06.07.2023 | Deutscher Bundestag / 20. EP / Session 115 / Zusatzpunkt 4

Fritz GüntzlerCDU/CSU - Wettbewerbsfähigkeit im int. Steuerwettbewerb

Loading Interface ...
Login or Create Account






Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Wir beschäftigen uns jetzt mit der Großen Anfrage der CDU/CSU-Fraktion zum Thema „Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands im internationalen Steuerwettbewerb“. Wir haben diese Anfrage in einer Zeit gestellt, in der einiges im Umbruch war und ist.

Wir müssen beobachten, dass wir in einer technischen Rezession sind. Wir haben zwei Quartale mit sogenanntem negativen Wachstum. Wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass die Wachstumserwartungen immer weiter zurückgeschraubt werden. Das liegt zu einem nicht unerheblichen Teil an den Krisen, die wir gemeinsam durchstehen müssen: die Coronakrise, der Krieg, die Energiekrise. Aber es ist schon interessant, zu beobachten – darum war es auch gut, dass die Union gestern dazu eine Aktuelle Stunde hier im Haus beantragt hat –, dass die Entwicklungen der Wachstumsraten in der Eurozone sehr unterschiedlich verlaufen.

Im Durchschnitt werden wir in der Eurozone ein Wirtschaftswachstum von 1,6 Prozent haben und in Deutschland von lediglich 0,2 Prozent. Wenn man nur dieses Delta zum Durchschnitt nähme – obwohl wir ja vielleicht den Anspruch haben, auch in Europa vorne dabei zu sein –, sind das 1,4 Prozent. Dem steht äquivalent ein Verlust von Volkseinkommen in Höhe von 55 Milliarden Euro gegenüber, woraus wieder Mehreinnahmen für den Fiskus resultieren könnten – durch die Steuereinnahmen in Höhe eines hohen zweistelligen Milliardenbetrags.

Das Ganze bedeutet also – das ist leicht festzustellen –, dass wir eine Sonderkrise in Deutschland haben. Diese Sonderkrise hat einen Namen, und das ist die Ampelkoalition, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der AfD)

Diese Schwäche der deutschen Wirtschaft ist hausgemacht. Diese Ampel macht Deutschland ärmer, weil sie nicht handelt, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU/CSU – Michael Schrodi [SPD]: Oje! – Weiterer Zuruf von der SPD: Ach, Herr Güntzler!)

Gucken Sie sich die Zahlen an! Die Arbeitslosenzahlen steigen signifikant, obwohl wir im Sommer sind. Im ersten Halbjahr gab es 8 400 Insolvenzen; das ist ein Anstieg von 16 Prozent. Wir müssen feststellen, dass wir eine schleichende Deindustrialisierung in unserem Land haben. Wir hatten in 2022 einen Kapitalabfluss von 135 Milliarden Euro und Auslandsinvestitionen von nur 10 Milliarden Euro. Das gab es noch nie. Wir sehen, das Kapital, die Unternehmen flüchten aus unserem Land, und das hat einen Grund: Auch das ist die Ampelregierung, meine Damen und Herren, die nicht handelt.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der AfD)

Wir sehen Auftragsrückgänge in der deutschen Wirtschaft. Der ifo-Geschäftsklimaindex ist auf dem Tiefstand seit der Coronakrise. Es muss also dringend gehandelt werden.

Wenn man sich dann die Antwort der Bundesregierung ansieht – ich weiß gar nicht, ob das wirklich die Antwort der gesamten Bundesregierung ist, wenn ich sie so lese –, dann ist es schon erstaunlich, zu sehen, dass Sie in der Analyse gar nicht so weit weg von uns sind.

(Maximilian Mordhorst [FDP]: Ach!)

Wenn ich dort lese, dass Steuerpolitik ein bedeutender Standortfaktor ist, ist klar: Das hat die Union schon immer vertreten; das ist aber nicht unbedingt auf der linken Seite dieses Hauses vertreten worden.

(Christian Görke [DIE LINKE]: Fragt sich nur, welche Steuerpolitik!)

Ich zitiere aus der Antwort:

Die im internationalen Vergleich hohe Unternehmenssteuerbelastung hat Auswirkung auf die internationale Wettbewerbsfähigkeit.

Das heißt, Sie haben mit der Analyse gar kein Problem; da sind wir sogar deckungsgleich. Wir müssen aber leider feststellen, dass Sie nichts tun.

Es ist dringender Handlungsbedarf angesagt. Wir haben in Deutschland – das beweisen Sie auch in Ihrer Antwort auf die Große Anfrage – bei Kapitalgesellschaften mittlerweile eine Belastung, die bei nahezu 35 Prozent liegt, wenn sie in einer Stadt mit hohen Gewerbesteuerhebesätzen ansässig sind. Die Belastungen für die Unternehmen sind groß. Wir liegen in der EU im Schnitt bei 20 Prozent; das sind 10 bis 15 Prozentpunkte Unterschied, wo Sie Investitionen rechenbar machen müssen. Das sind natürlich Nachteile, die wir haben.

Von daher: Deutschland ist Höchststeuerland. Das müssen und sollten wir gemeinsam ändern und auf den Weg bringen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der AfD)

Dafür gibt es verschiedene Maßnahmen, die wir in diversen Anträgen eingebracht haben und die ich auch zu dem Wettbewerbsstärkungsgesetz von Bundesfinanzminister Lindner vernommen habe, das ja ursprünglich mal kommen sollte. Darin sind einige Dinge enthalten, auf die wir alle sehnsüchtig warten, damit wir die Dinge in Angriff nehmen können und unseren Standort Deutschland attraktiver gestalten.

Es geht um die Steuerbelastung von thesaurierten Gewinnen, also Gewinnen, die im Unternehmen bleiben. Diese müssen niedriger besteuert werden, damit die Unternehmer die Liquidität haben, die wichtigen Investitionen bei der Transformation zu leisten.

Wir brauchen eine Verbesserung der Optionsmodelle und auch der Thesaurierungsbegünstigungen; das heißt, wir müssen zu einer rechtsformneutralen Besteuerung kommen.

Wir müssen Personengesellschaften den Kapitalgesellschaften gleichstellen. Derzeit ist es bei den Personengesellschaften nämlich so, dass sie einen individuellen Tarif zahlen; das ist eine weitaus höhere Belastung. Auch dazu haben Sie in Ihrem Koalitionsvertrag Ankündigungen gemacht; aber wir sehen dazu nichts.

Ein weiterer entscheidender Punkt, der erhebliche Erleichterungen bringen würde, wäre eine Verbesserung der Verlustverrechnung; das würde Liquidität in die Unternehmen bringen. Es geht um den Verlustrücktrag, den Sie schon auf zwei Jahre erweitert haben, was gut war. Da geht vielleicht noch mehr, aber auch in der Höhe ist er begrenzt.

Wir müssen bei der Mindestbesteuerung einiges nach vorne bringen, und wir müssen uns letztendlich mit den Abschreibungsbedingungen beschäftigen. Ich finde es schon sehr erstaunlich, dass Sie in Ihrem Koalitionsvertrag eine „Superabschreibung“ angekündigt haben, die noch 2022 kommen sollte. Wir haben jetzt Mitte 2023, und wir sehen von dieser Superabschreibung noch gar nichts.

(Zuruf des Abg. Dr. Mathias Middelberg [CDU/CSU])

Ich habe aus den Medien vernommen, dass Frau Beck – sie nickt schon – es sehr scharf kritisiert hat, dass das Bundesfinanzministerium hier noch nicht weitergekommen ist. Die Unternehmen warten darauf.

(Beifall des Abg. Dr. Mathias Middelberg [CDU/CSU])

Jetzt muss ich sehen: Die Investitionsprämie, wie sie jetzt heißt, soll jetzt nicht mehr für Investitionen in die digitale Wirtschaft, sondern nur noch für den Klimaschutz erfolgen. Also, es ist egal, was Sie machen; aber machen Sie endlich mal was, damit wir wissen, woran wir sind!

(Beifall bei der CDU/CSU)

Von daher: Es gibt viel zu tun. Sie geben in der Großen Anfrage eigentlich die richtigen Antworten.

Kommen Sie bitte zum Schluss.

Die Analyse ist nicht schlecht. Leider handeln Sie nicht. Handeln Sie endlich!

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Für die SPD-Fraktion hat das Wort Parsa Marvi.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

API URL

Data
Source Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Cite as Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Retrieved from http://dbtg.tv/fvid/7556128
Electoral Period 20
Session 115
Agenda Item Wettbewerbsfähigkeit im int. Steuerwettbewerb
00:00
00:00
00:00
00:00
None
Automatically detected entities beta