06.07.2023 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 115 / Zusatzpunkt 8

Jürgen HardtCDU/CSU - Rasche u. geordnete Beendigung des MINUSMA-Einsatzes

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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist schon bedauerlich, dass wir hier als Opposition trotz der doch sehr beunruhigenden Entwicklung in Mali und um das MINUSMA-Mandat einen Antrag stellen müssen, damit das Thema überhaupt Gegenstand im Deutschen Bundestag wird. Wir haben eine sehr besorgniserregende Entwicklung. Ich finde, der Deutsche Bundestag muss sich damit intensiv befassen. Deswegen haben wir das Thema heute auf die Tagesordnung gesetzt. Wir sind auch dafür, dass wir darüber anschließend sofort namentlich abstimmen.

Seit über einem Jahr stellen wir fest, dass der Mali-Einsatz, die deutsche Beteiligung an der UN-Mission MINUSMA, sinn- und zwecklos ist, weil sie nämlich nicht mehr ihren Auftrag erfüllen kann, weil die Soldaten praktisch gezwungen sind, in ihren Lagern zu bleiben, und allenfalls einen kleinen Aktionsradius haben; das hat mit der Möglichkeit der Rettungskette zu tun. Wir stellen fest, dass wir nicht in der Lage sind, Flugbewegungen so durchzuführen, wie wir sie brauchen und wollen, dass im Augenblick insbesondere keine Versorgungsflüge nach Mali möglich sind, dass wir auch die Aufklärungsdrohnen, die wir extra zu diesem Zwecke geleast und nach Mali geschafft haben, nicht einsetzen können, dass wir gegenwärtig keine Zusammenarbeit mit den regulären malischen Streitkräften, mit der malischen Regierung erwarten können, dass im Gegenteil die von Russland, von Putin finanzierten Wagner-Söldner an der Seite der Regierung der Militärjunta in Mali meinen, die Sicherheit im Lande dadurch herstellen zu müssen, dass sie zum Beispiel mit massiven Menschenrechtsverletzungen, mit massiver Beeinträchtigung der Zivilbevölkerung einen Kampf gegen angeblichen oder tatsächlichen Terrorismus mit grauenhaften Auswirkungen führen. Es gibt Berichte, dass gerade vor wenigen Tagen ein Dorf mit 600 Bewohnern dem Erdboden gleichgemacht wurde, niedergebrannt wurde. Es stellte sich im Übrigen heraus, dass die Wagner-Söldner sich schlicht vertan hatten und ein Nachbardorf der Dörfer, die sie angreifen wollten, angegriffen hatten.

Das ist die Situation in Mali. Sie ist leider schon seit längerer Zeit so. Wir haben deshalb als CDU/CSU-Fraktion im Februar hier beantragt, dass der Mali-Einsatz der Bundeswehr Ende dieses Jahres beendet wird.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Und wir haben deshalb, als wir hier Ende Mai auf Antrag der Bundesregierung die Verlängerung des Mandats beraten haben, unsere Zustimmung zur Verlängerung des Mandats bis Ende Mai nächsten Jahres verweigert, weil wir gesagt haben: Unter den gegenwärtigen Bedingungen sollte die Bundeswehr so schnell wie möglich abziehen, spätestens bis zum Ende des Jahres.

Jetzt ist etwas eingetreten, von dem die Regierung sagt: „Das war nicht vorhersehbar“,

(Dr. Karamba Diaby [SPD]: Natürlich war es nicht vorhersehbar! – Marianne Schieder [SPD]: Ja, ihr seid Hellseher!)

das aber genau dem entspricht, was wir im Februar und im Mai in den Debatten vorhergesagt haben: Die Mali-Regierung schmeißt die Vereinten Nationen aus dem Land raus. Sie wollten innerhalb von drei Monaten den Abzug haben. Es ist mühsam gelungen, ein Mandat hinzubekommen, dass der Abzug der UN-Mission erst bis Ende des Jahres erfolgen muss. Die Bundeswehr wird damit jetzt vor das Problem gestellt, dass alles viel schneller und viel aufgeregter gehen muss, als das beabsichtigt war.

(Dr. Karamba Diaby [SPD]: Und geordnet!)

Die Kollegin Brugger hat, als wir diese Bedenken vorgetragen haben, hier gesagt, das sei Parteiengeplänkel. Sie ist heute nicht da.

(Agnieszka Brugger [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Hallo!)

– Entschuldigung, Frau Brugger, ich habe Sie nicht gesehen. – Es wäre die gute Gelegenheit, zu bekennen, dass die Einwände, die wir gegen dieses Mandat gehabt haben, nicht ganz unberechtigt gewesen sind, und wir eigentlich gemeinsam dem Vorschlag der Union hätten folgen sollen. Es wäre für die Bundeswehr besser gewesen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Unser Antrag soll ein konstruktiver Beitrag dazu sein, dass wir jetzt gemeinsam die Angelegenheit für die Soldatinnen und Soldaten sauber über die Bühne bringen, aber auch für unser Material und unsere Ausrüstung und dass wir mit Hochdruck gemeinsam daran arbeiten, dass dieser Abzug eben nicht zu einem Desaster wird, sondern dass er einigermaßen gut über die Bühne geht.

Ich möchte zum Schluss nicht nur dafür werben, diesem Antrag zuzustimmen – ich glaube, er ist über die Parteigrenzen hinweg zustimmungsfähig –, sondern ich möchte auch an die Bundesregierung appellieren, noch mal zu prüfen, ob sie angesichts des, wenn man so will, Entfalls der Geschäftsgrundlage für das Mandat, das wir im Mai hier im Bundestag verabschiedet haben, nicht doch die Notwendigkeit sieht, dass sie im September zu Beginn der Herbstsitzungsperiode einen neuen Mandatstext vorlegt, der die Dinge im Zusammenhang so regelt, dass wir das sauber über die Bühne bringen können, und zum Beispiel die Frage klärt, was wir von dem MINUSMA-Mandat nach Niger, wo wir ein anderes Mandat haben, an Auftragsausführung und Präsenz in der Region hinüberretten können und wie wir, was den logistischen Abzug angeht, uns stärker auf Niger abstützen können.

Meine dringende Bitte und mein ernsthafter Appell an die Kolleginnen und Kollegen ist, sich nicht damit zufriedenzugeben, dass die Regierung meint, das gültige Mandat wäre für diesen Abzug ausreichend,

(Merle Spellerberg [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So ist es doch!)

sondern einfach mal zu prüfen, ob es nicht sauberer wäre, im Herbst ein neues Mandat für Niger und Mali und den Mali-Abzug vorzulegen. Das ist unsere dringende Bitte im Interesse der Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Für die Bundesregierung hat das Wort die Parlamentarische Staatssekretärin Siemtje Möller.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7556215
Wahlperiode 20
Sitzung 115
Tagesordnungspunkt Rasche u. geordnete Beendigung des MINUSMA-Einsatzes
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