05.07.2023 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 114 / Tagesordnungspunkt 13

Marc JongenAfD - Evaluation von Pseudowissenschaften

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Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Keine Wissenschaft ist davor gefeit, von Ideologie oder politischem Aktivismus unterwandert zu werden. Soziologie, Politologie oder auch die Klimaforschung liefern zur Genüge Beispiele dafür.

In unserem Antrag geht es heute um etwas ganz anderes, viel Bedrohlicheres, nämlich um eine Gruppe von Studienfächern, die ihre Wurzel im linken politischen Aktivismus der 60er-Jahre in den USA haben und die inzwischen auch an deutschen Universitäten das intellektuelle Klima prägen, um nicht zu sagen: vergiften: Postcolonial Studies, Queer Studies, Critical Race Studies oder Critical Whiteness Studies und, am prominentesten, Gender Studies. Sie sind sehr treffend als „Agendawissenschaften“ bezeichnet worden,

(Ruppert Stüwe [SPD]: Von Ihnen oder von wem?)

weil sie von vornherein von ihrem Selbstverständnis her eine politische Agenda haben und keine ergebnisoffene Forschung zulassen.

(Beifall bei der AfD)

Wenn Sie das Dogma nicht akzeptieren, dass das Geschlecht eine sozial und sprachlich konstruierte Sache ist, ganz losgelöst von der Biologie, oder wenn Sie von „Forschern“ anstatt von „Forscher/-innen“ sprechen, dann werden Sie keine Professur erhalten oder Ihre bald wieder verlieren.

(Zuruf von der SPD: Das stimmt doch gar nicht! – Zuruf der Abg. Nicole Gohlke [DIE LINKE])

Das sind die geistigen Wurzeln einer geplanten Ampelgesetzgebung, wonach schon Kinder ihr Geschlecht frei wechseln können und selbst die Eltern den operativen Eingriff nicht verhindern können. Da hört der akademische Spaß auf; da wird es gemeingefährlich, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der AfD – Zurufe von der SPD)

Die wesentlichen Standards seriöser Wissenschaft – Ergebnisoffenheit, Objektivität und die Orientierung an empirischen Daten – werden von den Vertretern der Agendawissenschaften als Ausdruck wahlweise patriarchaler oder kolonialistischer, wenn nicht gar rassistischer Diskurse zurückgewiesen. Wissenschaftliche Kritiker werden als politische Feinde eingestuft, die mundtot gemacht werden müssen, Stichwort „Cancel Culture“.

(Maja Wallstein [SPD]: Das stimmt überhaupt nicht!)

An deutschen Universitäten – ich weiß nicht, ob Sie sich dort auskennen –

(Dr. Carolin Wagner [SPD]: Ja, deutlich mehr als Sie! Totaler Schmarrn!)

hat sich ein Klima der Angst und Repression ausgebreitet. Hypermoral und politische Korrektheit triumphieren dort über intellektuelle Redlichkeit.

(Beifall bei der AfD – Zuruf der Abg. Nina Stahr [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Meine Damen und Herren, politischer Aktivismus in allen Ehren – wir sind eine freie Gesellschaft –; aber es dürfen der Nimbus und die institutionellen Mittel der Wissenschaft nicht dafür missbraucht werden. Das ist der entscheidende Punkt.

(Beifall bei der AfD)

Daher ist es höchste Zeit, dass der Wissenschaftsrat die erwähnten Disziplinen, allen voran die Gender Studies mit ihren 185 Professuren bundesweit, einer umfassenden Evaluation unterzieht und dabei vor allem auch überprüft, inwieweit überhaupt die wissenschaftlichen Standards eingehalten werden.

(Dr. Carolin Wagner [SPD]: Das macht die Wissenschaft selber! Das wissen Sie nur nicht, weil Sie nicht in der Wissenschaft unterwegs sind!)

Wenn das Ergebnis negativ ist, dann muss die Förderung dieser Disziplinen mit Bundesmitteln beendet werden, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der AfD)

Weil ich immer wieder das billige Argument höre – es wird ja auch nachher bestimmt wieder kommen –, die AfD-Fraktion wolle die Wissenschaftsfreiheit einschränken:

(Maja Wallstein [SPD]: Der erste wahre Satz, den Sie sagen! Schön!)

Das genaue Gegenteil ist der Fall. Indem wir Ideologie und unwissenschaftlichen Aktivismus an deutschen Unis nicht weiter fördern, stellen wir die Wissenschaftsfreiheit wieder her, die Ihre verfehlte Politik dabei ist zu zerstören.

(Beifall bei der AfD)

Wäre dies keine Plenarrede, sondern ein philosophischer Vortrag,

(Dr. Carolin Wagner [SPD]: Achtung, Geisterfahrer! – Zuruf der Abg. Maja Wallstein [SPD])

dann wäre jetzt zu zeigen, wie die Agendawissenschaften aus dem postmodernen Paradigma quasi als politische Nutzanwendung herausgewachsen sind und wie sie in ihrer geradezu besessenen Fixiertheit auf Machtstrukturen im sozialen Leben und in den Diskursen das intellektuelle Feld sozusagen in selbsterfüllender Prophezeiung in einen Kampfplatz verwandelt haben, der von Argwohn und Hass erfüllt ist.

(Dr. Carolin Wagner [SPD]: Darum kümmern Sie sich ja!)

Es wäre weiter zu zeigen, wie hinter den hochtrabenden hypermoralischen Parolen von historischer Gerechtigkeit im Eintreten für die Nichtprivilegierten und die angeblich immer noch Unterdrückten wie Frauen, People of Color, Homo- und Transsexuelle ein historisch geerbtes, tiefes Ressentiment steht, das nicht selten in offenen Hass umschlägt. Dieser korrespondiert fatal mit dem Selbsthass der europäischen Linken. Ich zitiere Jean-Paul Sartre aus dem Vorwort zum postkolonialen Klassiker „Die Verdammten dieser Erde“ von Frantz Fanon, erschienen 1961

(Nadja Sthamer [SPD]: Nein, bitte nicht! – Gegenruf des Abg. Dr. Bernd Baumann [AfD]: Zuhören!)

– ich glaube Ihnen, dass Sie das nicht hören wollen; aber es muss trotzdem sein –:

(Dr. Carolin Wagner [SPD]: Die falschen Zusammenhänge wollen wir nicht hören!)

Denn in der ersten Zeit des Aufstands muß getötet werden: Einen Europäer erschlagen heißt zwei Fliegen auf einmal treffen, nämlich gleichzeitig einen Unterdrücker und einen Unterdrückten aus der Welt schaffen.

(Dr. Marie-Agnes Strack-Zimmermann [FDP]: Leute, Leute, Leute! – Dr. Bernd Baumann [AfD]: Furchtbar!)

Was übrigbleibt, ist ein toter Mensch und ein freier Mensch.

Ich erlaube mir einen aktuellen Hinweis: Das Wüten migrantischer junger Männer

(Zuruf von der SPD: Das war ja klar!)

in Frankreich in den vergangenen Tagen und Nächten – über 5 000 brennende Fahrzeuge, 1 000 verbrannte und geplünderte Gebäude, 700 verletzte Polizisten –, das ist ganz wesentlich auch die Saat der postkolonialen Ideologie, die hier aufgegangen ist.

(Beifall bei der AfD – Zuruf der Abg. Dr. Carolin Wagner [SPD])

Vor allem – ich komme zum Schluss – zeigt sich das im Unwillen des Staates, sich adäquat zur Wehr zu setzen, –

Herr Kollege, kommen Sie zum Schluss.

– weil unsere Leitideologie darin ja eine Art historischer Gerechtigkeit erkennt und beim weißen, angeblich strukturell rassistischen Europäer eine historische Schuld.

Herr Kollege, Sie müssen zum Schluss kommen.

Glauben wir bitte nicht, dass das in Deutschland nicht passieren könnte!

Sie müssen jetzt zum Schluss kommen.

Bauen wir vor, und zwar an der Wurzel, im Denken und in der Wissenschaft!

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Vielen Dank, Herr Kollege Jongen. – Nächste Rednerin ist die Kollegin Maja Wallstein, SPD-Fraktion.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7556035
Wahlperiode 20
Sitzung 114
Tagesordnungspunkt Evaluation von Pseudowissenschaften
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