23.06.2023 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 113 / Zusatzpunkt 12

Frank Müller-RosentrittFDP - Banken und Sparkassen vor Ort

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Frau Wissler, wozu Verbot und Verstaatlichung geführt haben, das konnte man sich 1989 in den Städten der ehemaligen DDR live anschauen, in Dresden oder in Chemnitz. Wozu Vielfalt, Pluralismus und privates Kapital führen, kann man sich heute anschauen.

(Zuruf der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE])

Denjenigen im Hohen Haus, die sich nicht mehr daran erinnern können, empfehle ich, Dias von Städten der DDR aus dem Jahr 1989 mit Fotos von heute zu vergleichen. Dann kann sich jeder ein eigenes Bild machen, welches System das überlegene ist, Frau Wissler.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des Abg. Jörn König [AfD] – Zuruf der Abg. Janine Wissler [DIE LINKE])

Kommen wir nun zum Thema, lieber Stefan Müller. Zuallererst möchte ich feststellen, dass euer Antrag überhaupt keine fundamentalen Gräben zwischen uns aufreißt. Völlig zu Recht bezeichnen Sie die Vorschläge der Europäischen Kommission vom 18. April dieses Jahres zur Reform der Einlagensicherung als eine Missachtung des Konsenses über eine sinnvolle EU-weite Harmonisierung bei Regelungen zur Einlagensicherung und zur Abwicklung von systemrelevanten Großbanken im Krisenfall. Deshalb bin ich auch unserem Bundesfinanzminister, Christian Lindner, außerordentlich dankbar, dass er quasi taggleich, am Tag der Veröffentlichung durch die Kommission, mit Vehemenz diesen völlig untauglichen und vor allem völlig überflüssigen Vorschlag der Kommission als – ich zitiere – „nicht zustimmungsfähig“ kritisiert hat.

Der Kommissionsvorschlag beantwortet nämlich ganz viele Fragen, die aktuell eigentlich niemand stellt. Denn es war bisher immer vorgesehen, dass, bevor es an gemeinsame europäische Instrumente geht, die Anteilseigner und Gläubiger in die Stabilisierung einbezogen werden. Individuelle Haftung trägt zur Stabilität bei. Davon soll nun abgewichen werden.

Zum anderen haben wir in Deutschland funktionierende Einlagen- und Institutssicherungssysteme, und es war für uns immer klar, dass diese Instrumente erhalten bleiben müssen. Und weil dies im Vorschlag der Kommission nicht mehr gegeben ist, ist auch aus unserer Sicht eine Weiterentwicklung und Verbesserung der Vorschläge dringend notwendig, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen der Union, professionelles Regierungshandeln bedeutet aber auch Schnelligkeit. Ich freue mich natürlich sehr, dass wir heute Gelegenheit haben, hier darüber zu sprechen. Doch Ihr Antrag kommt einfach zwei Monate zu spät. Während Sie noch leidenschaftlich denken, handeln wir. Auf Christian Lindner ist in dieser Republik Verlass, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP)

Denn schnelles Handeln ist in diesem Fall nicht nur zum Wohle unserer Banken, sondern auch zum Wohle der Kunden, Frau Wissler, und somit für jede Bürgerin und jeden Bürger dieses Landes von herausragender Wichtigkeit. Und dabei ist es egal, ob es sich um Sparkassen, Genossenschaftsbanken oder private Banken handelt.

Denn eine Ausweitung des Abwicklungsregimes – das wurde schon mehrfach gesagt – auf nahezu alle Institute, unabhängig von ihrer Größe, ist nicht nur unverständlich, da sich die Sicherungssysteme tatsächlich bewährt haben. Vielmehr würde auch die Abschaffung der Superpräferenz, also des Vorrangs von Einlagensicherungssystemen in der Abwicklungsreihenfolge im Insolvenzfall, die Kosten bei den Banken explodieren lassen. Im Zusammenspiel mit der fehlenden Begrenzung des Zuleistungsbeitrages würde dies nicht nur eine nachhaltige Finanzierung, sondern auch – und das ist fatal für die Kunden – die Leistungsfähigkeit der Einlagensicherung für die Kunden stark gefährden.

Auch die Ausweitung des Schutzes auf ungedeckte Einlagen widerspricht kolossal dem Mandat der Einlagensicherung und trägt enorm zu höheren Beitragskosten der Banken bei, von den enormen bürokratischen Zusatzbelastungen zum Beispiel durch die Mitwirkungspflichten bei dem durch die BaFin für jedes Institut zu erstellenden Abwicklungsplan, die regelmäßige Testung der Abwicklungsfähigkeit oder den beabsichtigten Wegfall von Erleichterungen für kleinere und mittlere, nichtkomplexe Institutionen ganz zu schweigen.

Meine Damen und Herren, Kommissionsvorschläge, welche ausschließlich die Kosten und den bürokratischen Aufwand explodieren lassen, während gleichzeitig die Wirksamkeit sinkt, wird es mit uns nicht geben.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Albrecht Glaser [AfD])

Ein weiterer Punkt, der einem Liberalen das Blut in den Adern gefrieren lässt, ist die Tatsache, dass eine viel größere Anzahl an Banken Zugriff auf vergemeinschaftete Gelder des SRF bekommen soll, was zu einer weiteren Vergemeinschaftung der Kosten für Krisenbewältigung insbesondere der Hauptzahler des SRF führt. Und das ist nichts anderes als EDIS durch die Hintertür. Meine Damen und Herren, EDIS durch die Hintertür wird es mit der Fraktion der Freien Demokraten nicht geben.

(Beifall bei Abgeordneten der AfD)

Die Vollendung der Bankenunion ist wichtig, aber im Zielbild muss sie eben realistisch bleiben.

Auch die Tatsache, dass es an Klarstellung fehlt, dass für den Abwicklungsfonds kein Geld mehr gezahlt werden muss, setzt der Euphorie bei uns Grenzen.

Meine Damen und Herren, ein letzter Satz an die Union. Ich teile ganz viele Ihrer Bedenken. Doch Ihrer Forderung, die Institutssicherungssysteme der Sparkassen und Genossenschaftsbanken vollumfänglich von den Beschränkungen der Reform auszunehmen und gleichzeitig beim nationalen Einlagensicherungssystem der kleinen und mittleren Privatbanken anzuwenden, würde ich mich aus Gründen der Wettbewerbsfähigkeit explizit nicht anschließen. Ich würde empfehlen, dass niemand diesen Unsinn umsetzen muss.

Als leidenschaftlicher Europäer müssen wir selbstverständlich auf EU-Ebene für einen Kompromiss werben, aber für einen, der die Stärken der deutschen Sicherungssysteme respektiert und nicht das Vertrauen der Einleger oder Investoren in das Schutzniveau schwächt.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU und des Abg. Albrecht Glaser [AfD])

Nächste Rednerin ist Melanie Wegling für die SPD-Fraktion.

(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Sascha Müller [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7555869
Wahlperiode 20
Sitzung 113
Tagesordnungspunkt Banken und Sparkassen vor Ort
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