Katrin ZschauSPD - LNG-Beschleunigung
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin Mitglied des zuständigen Ausschusses, Bundestagsabgeordnete aus Rostock und komme aus Sassnitz.
(Philipp Amthor [CDU/CSU]: Herzlich willkommen!)
Die gestrige Entscheidung, die geplante Errichtung schwimmender LNG-Terminals im Hafen von Mukran nicht zu befürworten, begründet die Landesregierung Mecklenburg-Vorpommern auch mit der mangelnden Unterstützung bei den Menschen auf Rügen und im Land. Ich werde dem Gesetzentwurf zustimmen, und Sie können mir glauben, dass dem eine intensive Beschäftigung mit allen Fragestellungen vorausgegangen ist.
(Philipp Amthor [CDU/CSU]: Das sieht Frau Schwesig aber anders!)
Die kommunikativen Fehler zu Beginn, die Protestaktionen und die vorgebrachten Argumente und Sorgen hinsichtlich der Schäden für Natur, Artenschutz und Tourismus, die Befürchtung, es könnten unnötige Überkapazitäten geschaffen werden, die Haltung meiner Landesregierung, die zeitweiligen Bedenken in der Grünenlandtagsfraktion, die Entscheidung von Abgeordneten aus MV, dem heute nicht zuzustimmen, die anhaltenden Vorwürfe undemokratischer Vorgänge und die mediale Berichterstattung machen natürlich etwas.
Was ist mir in dieser Debatte wichtig? Das LNG-Beschleunigungsgesetz gewährt zeitlich befristet Möglichkeiten der Verfahrensbeschleunigung. Aber die materiellen Zugangsvoraussetzungen und damit auch die umwelt- und naturschutzrechtlichen Standards und Vorgaben bleiben erhalten und werden nicht, wie teilweise behauptet, abgesenkt.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Frau – –
Nein.
(Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU und der AfD – Friedrich Merz [CDU/CSU]: Sie können den Rest auch gern zu Protokoll geben! – Philipp Amthor [CDU/CSU]: Die Antwort steht leider nicht auf dem Zettel!)
Ich halte die LNG-Bedarfsanalyse der Bundesnetzagentur und der Bundesregierung im Sinne eines Gesamtkonzeptes,
(Friedrich Merz [CDU/CSU]: Lesen Sie ruhig weiter vor!)
das auch Risikoaufschläge beinhaltet, für seriös. Ich halte auch die Aufnahme des neuen Standortes Mukran für bis zu zwei FSRU im Hafen sowie eine Anbindungsleitung nach Lubmin für einen notwendigen Schritt.
(Friedrich Merz [CDU/CSU]: Nicht so schnell! Die Protokollanten kommen nicht mehr mit! – Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Die mangelnde Unterstützung durch die Menschen vor Ort und durch Verbände speist sich zuallererst aus der Skepsis gegenüber dieser Bedarfsanalyse. Darüber hinaus wird mit der Größe der FSRU argumentiert, und es stehen Befürchtungen im Raum, Schiffsgeräusche und ‑bewegungen könnten sich negativ auf den Tourismusstandort auswirken. Sowohl Maßnahmen der Hafenertüchtigung als auch der Bau der Ostseeanbindungsleitung könnten laut Kritikern Schäden im Ökosystem herbeiführen. Tatsächlich hören wir in vielen Bürgerdialogen, dass das geplante LNG-Terminal als Bedrohung für den Tourismus und damit als Bedrohung für die Menschen, die damit ihr Geld verdienen, empfunden wird.
Ohne respektlos zu erscheinen, möchte ich mich in sachlicher Form mit einigen Argumenten auseinandersetzen. Die ReGas, bislang der Betreiber des Terminals in Lubmin, hat zahlreiche Bürgerinformationsveranstaltungen durchgeführt. Die Visualisierung der zwei FSRU im Hafen von Mukran im Rahmen ihrer Präsentation macht deutlich, dass es sich bei Schiffen mit einer Länge von 300 Metern um große Schiffe handelt. Wie aber bemisst sich, ob diese Größe der im Hafen liegenden Schiffe sowie ihr Betanken, etwa 50-mal innerhalb eines halben Jahres, eine derart negative Auswirkung haben könnten, dass Touristen die beliebte Ferieninsel nicht mehr ansteuern?
Ich denke, es ist nötig, dass man die Größenordnung des Schiffsverkehrs beider Häfen betrachtet. Im Zeitraum vom Januar bis Juli 2023 gab es in den Häfen Sassnitz und Mukran circa 3 900 Schiffsbewegungen und Hafenanläufe. Darunter ordnet sich natürlich der Fährverkehr ein. Dazu gehören Offshoreversorger, Schlepper, Lotsen usw. Davon hatten 107 Schiffe eine Länge von mehr als 130 Metern, darunter etwa ein Massengutfrachter mit einer Kapazität von 40 000 Tonnen und einer Länge von 194 Metern.
(Bengt Bergt [SPD]: Hört! Hört!)
Schiffe dieser Größe haben nicht selten eine Aufenthaltsdauer von elf Tagen. Der Schiffsverkehr spielt eine Rolle in der Region.
Schauen wir auf Sassnitz-Mukran: Das Muttertankschiff „Hispania“ liegt circa 11 Kilometer vor Binz. Es gab innerhalb dieses halben Jahres vier direkte Anläufe der Shuttleschiffe nach Sassnitz-Mukran. Diese vier Anläufe bedeuteten im Schnitt einen Tag Aufenthaltsdauer.
Ich würde mir wünschen, dass die Anstrengungen der Betreiber, die Umweltauswirkungen der FSRU zu begrenzen, mehr gesehen werden, auch unter dem Gesichtspunkt, vor welchen Herausforderungen die maritime Wirtschaft tagtäglich steht. Das betrifft insbesondere Luft, Wasser, Licht, Schall, Vibration, Wärmeauswirkung. Eine Reduzierung der Emissionen durch Schall wollen die Betreiber durch Schalldämpfer erzielen. Die Decksbeleuchtung der FSRU soll auf ein sicherheitstechnisches Minimum reduziert werden. Für 2024 ist eine Umstellung auf Landstrom geplant.
Ich fände es sehr wichtig, dass die Vorhaben a) einer Kraft-Wärme-Kopplungsanlage und b) eines Wasserstoffelektrolyseurs bis 2026 realisieren zu wollen, als ein Schritt für eine nachhaltige Industrieentwicklung im Hafen wahrgenommen werden und verstärkt bundesseitige Unterstützung erfahren.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Andreas Mattfeldt [CDU/CSU]: Der Wirtschaftsminister hört sich das nicht mal bis zum Schluss an! Das ist doch ein Skandal!)
Denn ausgehend davon könnte der Hafen neue Nutzungskonzepte in Angriff nehmen. Weil es hierbei auch um Flächen und um Arbeitskräfte geht, muss das aus einer Konkurrenzsituation heraus in einer Region, in der der Tourismus das wirtschaftliche Rückgrat bildet, besonders beworben und ermöglichungsfähig gedacht und ausgestaltet werden. Denn auch für den Tourismus gibt es aktuell Herausforderungen: Fragen der Mobilität, seine CO2-Emissionen und der zunehmende Fachkräftemangel.
Wenn wir heute das LNG-Gesetz mit der Begründung, die Energieversorgungssicherheit für ganz Deutschland zu schaffen, anpassen, dürfen wir nicht verkennen, dass um die Akzeptanz bei den Menschen hart gerungen werden muss. Ich habe versucht, deutlich zu machen, auf welchen Wegen man dies versuchen sollte.
(Friedrich Merz [CDU/CSU]: Das ist großartig gelungen!)
Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7556301 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 116 |
Tagesordnungspunkt | LNG-Beschleunigung |