23.06.2023 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 113 / Zusatzpunkt 9

Reinhard HoubenFDP - Maßnahmen zur Bekämpfung der Rezession

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Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sie von der AfD sehnen sich doch im Grunde seit Gründung Ihrer Partei nach einem volkswirtschaftlichen Crash. Das ist doch die Urgeschichte Ihrer Partei. Sie lechzen ja förmlich danach, dass es unserem Land schlecht geht.

(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Widerspruch bei der AfD)

Das haben Ihre Funktionsträger ja auch dokumentiert. Das kann man lesen und hören, wenn man es sich denn antun möchte.

Und wenn ich jetzt wieder diese Wortwahl höre – „Katastrophe“, „Wahnsinn“, „desaströs“, „Verrat“, „Bankrotterklärung“ –, dann frage ich mich: In welchem Land leben wir denn?

(Beatrix von Storch [AfD]: Das ist doch gerade das Problem!)

Was für eine Wahrnehmung haben Sie denn? Und was sind Ihre Empfehlungen? Wo wollen Sie uns denn hinbringen? Sie sind doch die größte Gefahr für unseren Wirtschaftsstandort.

(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Sie sind es. Was machen Sie uns denn für Vorschläge?

(Beatrix von Storch [AfD]: AfD 20 Prozent!)

Es ist unerhört, hier so aufzutreten.

Sie spielen sich als Anwalt des Mittelstandes auf, und gleichzeitig sprechen Sie sich hier, wie vor wenigen Minuten, gegen CETA und Mercosur-Abkommen aus.

(Abg. Stephan Brandner [AfD] meldet sich zu einer Zwischenfrage)

– Herr Brandner, Sie können gleich eine Kurzintervention machen.

Herr Houben, gestatten Sie – –

Ich möchte das jetzt ausführen, damit Sie sich das in einem Rutsch anhören.

(Stephan Brandner [AfD]: Das ist ganz schön feige von Ihnen! Erst beleidigen und dann keine Zwischenfrage zulassen!)

Es ist noch viel schlimmer: Sie wollen aus der Europäischen Union austreten. Wie wollen Sie das denn der Wirtschaft erklären? Sie wollen den größten Markt kaputtmachen und spielen sich dann als Anwalt der Wirtschaft auf.

(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Tilman Kuban [CDU/CSU])

Ich als Mittelständler kann Ihnen sagen: Sie führen uns wirtschaftlich zurück ins 19. Jahrhundert, wenn nicht politisch noch ganz woandershin.

Dann zur Mär vom Braindrain, dass also Menschen kohortenhaft unser Land verlassen.

(Beatrix von Storch [AfD]: 200 000!)

So wie Sie auftreten, müssen Sie sich nicht wundern, dass sich gerade die intelligenten, gut ausgebildeten Menschen fragen: Ist denn meine Heimat noch meine Heimat?

(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Beatrix von Storch [AfD]: Die wandern aus wegen uns, oder was?)

Wenn Sie eine derartige Stimmung in diesem Land erzeugen, dann muss ich mich nicht wundern, dass wahrscheinlich gar keine ausländischen Mitarbeiter nach Sachsen kommen, weil sie Angst haben, abends auf die Straße zu gehen.

(Bernd Schattner [AfD]: Schicken Sie Ihre Tochter doch mal ins Schwimmbad!)

Dann zu Ihrer Politik von Moskaus Gnaden. Sie empfehlen uns ernsthaft, russisches Gas zu kaufen. Ich frage Sie: Wer bezahlt Sie dafür? Also, ich meine: Das kann doch wirklich nicht wahr sein.

(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Sie wollen sich bewusst in die Abhängigkeit eines Diktators begeben. Sie wollen die deutsche Wirtschaft also in die Situation bringen, dass es jetzt vielleicht drei oder sechs Monate billiges Gas gibt und Moskau dann, wenn es auf einmal andere Ideen hat, sagt: Vielen Dank, wir drehen das Gas jetzt ab. – Ist das Ihre Idee von zukünftiger Energiesicherheit in unserem Land? Das kann doch nicht Ihr Ernst sein.

(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich frage auch als Mittelständler: Wenn Sie eine solche Stimmung in unserem Land produzieren –

(Abg. Stefan Keuter [AfD] meldet sich zu Wort)

– Sie können alle Kurzinterventionen machen, können Sie gerne machen –, können Sie sich dann nicht vorstellen, dass ausländische Investoren sagen: „Es gibt auch noch andere schöne Länder in der EU; da gehe ich lieber hin“? Können Sie sich das nicht vorstellen?

(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Beatrix von Storch [AfD]: Bei Ihnen regnet es wohl rein, oder was?)

Auf welchem hohen Ross sitzen Sie eigentlich, uns mit Ihrer derartig impertinenten Kampagne permanent zu nerven und dem Standort Deutschland zu schaden? Das muss ich Ihnen sagen.

(Beatrix von Storch [AfD]: Wir schaden dem Standort? Also ehrlich!)

Und jetzt noch eine persönliche Bemerkung als mittelständischer Unternehmer. Wir haben vor drei Jahren einen Auszubildenden für unser Lager gesucht. Wir haben niemanden gefunden. Unser Unternehmen sitzt in Köln; das ist nun wahrhaftig kein Standort, wo es schwer ist, Arbeitskräfte zu finden. Wir haben also jemanden fürs Lager gesucht und keinen gefunden. Und dann haben wir einen jungen Mann aus Nigeria eingestellt, der bei uns eine Ausbildung gemacht hat. Eine Mitarbeiterin hat sich permanent mit dem Ausländeramt auseinandergesetzt und sich um seinen Aufenthaltsstatus gekümmert. Wir haben dafür gesorgt, dass er eine Wohnung bekommt. Wir haben ihm Sachen geschenkt. Er arbeitet jetzt bei uns im Lager. Und ich bin heilfroh, dass wir gerade ein Gesetz verabschiedet haben, das dafür sorgt, dass er jetzt eine vernünftige Perspektive in unserem Land hat. Solche Menschen vergraulen Sie.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Matthias W. Birkwald [DIE LINKE])

Zu einer Kurzintervention hat der Abgeordnete Brandner das Wort.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7555841
Wahlperiode 20
Sitzung 113
Tagesordnungspunkt Maßnahmen zur Bekämpfung der Rezession
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