. Es ist Ihr Recht, sich direkt an den Bundestag zu wenden. Das steht in unserer Verfassung. Also, schreiben Sie eine E-Mail, schreiben Sie einen Brief, machen Sie Gebrauch vom Petitionswesen des Bundestages! Viele Menschen machen das bereits – das wurde gerade schon eindrücklich dargestellt –, und zwar mit ganz unterschiedlichen Themen.
Lassen Sie mich ein paar kleine Beispiele aus meinem Wahlkreis nennen. Da geht es zum Beispiel um konkrete Anliegen, die der Allgemeinheit dienen sollen. Eine Frau aus Bad Oldesloe will zum Beispiel erreichen, dass Erziehungszeiten im Ausland für die Rentenversicherung anerkannt werden, weil es allen nützen würde. Ein Mann aus Henstedt-Ulzburg setzt sich dafür ein, dass Kopfhörer für alle Verkehrsteilnehmer verboten werden, weil es alle schützen würde. Oft geht es aber auch um persönliche Sorgen, um Schicksale. Zum Beispiel möchte eine Frau aus Norderstedt erreichen, dass eine Flüchtlingsfamilie nicht abgeschoben wird, weil das Recht manchmal mit aller Härte zuschlägt und sie helfen möchte. Ein Mann aus Bargteheide kritisiert die geringe Bezahlung in Werkstätten für behinderte Menschen – aus Betroffenheit im eigenen Umfeld und weil bessere Bezahlung allen helfen würde.
Sie sehen: Es sind Anliegen aus dem Alltag, die hier im Bundestag landen. Es sind aber auch Fälle, die sich mit einer ganz eigenen Rubrik, mit einem eigenen Kapitel der deutschen Geschichte befassen. Ich habe die Ehre, mich im Petitionsausschuss für die SPD-Bundestagsfraktion um die Geschädigten des DDR-Regimes kümmern zu dürfen. Die Schicksale, die sich da zeigen, sind trotz der Kompensation noch immer übel. Dort zu helfen, ist mir als gebürtigem Ossi ein inneres Anliegen.
Es sind die Petitionen, für die Petentinnen und Petenten oft viel Zeit und Mühe investieren, und sie haben das Recht, dass wir, die Bundestagsabgeordneten, diese Anliegen sorgfältig prüfen. Und wir haben die Pflicht, das zu tun.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP und der Abg. Ina Latendorf [DIE LINKE])
Ich kann Ihnen sagen: Das tun wir. Teilweise auch kontrovers diskutieren wir über alles. Aber der Petitionsausschuss kann nun mal leider nicht immer einem Anliegen zustimmen. Wir können auch nicht direkt Geld überweisen, obwohl das manchmal guttun würde. Wir können auch nicht direkt Gesetze ändern, obwohl das manchmal noch viel schöner wäre. Das geht leider nicht. Aber wir nehmen jedes Anliegen ernst. Wir geben die Eingaben an die Ministerien und zuständigen Instanzen weiter, verleihen ihnen noch mehr Gewicht. Wir machen unsere Bundesregierung darauf aufmerksam, egal ob wir Teil davon sind oder nicht. Und wir verlangen Antworten und konkrete Lösungsvorschläge. In vielen Fällen tun wir das auch mit Einigkeit über die Fraktionsgrenzen und die politischen Ansichten hinweg.
Meine Damen und Herren, der Petitionsausschuss ist der direkte Draht ins Parlament. Das ist gut, aber das reicht nicht. Es ist immer noch zu kompliziert; denn die Mehrheit der Petentinnen und Petenten ist über 50 Jahre alt und hat studiert. Unser Ziel muss es sein, alle Menschen einzubeziehen – egal was man gelernt hat oder welchen beruflichen Hintergrund man hatte. Wir müssen dafür sorgen, dass das klappt. Deswegen werden wir das Petitionswesen weiter vereinfachen und verbessern und Zugänglichkeit ermöglichen. Das ist ein wichtiger Schritt zu mehr Vertrauen in unseren Staat, in unsere Demokratie. Lassen Sie uns diesen Weg gemeinsam gehen!
In diesem Sinne: Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der Abg. Ina Latendorf [DIE LINKE])
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7555356 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 111 |
Tagesordnungspunkt | Tätigkeitsbericht des Petitionsausschusses 2022 |