Gero Clemens HockerFDP - Aktuelle Stunde: Strukturförderung ist Gemeinschaftsaufgabe
Verehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Trotz günstigster Zinsen, trotz florierendem Wachstum, trotz sprudelnder Steuereinnahmen haben die Vorgängerregierungen ein unzureichendes Augenmerk auf die Ausgabendisziplin gelegt.
(Beifall bei der FDP)
Das hat mit diesem Land etwas gemacht, verehrte Kolleginnen und Kollegen der Union. Die konsumtiven Ausgaben sind in den letzten Jahren und Jahrzehnten quasi explodiert, und trotzdem haben wir vor knapp zwei Jahren ein Land vorgefunden, das in vielen Politikbereichen überhaupt noch nicht zukunftsfähig gewesen ist. Es ist gut, dass die Koalition und die sie tragenden Fraktionen diese gordischen Knoten gerade durchschlagen, zum Beispiel im Bereich der Zuwanderung, bei der Abhängigkeit von russischem Gas, bei Fragen der Demografie und der Altersvorsorge.
Ja, Deutschland hat es aktuell mit multiplen Krisen zu tun. Aber genau deswegen ist es so wichtig, dass wir nachhaltige Haushaltspolitik betreiben, damit unsere Kinder und Kindeskinder gewappnet sind für Krisen und Herausforderungen; damit sie die finanziellen Mittel zur Verfügung gestellt bekommen für Krisen, die wir noch gar nicht kennen, damit sie in der Lage sind, hierauf entsprechend zu reagieren. Das haben Sie über Jahre und Jahrzehnte vernachlässigt.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Deswegen ist es auch richtig, dass der Finanzminister das den Ressortverantwortlichen überlässt, ihnen aber gleichzeitig abverlangt, in ihren Budgets entsprechende Einsparungen vorzunehmen.
(Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Es ist ein Gesamtbudget! – Dr. Jan-Marco Luczak [CDU/CSU]: Der setzt sich ja nicht durch!)
Dass dies jetzt ausgerechnet die CDU/CSU-Bundestagsfraktion mit dieser Aktuellen Stunde hier kritisiert, das zeigt, dass sie sich offenbar endgültig abwenden von dem, wovon ich eigentlich geglaubt habe, dass das ihr Selbstverständnis wäre: Haushaltssolidität,
(Emmi Zeulner [CDU/CSU]: Natürlich!)
Bescheidenheit, keine Ausuferung von Staatsaufgaben, Konzentration auf originäre Staatsaufgaben.
(Christina Stumpp [CDU/CSU]: Prioritätensetzung nennt man das!)
Ich habe lange gedacht, dass das nicht nur die liberale DNA ist, sondern auch bei einer bürgerlichen Partei und Fraktion wie der Ihren sozusagen zum Selbstverständnis gehört. Heute demonstrieren Sie, dass es Ihnen weniger um langfristige haushaltspolitische Seriosität geht, sondern vielmehr um kurzfristige Öffentlichkeitsarbeit.
(Beifall bei der FDP sowie des Abg. Detlef Müller [Chemnitz] [SPD] – Christina Stumpp [CDU/CSU]: Das stimmt doch gar nicht!)
Das kann man so machen, aber Sie versündigen sich damit am Erbe von Ludwig Erhard, verehrte Kolleginnen und Kollegen der Union.
So, und jetzt mal zu dem konkreten Vorwurf, die Einsparungen würden zulasten der ländlichen Räume gehen.
(Emmi Zeulner [CDU/CSU]: Das ist Fakt!)
Ich beziehe mich mal auf die GAK. Diese umfasst solche Projekte wie die Förderung von Agroforstsystemen, nicht aber produktiven Naturschutz und Ökolandbau. Jeder hat da sein Lieblingsprojekt, das ist klar.
(Emmi Zeulner [CDU/CSU]: Nicht wir, die Kommunen!)
Aber Sie glauben doch nicht wirklich, dass Wachstum in ländlichen Regionen vor allem durch Umverteilung und durch Subventionen entsteht. Dieses Wachstum entsteht vor allem dadurch, dass Unternehmen ein Umfeld, einen Rechtsrahmen vorfinden, der es ihnen ermöglicht, verlässlich Investitionen zu tätigen, damit Arbeitsplätze im ländlichen Raum geschaffen werden können und auf diesem Wege auch die Nachfrage steigt. Das ist viel nachhaltiger, als staatliche Umverteilung zu betreiben. Es ist erstaunlich, dass man Ihnen das ins Stammbuch schreiben muss.
(Beifall bei der FDP)
Um diese Arbeitsplätze schaffen zu können, brauchen Unternehmen vor allem eins: nicht etwa Einmalzahlungen, um irgendwelche Investitionen anzureizen, sondern vor allem verlässliche Rahmenbedingungen. Die Unternehmen müssen die Garantie haben, dass Anträge, zum Beispiel Bauanträge, die sie stellen, positiv bewilligt werden können. Deswegen haben wir vor knapp zwei Wochen von dieser Stelle aus eine Novelle des Baugesetzbuchs auf den Weg gebracht, damit genau das überhaupt erfolgen kann, nämlich Investitionen, gerade auch im landwirtschaftlichen Bereich, zum Beispiel in neue Ställe. Deswegen haben wir das Tierhaltungskennzeichnungsgesetz auf den Weg gebracht, weil wir uns davon erhoffen und erwarten, dass die Nachfrage nach in Deutschland erzeugten Lebensmitteln steigt. Deswegen haben wir uns aufgemacht, ein Planungsbeschleunigungsgesetz auf den Weg zu bringen, weil es für Unternehmen, genauso wie für private Haushalte, erforderlich ist, dass moderne und effiziente Infrastruktur verfügbar ist, gerade in ländlichen Räumen. Das sind alles Maßnahmen, die tatsächlich unmittelbar die Lebensqualität in ländlichen Räumen stärken.
Sie vergießen hier nichts anderes als riesengroße Krokodilstränen. Denn die Kombination aus Haushaltskonsolidierung auf der einen Seite und das Anreizen privater Investitionen durch verlässliche Rahmenbedingungen auf der anderen Seite, das ist genau der Gleichschritt, den unser Land nach Ihrer Regierungszeit braucht – und ganz bestimmt keine neuen Schulden.
Vielen Dank fürs Zuhören.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Das Wort hat Dr. Hendrik Hoppenstedt für die CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7555601 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 112 |
Tagesordnungspunkt | Aktuelle Stunde: Strukturförderung ist Gemeinschaftsaufgabe |