Maja WallsteinSPD - Aktuelle Stunde: Strukturförderung ist Gemeinschaftsaufgabe
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Besucherinnen und Besucher, schön, dass Sie da sind! Denn mehr denn je geht es in dieser Debatte um Sie oder, besser gesagt, um die wirtschaftliche Entwicklung Ihrer Region. Jetzt fragen Sie sich, woher ich weiß, aus welcher Region Sie kommen. Das weiß ich natürlich nicht, klar. Aber in dieser Aktuellen Stunde haben wir von fast allen gehört, dass wir ja gerade wollen, dass es künftig wurscht sein soll, aus welcher Region Sie kommen; denn wir wollen, dass die Chancen für eine gute wirtschaftliche Entwicklung in ganz Deutschland gleich verteilt sind.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Aktuell sind sie nämlich nicht gleich verteilt, und ich glaube, das war auch noch nie so.
Wir haben heute hier gehört, was für eine Erfolgsgeschichte das politische Instrument der Strukturförderung ist. Seit 1991 werden unfassbar viele Investitionen der gewerblichen Wirtschaft dank dieser Gelder ausgelöst. Seit 1991 werden so Millionen Arbeitsplätze in Deutschland gesichert. Viele Regionen – auch meine Heimat in Brandenburg, die Lausitz – hätten sich ohne die Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“, GRW, nicht so gut entwickeln können. Nicht umsonst finden wir die regionale Wirtschaftsförderung auch im Grundgesetz.
Und es gibt sie nicht erst seit der Wende. Dieses superwichtige Instrument wurde also nicht geschaffen, um nach der Wiedervereinigung ostdeutsche Regionen zu unterstützen. Tatsächlich gibt es sie seit 1970,
(Beifall der Abg. Dr. Paula Piechotta [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
seit über 50 Jahren.
(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Hannes Walter [SPD])
Damals wurde die GRW zusammen mit anderen Gemeinschaftsaufgaben im Grundgesetz verankert, zum Beispiel mit der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“. Bereits in den 60er-Jahren ging es nämlich um die Frage, ob und wie Bund und Länder bei wichtigen gesamtstaatlichen Aufgaben zusammenwirken können. Damals waren es Länder wie Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Rheinland-Pfalz, die auf Bundeshilfe angewiesen waren. Übrigens war damals die Bund-Länder-Zusammenarbeit sehr umstritten; da ging es heiß her zwischen Bund und Ländern. Das war nicht so harmonisch wie heute, wenn Bund und Länder in stetiger Eintracht über Geld verhandeln. – Ich wollte mal testen, wie Ironie hier im Haus ankommt; nun ja.
(Dr. Gero Clemens Hocker [FDP]: Das ist zu viel verlangt!)
Die GRW hat sich bewährt. Allein bei mir in der Lausitz wurde mit diesen Mitteln wahnsinnig viel angeschoben. Zum Beispiel wurde das Regionale und Cottbuser Gründungszentrum am Campus, auch Startblock B2 genannt, mit mehr als 12 Millionen Euro gefördert. Heute – sieh an – bietet es jungen, innovativen kleinen und mittelständischen Unternehmen die Möglichkeit, in unmittelbarer Nähe der Brandenburgischen Technischen Universität Büro- und Arbeitsräume einschließlich Co-Working-Spaces zu günstigen Konditionen zu nutzen. Das stärkt die Region nachhaltig, weil es Ausgründungen gibt und sich auch neue Unternehmen ansiedeln.
Bei mir im Wahlkreis gibt es auch den Industriepark Schwarze Pumpe. Der Name lässt vermuten, dass er eine spannende Geschichte hat – stimmt –; noch spannender ist aber die Zukunft. Der Industriepark hat nämlich eine Gesamtgröße von rund 720 Hektar, und mittendurch verläuft die Landesgrenze zwischen Brandenburg und Sachsen. Und es klappt trotzdem. Insgesamt wurden allein 2002 mehr als 130 Millionen Euro investiert, um Straßen, Medien, die Versorgung mit Trink- und Brauchwasser sowie die Abwasserbehandlung am Standort zu modernisieren und anzupassen. Wir reden hier von einem Industriepark mit 120 Unternehmen und 4 320 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, der natürlich eine wichtige Ankerfunktion für die Wirtschaft der Region hat.
Ich weiß also, wie gesagt, nicht, aus welcher Region Sie kommen. Kann ja sein, dass Sie nicht aus der Lausitz, von Rügen, aus Aachen oder dem Odenwaldkreis kommen. Das sind zum Beispiel Regionen, die als Fördergebiete ausgewiesen sind. Vielleicht kommen Sie aus Hamburg, Erding, dem Emsland oder Lörrach. Dann könnten Sie sich fragen, was es Ihnen bringt, wo doch Ihre Regionen von diesen Geldern aktuell nicht profitieren. Unser Ziel hier im Haus ist es, überall gleichwertige Lebensverhältnisse zu schaffen, nicht gleiche – das wäre ja langweilig –, sondern gleichwertige; denn das hilft dem Wirtschaftsstandort Deutschland insgesamt, und zwar überall.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Dafür ist die regionale Wirtschaftsförderung ein unfassbar kostbares und auch wirksames Instrument.
Dieses Instrument können wir anpassen, indem wir zum Beispiel darauf achten, dass man die Hürden für die Betriebe senkt, dass Betriebe auch regional wirken können und nicht überregional wirken müssen, um Förderung zu bekommen. Und wir können darauf achten, dass die Betriebe ihre Leute anständig bezahlen. Das machen wir jetzt. Was wir aber nicht tun dürfen, ist, diese Erfolgsgeschichte jetzt nicht weiterzuschreiben. So oder so ähnlich haben das heute fast alle Rednerinnen und Redner gesagt – aus gutem Grund.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)
Das Wort hat Emmi Zeulner für die CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7555613 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 112 |
Tagesordnungspunkt | Aktuelle Stunde: Strukturförderung ist Gemeinschaftsaufgabe |