21.06.2023 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 111 / Tagesordnungspunkt 6

Katja LeikertCDU/CSU - Regeln der deutschen Sprache

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Diese Debatte heute Abend ist ja extrem eindrucksvoll. Wir haben einen Copy-und-Paste-Antrag von den AfDler/-innen vorliegen – so sage ich es heute Abend; ich gendere Sie jetzt einfach mal an.

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)

Normalerweise mache ich das gar nicht; aber irgendwie triggert es hier schön.

(Martin Reichardt [AfD]: Wollen Sie sich wieder bei den Linken beliebt machen?)

Diesen Copy-and-Paste-Antrag dürfen wir eins zu eins im Deutschen Bundestag debattieren. Das können wir auch gerne machen. Das bewegt die Gemüter nicht nur hier im Deutschen Bundestag, sondern natürlich auch mal bei der einen oder anderen privaten Unterhaltung. Es ist aber das Brot-und-Butter-Geschäft der AfD

(Dr. Bernd Baumann [AfD]: CDU-Antrag! Es ist Ihr Antrag! – Gegenruf der Abg. Marianne Schieder [SPD]: Es sind aber nur sieben da! So wichtig ist es der AfD!)

Es ist jetzt das fünfte Mal, dass Sie das Thema Gendern hier aufrufen. Also diskutieren wir es.

Was für die AfD vielleicht wichtig ist, weil Sie es gerade hier gesagt haben: Zwei Drittel der Bevölkerung finden es als politisches Thema überhaupt nicht wichtig.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Stopp, stopp, stopp! Bevor Sie zu schnell klatschen: Nur ein Fünftel der Deutschen sind aber auch echte Genderfans. Vielleicht können wir an der Stelle einfach mal alle durchatmen. So.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Die gute Nachricht ist, dass die Ampel ja überhaupt nicht vorhatte – deswegen führen wir hier wirklich eine Scheindebatte –,

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

das Gendern hier in Deutschland zu verordnen.

Aber das Thema triggert ja so schön. Und warum triggert das Thema so schön? Weil es – der Herr Lindh hat es eben ein bisschen emotionaler gesagt als ich – um gesellschaftlichen Wandel geht. Sprache verändert sich. Es geht um eine höhere Sensibilität bei der Anwendung von Sprache jenseits des generischen Maskulinums

(Lachen bei Abgeordneten der AfD – Martin Reichardt [AfD]: Gegen diese Sensibilität ist Ihre Fraktion in Thüringen offensichtlich aufgestanden!)

– stopp, erst mal zuhören! – und einfach darum, mehr Sichtbarkeit für Frauen und auch andere Gruppen in der Sprache darzustellen. Auf einem Kongress von Ärzten hat man früher „Liebe Ärzte!“ gesagt, obwohl da mehrheitlich Frauen waren. Heute sagt man: „Liebe Ärztinnen und Ärzte!“

(Dr. Bernd Baumann [AfD]: „Man“ nicht! Einige machen das!)

Das schafft natürlich ein anderes Bild.

Es gibt Steigerungsformen des Genderns. Es gibt neutralisierende Formen wie „Mitarbeitende“, oder es werden Sternchen, Doppelpunkte und Gaps eingebaut. Übrigens: In Ihrem Antrag – Sie haben ihn nur kopiert – ist im Beschluss der Kollegen aus Thüringen unter Punkt 4 die Rede von „die Mehrheit der Sprechenden“. Das haben Sie in Ihrem Antrag übrigens genau so übernommen.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der LINKEN – Dr. Bernd Baumann [AfD]: Um das zu pervertieren! Eine Persiflage! – Gegenruf der Abg. Ulle Schauws [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ist Ihnen noch nicht einmal aufgefallen!)

Das ist ein substantiviertes Partizip und Ausdruck von Gendersprache. Insofern scheint der Wandel auch irgendwie bei Ihnen angekommen zu sein.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP – Marianne Schieder [SPD]: Nur punktuell! – Dr. Bernd Baumann [AfD]: Sie haben es nicht verstanden!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, bei aller Aufgeregtheit: Muss man das alles, mit Doppelpunkt, Sternchen usw., immer gut finden? Muss man nicht; es geht auch ums eigene Sprachempfinden. Jeder hat da eine andere Sprachästhetik. Ich weiß nicht, ob man „Studierende“ oder „Student/-innen“ braucht. „ Liebe Studentinnen und Studenten“: So sage ich es. Es gibt aber auch welche, die gerne noch das generische Maskulinum benutzen.

(Karsten Hilse [AfD]: So steht es auch im Duden!)

Die sollten auch nicht von der linksideologischen Seite gecancelt werden.

Was aber wirklich schwierig ist: In der letzten Debatte hat die AfD gesagt, es gehe hier um einen falschverstandenen linksgeprägten Feminismus ohne jegliches weibliches Selbstbewusstsein.

(Dr. Bernd Baumann [AfD]: Ja!)

Das haben Sie gesagt, Frau Harder-Kühnel. Das ist natürlich unterstes Level an politischer Debattenkultur.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Dr. Bernd Baumann [AfD]: Wieso denn?)

Zum Abschluss – nur damit man mal weiß, wie meine Kinder und Ihre auch in der Schule gerade die deutsche Rechtschreibung lernen –: Es gibt Regeln, die der Rat für deutsche Rechtschreibung festlegt. Er hat auch festgelegt, dass er Sternchen, Doppelpunkte und diesen Unterstrich nicht so gut findet. Das ist die empfohlene Rechtschreibung. Der Rat erkennt aber auch an – und ich zitiere ganz schnell noch –, dass „allen Menschen mit geschlechtergerechter Sprache begegnet werden soll“.

(Dr. Bernd Baumann [AfD]: Was heißt das denn? – Mariana Iris Harder-Kühnel [AfD]: Was heißt denn das?)

Das ist doch ein schöner Kompromiss für den heutigen Abend, finde ich.

In diesem Sinne!

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Martin Reichardt [AfD]: Wie alles bei der CDU/CSU lauwarm, um bei den Grünen wieder anschlussfähig zu sein!)

Das Wort hat die Kollegin Denise Loop für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7555394
Wahlperiode 20
Sitzung 111
Tagesordnungspunkt Regeln der deutschen Sprache
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