Carmen WeggeSPD - Pass-, Ausweis- und Dokumentenwesen
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Fraktionen!
(Zuruf des Abg. Dr. Götz Frömming [AfD])
Sehr geehrte Damen und Herren! Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Pass-, des Ausweis- und des ausländerrechtlichen Dokumentenwesens – das klingt erst mal sperrig, das klingt nach Bürokratie. Doch in Wahrheit sprechen wir heute über Bürokratieabbau.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der FDP)
Wir sprechen über die Digitalisierung von Verwaltungsabläufen, und wir sprechen darüber, wie wir Verfahren vereinfachen können und sie damit schneller machen.
Unsere Modernisierungsmaßnahmen müssen hohen Ansprüchen genügen: Sie müssen in eine föderale Struktur passen, und sie müssen den Datenschutz hochhalten. Das ist gar nicht trivial, zumal wir – das möchte ich betonen – in Deutschland einen sehr guten und effektiven Verwaltungsapparat haben.
Der Schritt ins Digitale erfordert genaue Abstimmung zwischen den politischen Ebenen. Deshalb ist es richtig und wichtig, dass wir uns auch für dieses vermeintlich kleine Gesetz im parlamentarischen Verfahren die notwendige Zeit genommen haben.
(Josef Oster [CDU/CSU]: Haben wir das?)
Nach der ersten Lesung des Gesetzes am 27. April haben wir ampelintern
(Philipp Amthor [CDU/CSU]: Aha! Ampelintern!)
viele Detailfragen diskutiert und verhandelt. Daher hielten wir für uns selbst eine Anhörung tatsächlich nicht für notwendig.
(Philipp Amthor [CDU/CSU]: Aha! – Josef Oster [CDU/CSU]: Es geht nicht nur um Sie selbst!)
Aber, Herr Oster, ich bin sehr glücklich darüber, dass Sie als Union eine Anhörung beantragt haben, die wir diese Woche ja auch durchgeführt haben,
(Josef Oster [CDU/CSU]: Aber Sie haben keine Anregung aufgegriffen! – Gegenruf des Abg. Dr. Jens Zimmermann [SPD]: Hatten Sie genug Zeit zum Lesen eigentlich?)
weil diese Anhörung zwei wesentliche Dinge ergeben hat: Zum einen hat sie unser Verhandlungsergebnis bestärkt, und zum anderen war es wirklich wertvoll, dem Innenministerium noch ein paar Dinge mitzugeben, die wir untergesetzlich, also nicht in diesem Gesetzentwurf, regeln müssen, um die Verfahren noch besser zu machen. Deswegen vielen Dank an Sie, Herr Oster!
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Josef Oster [CDU/CSU]: Gerne! – Philipp Amthor [CDU/CSU]: Guter Mann!)
In meinen Augen kann man mit dem Ergebnis insgesamt wirklich sehr zufrieden sein.
Was tun wir? Erstens. Wir vereinfachen und beschleunigen Kommunikationswege zwischen Behörden.
Zweitens. Ab jetzt ist der Direktversand von neuen Pässen und Ausweisen möglich. Man spart sich den erneuten Gang zur Behörde.
Drittens. Wir schaffen für alle Staatsbürger/-innen eine einheitliche Lösung bei Passdokumenten, indem wir die deutsche Eigenheit der Kinderreisepässe abschaffen. Das bedeutet für Familien mit kleinen Kindern, endlich nicht mehr jedes halbe Jahr zum Amt gehen zu müssen für einen neuen Ausweis.
(Dr. Silke Launert [CDU/CSU]: Jedes halbe Jahr? – Dr. Volker Ullrich [CDU/CSU]: Jedes Jahr! Nicht jedes halbe Jahr!)
– Ich spreche da aus Erfahrung, kann ich Ihnen sagen.
Viertens. Wir ermöglichen elektronische Aufenthaltstitel und damit die Nutzung eines Onlineausweises. Aufenthaltstitel schaffen ihren Weg weg vom Klebeetikett hin zum Onlineausweis.
Das sind viele kleine Rädchen, aber richtige, wichtige und notwendige Schritte der Verwaltungsmodernisierung.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Eine moderne Verwaltung stärkt das Vertrauen in den Staat, und ich denke, das können wir aktuell wirklich alle gut gebrauchen.
Besonders freue ich mich aber über eine Entschließung, die wir im Zuge der Beratungen im Innenausschuss beschlossen haben. Es geht uns dabei um die Eintragung des Doktorgrades in den Pass und in den Personalausweis. Für die eindeutige Identifizierung einer Person ist diese Information nämlich heutzutage nicht mehr notwendig. Stattdessen kann der Doktortitel schon mal zur Verweigerung der Einreise führen, wenn man vergessen hat, diesen beim Visumsantrag anzugeben. Darüber hinaus führt gerade die Prüfung von ausländischen akademischen Graden zu einem großen Verwaltungsaufwand bei den Behörden.
Um den Bürgerinnen und Bürgern dennoch die freie Wahl zu lassen, ob sie ihren Doktortitel in Pass und Ausweis eintragen lassen, haben wir eine, wie ich finde, sehr elegante Lösung gefunden: Künftig soll der Doktorgrad nicht mehr in das Datenfeld „Name“ eingetragen werden, sondern in ein anderes Datenfeld.
(Josef Oster [CDU/CSU]: Ja! Nur in welches?)
Das löst Verwirrungen bei ausländischen Grenzbehörden,
(Dr. Götz Frömming [AfD]: So ein Quatsch!)
und mit einer Beibringungspflicht wollen wir die Anerkennungsproblematik und den Prüfaufwand bei den Behörden verringern. Das ist eine deutliche Entlastung.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Neben den Verwaltungserleichterungen beinhaltet unser Gesetzentwurf aber auch sicherheitspolitische Aspekte. Um Kindesmissbrauch im Ausland zu verhindern, wird ein neuer Passversagungsgrund für Fälle eingeführt, in denen bestimmte Tatsachen die Annahme begründen, dass der Passbewerber im Ausland Sexualstraftaten begehen wird. In diesen Fällen sollen passbeschränkende Maßnahmen in Form einer Passversagung, einer Passentziehung oder einer Ausreiseuntersagung vorgenommen werden können.
Außerdem haben wir uns im Rahmen der parlamentarischen Beratungen mit genau diesen Maßnahmen auch im Bereich des Extremismus beschäftigt. In der Vergangenheit kam es vermehrt zu gerichtlich bestätigten Verboten von Veranstaltungen des rechtsextremistischen Spektrums innerhalb Deutschlands. Diese Akteure weichen nun teilweise ins Ausland aus. Das sind Veranstaltungen, auf denen zum Beispiel im Kämpfen geschult wird. Für uns ist klar, dass zum Beispiel solche rechtsextremistischen Kampfveranstaltungen eine Gefährdung für die Belange der Bundesrepublik Deutschland darstellen. Deswegen muss es hier einen besseren Austausch zwischen Sicherheitsbehörden und Passbehörden geben.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Dr. Ann-Veruschka Jurisch [FDP] – Daniel Baldy [SPD]: Wahres Wort!)
Aktuell stehen wir in der Innenpolitik vor großen Herausforderungen. Dazu zählen auch prioritär der Kampf gegen Kindesmissbrauch und der Kampf gegen Rechtsextremismus.
(Zuruf des Abg. Christoph de Vries [CDU/CSU])
Ich freue mich sehr, dass wir auch mit der heutigen Debatte und mit einem vermeintlich unspektakulären Verwaltungsgesetz
(Philipp Amthor [CDU/CSU]: Tatsächlich!)
diese aktuellen Herausforderungen adressieren.
Zum Abschluss: Ich bedanke mich bei meinen Kolleginnen Misbah Khan und Ann-Veruschka Jurisch für die wirklich gute Zusammenarbeit. Die persönliche Bemerkung sei mir erlaubt: Es war sehr angenehm, im Bereich der Innenpolitik mal ausschließlich mit Frauen zu verhandeln.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Ich bedanke mich für das gute Ergebnis und freue mich auf die weitere gute Zusammenarbeit.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)
Vielen Dank, Frau Kollegin Wegge. – Nächster Redner ist der Kollege Josef Oster, CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Jens Zimmermann [SPD]: Bei der Union ist man da nicht so euphorisch!)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7556331 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 116 |
Tagesordnungspunkt | Pass-, Ausweis- und Dokumentenwesen |