06.07.2023 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 115 / Tagesordnungspunkt 10

Ulrich LechteFDP - NATO-Gipfel in Vilnius

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Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Präsident! Die NATO ist und bleibt für uns die wichtigste Garantie für unseren Schutz vor militärischen Bedrohungen. Sie schützt die Menschen in Europa und Nordamerika, und sie verteidigt unsere Werte und unsere demokratische Lebensweise.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Dr. Johann David Wadephul [CDU/CSU])

Nach dem Ende des Kalten Krieges haben einige die NATO für obsolet gehalten. Da haben wir auf die Demokratisierung der Nachfolgestaaten der Sowjetrepubliken gehofft. Doch diese Hoffnungen wurden nur teilweise erfüllt. Besondere Vorzeigebeispiele sind Estland, Lettland und Litauen. Sie haben sich von Sowjetrepubliken zu liberalen Demokratien entwickelt, die Mitglieder der Europäischen Union und der NATO sind. Hut ab vor unseren baltischen Freunden, kann ich da nur sagen.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Leider war die Entwicklung nicht in allen Teilen der Sowjetunion so positiv. Eine Sowjetrepublik namens Russland ist nach ersten Demokratieversuchen in den 90ern dann unter Putin einen ganz anderen Weg gegangen. Die Opposition im eigenen Land wird unterdrückt, Oppositionelle werden ermordet, und Nachbarländer werden überfallen. 2008 fand der russische Überfall auf Georgien statt. Dort strebte – übrigens schon 2003, wenn ich mich recht erinnere – Schewardnadse, der damalige Staatspräsident Georgiens und letzte Außenminister der Sowjetunion, eine Vollmitgliedschaft Georgiens in der NATO an – nicht ohne Grund offensichtlich.

2014 erfolgte der russische Überfall auf die Ukraine. Seit über neun Jahren führt Wladimir Putin einen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Im Februar 2014 haben russische Soldaten die ukrainische Halbinsel Krim angegriffen. Dieser völkerrechtswidrige Angriffskrieg Russlands wurde zwar schon damals von der internationalen Völkergemeinschaft verurteilt, und viele Staaten haben Russland dafür mit Sanktionen belegt. Rückblickend muss uns allen aber klar sein, dass diese Reaktion zu schwach war.

Zur Erinnerung: 2014 war die Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel und die Verteidigungsministerin war Ursula von der Leyen – beide von der CDU.

(Dr. Johann David Wadephul [CDU/CSU]: Richtig!)

Deshalb finde ich es jetzt etwas dreist, dass Sie von der CDU/CSU uns einen Antrag vorlegen, in dem Sie einen „historischen Wendepunkt“ für die NATO fordern und dabei so tun, als hätten Sie nie Verantwortung für irgendetwas gehabt.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD – Thomas Erndl [CDU/CSU]: Du musst da schon auf aktuelle Entwicklungen eingehen!)

Das 2-Prozent-Ziel, das Sie in Ihrem Antrag erwähnen, wurde 2014 auf dem NATO-Gipfel in Wales als Reaktion auf den russischen Überfall auf die Ukraine beschlossen. Und wer hat bei der Umsetzung dieses 2-Prozent-Ziels geschlampt? Bitte schön, Sie wissen das ja selber.

(Roderich Kiesewetter [CDU/CSU]: Der Finanzminister Scholz, der ein 1,5-Prozent-Ziel durchgesetzt hat!)

2014 wurden Putin nicht ausreichend Grenzen gesetzt.

(Zuruf von der SPD: Es sind immer die anderen! – Peter Beyer [CDU/CSU]: Ihr müsst doch mal in den Bewegungsmodus kommen, Verantwortung übernehmen!)

Die Annexion der ukrainischen Krim ist aus seiner Sicht erfolgreich verlaufen. Deshalb entschied er sich acht Jahre später, die gesamte Ukraine anzugreifen. Den Rest der Geschichte kennen wir.

Dass diese Verbrechen bestraft werden müssen, damit sie sich nicht wiederholen, ist uns klar. Das ist die Lehre, die wir aus der zu zaghaften Reaktion im Jahr 2014 ziehen müssen.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP)

Einen Verbrecher wie Putin darf man nicht gewähren lassen, sonst wird er neue Verbrechen verüben. Kriegsverbrechen dürfen sich nicht lohnen.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Diese Lehre hat die Ampelkoalition, kurz nachdem sie im Amt war, gezogen – wir kennen sie alle unter dem Stichwort „Zeitenwende“ –, und diesen Weg werden wir auch beim anstehenden NATO-Gipfel in Vilnius konsequent weitergehen.

(Peter Beyer [CDU/CSU]: Wie soll denn das aussehen?)

Wir wollen, Kollege Beyer, ein umfangreiches Maßnahmenpaket zur Stärkung der Abschreckungs- und Verteidigungsfähigkeit der Allianz verabschieden und damit den Anpassungsprozess der NATO fortführen, der durch den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine mehr als erforderlich geworden ist. Vom Gipfel in Vilnius wird natürlich auch ein starkes Signal der Unterstützung für die Ukraine ausgehen. Die Ukraine braucht Sicherheitsgarantien, die mehr wert sind als das Budapester Memorandum von 1994. Die beste Garantie wäre natürlich eine Vollmitgliedschaft in der NATO. Wir wissen nur noch nicht, wann das möglich sein wird.

Für uns steht fest, dass wir den Weg der Ukraine in die NATO-Mitgliedschaft unterstützen. Die Ukraine benötigt einen realistischen, fairen und transparenten Pfad, wie eine Mitgliedschaft umgesetzt werden kann. Bis dahin ist es unsere Pflicht, die Sicherheit und territoriale Integrität der Ukraine stets im Auge zu behalten und der Ukraine beizustehen, sodass sie sich bestmöglich verteidigen und besetzte Gebiete wieder befreien kann. Langfristig gesehen kann nur eine ukrainische NATO-Mitgliedschaft Putins Neoimperialismus ein Ende setzen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Lechte. – Nächster Redner ist der Kollege Roderich Kiesewetter, CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7556195
Wahlperiode 20
Sitzung 115
Tagesordnungspunkt NATO-Gipfel in Vilnius
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