06.07.2023 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 115 / Zusatzpunkt 4

Michael SchrodiSPD - Wettbewerbsfähigkeit im int. Steuerwettbewerb

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mir kommen die Reden der Unionsfraktion so vor, als wollten Sie den Wirtschaftsstandort Deutschland geradezu schlechtreden,

(Sebastian Brehm [CDU/CSU]: Nee, Sie machen ihn schlecht! – Ingo Gädechens [CDU/CSU]: Die Zahlen!)

und das ist unverantwortlich, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Wir müssen einige Dinge nacheinander aufarbeiten.

Zum Ersten. Sie haben Andeutungen gemacht, was Sie alles machen würden, wenn Sie denn nur könnten.

(Fritz Güntzler [CDU/CSU]: Das habt ihr ja verhindert!)

Sie haben lang genug Zeit gehabt; aber jetzt würden Sie es gerne doch tun. Schauen wir uns mal belastbare Zahlen an zu dem, was Sie in Ihrem Wahlprogramm zum Thema Steuern hatten; ebenfalls aus einer ZEW-Studie zur Bundestagswahl. Da steht zum Steuerkonzept der Union drin: einerseits Steuerentlastungen vor allem für höchste Einkommensklassen, andererseits Mindereinnahmen von 33 Milliarden Euro ohne ein Gegenfinanzierungskonzept. – Das Steuerkonzept der Union ist ein Wolkenkuckucks-Steuerkonzept. Wir machen verantwortungsvolle Regierungsarbeit in dieser Ampel, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Maximilian Mordhorst [FDP]: Endlich mal seriöse Haushaltspolitik!)

Zum Zweiten. Frau Wegling und Frau Heselhaus haben es schon gesagt: Der Steuersatz ist für Unternehmen ein Faktor.

(Sebastian Brehm [CDU/CSU]: Wenn man keine Ahnung hat, sollte man einfach die Klappe halten!)

Großbritannien und die USA haben ihre Unternehmensteuern übrigens teilweise wieder erhöht, weil die Gegenfinanzierung nicht richtig funktioniert hat. Aber es ist nicht der einzige und vor allen Dingen nicht der wichtigste und entscheidende Faktor für die Standortentscheidung.

(Fritz Güntzler [CDU/CSU]: Steht aber anders in der Anfrage!)

Das darf ich Ihnen beispielsweise aus der Antwort der Bundesregierung zitieren.

(Sebastian Brehm [CDU/CSU]: Falsch zitiert ist auch falsch!)

Im Fazit steht nämlich drin,

(Sebastian Brehm [CDU/CSU]: Ja, lesen Sie es mal vor!)

dass wir insgesamt ein leistungsfähiges und gerechtes Steuersystem haben; denn den Steuern und Abgaben stehen auf der anderen Seite Leistungen auf höchstem Niveau gegenüber – ein gutes Sozialsystem, eine ordentliche Infrastruktur –, und das ist das, was wir mit den Steuern bezahlen.

(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Katharina Beck [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Das Fazit ist: Wenn Sie Steuern senken wollen, müssen Sie woanders sparen. Das machen wir nicht mit!

Ich sage Ihnen auch eines – genau das ist das Problem –: In der Studie des ZEW geht es nicht nur um Steuersenkungen, sondern auch um die Frage von Investitionen. Vollkommen richtig ist, dass man in Gesprächen mit Unternehmern vor Ort – beispielsweise bei mir – die Antwort bekommt: Es fehlt der Wohnraum.

(Kay Gottschalk [AfD]: Woran mag das liegen?)

Wer hat denn die GBW-Wohnungen in Bayern – 33 000 Wohnungen – verkauft, die jetzt nicht mehr zur Verfügung stehen?

(Johannes Steiniger [CDU/CSU]: Ihr wollt doch 400 000 bauen!)

Markus Söder und die CSU haben keine neuen Wohnungen gebaut. Das ist ein Standortfaktor.

(Kay Gottschalk [AfD]: Wer hat in Berlin die gesamten städtischen Wohnungen verkauft? Wer hat den sozialen Wohnungsbau eingeebnet? Das war Ihr vorletzter Kanzler!)

Wer hat bitte schön dreimal nacheinander den Verkehrsminister – Ramsauer, Dobrindt und Scheuer – gestellt? Ein Faktor ist der Verkehr. Wer hat die Bahn heruntergewirtschaftet?

(Sebastian Brehm [CDU/CSU]: Sie performen ja total in Bayern! Läuft super für die SPD!)

Wer hat diese Infrastruktur heruntergewirtschaftet? Es waren CSU-Verkehrsminister. Das ist ein Standortfaktor.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Ein Standortfaktor ist auch: Woher kriege ich verlässlich erneuerbare Energie? Reden Sie mal mit MAN, MTU und Unternehmen im Chemiedreieck! 200 Bürgermeister aus Bayern haben jetzt einen Brandbrief geschrieben. Der stockende Ausbau, der verhinderte Ausbau durch die Bayerische Staatsregierung ist ein Standortfaktor und ein Standortrisiko für Bayern. Deswegen muss diese Regierung im Oktober abgewählt werden, meine sehr geehrten Damen und Herren!

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP – Sebastian Brehm [CDU/CSU]: 5 Prozent haben Sie gerade!)

Zuletzt: Wir brauchen und wollen einen handlungsfähigen Staat. Übrigens haben wir gemeinsam in der Pandemie davon profitiert, dass es einen handlungsfähigen Staat gibt. Wir haben beispielsweise – da scheint die Erinnerung nicht so da zu sein – massive Entlastungspakete, kreditfinanziert, gemeinsam auf den Weg gebracht.

(Markus Herbrand [FDP]: Genau! – Sebastian Brehm [CDU/CSU]: Ach, Sie haben mitregiert?)

Die waren auch richtig. Wir haben das jetzt in der Energiekrise mit der Ampel ebenfalls gemacht und massiv die Wirtschaft unterstützt, damit es keine Arbeitslosen und keine Pleiten der Unternehmen gibt.

(Zuruf des Abg. Fritz Güntzler [CDU/CSU])

Und wir sind gut aus dieser Krise herausgekommen.

Was wir jetzt in den nächsten Wochen und Monaten machen, ist: Wir werden gezielte steuerliche Maßnahmen zur Anreizung von Investitionen auf den Weg bringen.

Herr Kollege.

Ich komme sofort zum Schluss.

(Sebastian Brehm [CDU/CSU]: Ja, Zeit wird’s!)

Beim Thema Steuergerechtigkeit werden wir dafür sorgen, dass wir eine gute und gerechte Besteuerung haben, Stichworte „Steuerfairnessgesetz“, „E-Rechnung“, „globale Mindeststeuer“, „Investitionsprämie“.

Herr Kollege!

Gezielte Maßnahmen, die wir auf den Weg bringen!

Herr Kollege, die weiteren Aufzählungspunkte müssen Sie in Ihrer nächsten Rede unterbringen.

(Fritz Güntzler [CDU/CSU]: Da wäre aber nichts mehr gekommen! Der ist durch!)

Danke schön. Ich bin auch fertig. Es ist nicht abschließend; ich könnte noch vieles sagen.

(Heiterkeit)

Ja, das ist genau das Problem.

Aber für die Union reicht es für heute.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7556142
Wahlperiode 20
Sitzung 115
Tagesordnungspunkt Wettbewerbsfähigkeit im int. Steuerwettbewerb
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