Johannes VogelFDP - Fachkräfteeinwanderung
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ja, wir müssen in der Migrationspolitik klar unterscheiden: Wen brauchen wir, wen schützen wir, und für wen gilt keines von beiden? Deshalb brauchen wir, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Union, da Sie uns das so hinterlassen haben, mehr Ordnung bei Flucht und Asyl. Da tut sich etwas: die Beschlüsse der Ministerpräsidentenkonferenz, der Bundesregierung und der Länder, der Durchbruch auf europäischer Ebene, mehr Tempo bei Rückführungen, schnellere Verfahren an der EU-Außengrenze.
(Thorsten Frei [CDU/CSU]: Ach Quatsch! Kein einziges Gesetz zur Begrenzung! Wenn ich das schon höre! Kein einziges Gesetz! Nichts setzen Sie um aus der MPK!)
Die irreguläre Migration muss runter- und wird runtergehen, und die reguläre Migration muss und wird hochgehen, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Thorsten Frei [CDU/CSU]: Worte, nichts als Worte!)
Letzteres ist deshalb so wichtig, weil Ordnung und Offenheit keine Gegensätze sind. Wir brauchen auch mehr Offenheit für die klugen Köpfe und fleißigen Hände. Wir müssen in diesem Land endlich besser werden im globalen Wettbewerb um Talente, und dafür sorgen wir mit diesem Gesetz.
(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Thorsten Frei [CDU/CSU]: In einem Jahr gucken wir uns das mal an!)
Wir alle kennen es doch aus Gesprächen mit Unternehmerinnen und Unternehmern in unseren Wahlkreisen: IT-Unternehmer, die händeringend Programmierer, Digitalexperten suchen, Mittelständler, die händeringend Fachkräfte suchen. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Union, ich gehe jede Wette ein, dass alle Vorstandsmitglieder der Caritas meines Wahlkreises Olpe Mitglieder der Union sind. Wissen Sie, was dieser Caritas-Vorstand mir letztens berichtet hat? Sie müssen und wollen jetzt in Tunesien nach Pflegekräften suchen, weil sie in diesem Land keine mehr finden. – Dabei müssen wir die Menschen endlich unterstützen, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Selbst konservative Sauerländer verstehen also den Wandel der Zeit. Vielleicht überzeugt das irgendwann auch die Union des Sauerländers Friedrich Merz.
Jetzt reden wir darüber, was wirklich im Kern dieses Gesetzes steht. Welche Länder sind global erfolgreich im Wettbewerb um Talente und seit Jahren erfolgreich in der Migrationspolitik? Kanada, Australien und Neuseeland. Und an diesen Vorbildern wird sich Deutschland mit diesem Gesetz endlich vollständig orientieren. Das ist seit Jahrzehnten überfällig, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Wir ziehen endlich in jeder Hinsicht mit diesen Einwanderungsländern gleich. Wir schaffen ein Punktesystem, mit dem wir ein klares Signal an die Welt senden. Wer nach klaren Kriterien wie Qualifikation, Arbeitsmarktbedarf und Sprachkenntnissen hierherkommen will, der ist herzlich eingeladen, das zu tun. Und wenn er oder sie einen Job findet, dann laden wir ihn oder sie auch ein, dauerhaft Teil unserer Gesellschaft zu werden. Genau dieses Signal an die Welt brauchen wir, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Wir verbessern zugleich die Regelungen der Bluecard. Das ist bisher der erfolgreichste deutsche Einwanderungstitel, den wir schon haben. Aber zum Beispiel für Berufseinsteiger steht er gar nicht zur Verfügung, und deshalb passen wir die Bluecard an. Wir machen das, was Experten uns seit Jahren raten: Wir bauen nämlich die bürokratischen Hürden bei der Anerkennung von Abschlüssen ab. Darum geht es bei diesem Gesetz, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zurufe von der CDU/CSU)
Warum ist das nötig? Weil der Fachkräftebedarf heute schon enorm ist und weil er mit Blick auf den Renteneintritt der Babyboomer doch erst noch heftiger und massiver werden wird.
Es geht aber nicht nur um Zahlen; das ist mir auch wichtig. Mit neuen Köpfen kommen auch neue Ideen. Heute schon geht das Wachstum der Patente nur auf Deutsche mit ausländischen Wurzeln zurück. Heute schon sind Unternehmerinnen und Unternehmer mit ausländischen Wurzeln innovativer.
(Norbert Kleinwächter [AfD]: Wegen Schwächen unseres Bildungssystems!)
Das zeigt doch eines ganz klar, liebe Kolleginnen und Kollegen: Qualifizierte Einwanderung sorgt für Wohlstandsgewinne, und Wohlstand müssen wir uns auch in Zukunft in diesem Land erarbeiten.
(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Es muss hierzulande auch künftig ausreichend Ärztinnen und Ärzte geben, auch auf dem Land.
(Norbert Kleinwächter [AfD]: Die die Sprache nicht sprechen!)
Es soll in diesem Land auch künftig Bäckerinnen und Bäcker, Konditoren geben. Wir brauchen auch künftig Heizungsbauer in diesem Land. Innovation und Wachstum müssen möglich sein, auch im demografischen Wandel. Im Übrigen finde ich: Auch in Zukunft muss man in diesem Land mit Freundinnen und Freunden in die Kneipe gehen können, um ein Bier zu trinken, ohne dass da ein Schild hängt: Wegen Personalmangel geschlossen. – Deshalb müssen wir an die qualifizierte Einwanderung ran, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Deutschland ist doch in Wahrheit schon lange ein Einwanderungsland. Einst kamen die Hugenotten, und dann hatten wir einen Bundesinnenminister Thomas de Maizière.
(Heiterkeit bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Dr. Bernd Baumann [AfD]: Die kamen doch aus Europa!)
Einst kamen die polnischen Gastarbeiter, und dann wurde Deutschland mit einem Jürgen Grabowski im Kader 1974 Fußballweltmeister.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Dann kamen Millionen Menschen aus der Türkei zu uns, und heute sind doch die wichtigsten Unternehmer in diesem Land Özlem Türeci und Ugur Sahin, deutsche Unternehmerpersönlichkeiten. Dieses Land ist schon lange ein Einwanderungsland.
(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Norbert Kleinwächter [AfD]: Mit Staatsknete! So tief ist die FDP gesunken!)
Mit diesem Gesetz schaffen wir endlich auch ein modernes Einwanderungsrecht und damit eine Gesellschaft, die mit dieser Koalition ein klares Signal aussendet: Für uns zählt nicht, woher jemand kommt, sondern für uns zählt alleine, wohin er oder sie mit uns will. Deshalb schreiben wir heute mit diesem Gesetz Geschichte.
Vielen Dank.
(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Nächste Rednerin: für die Fraktion Die Linke Gökay Akbulut.
(Beifall bei der LINKEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7555773 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 113 |
Tagesordnungspunkt | Fachkräfteeinwanderung |