07.07.2023 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 116 / Tagesordnungspunkt 19. ZP 12

Josef OsterCDU/CSU - Pass-, Ausweis- und Dokumentenwesen

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Verehrter Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich gebe zu: Es ist eine gewisse Herausforderung, nach einem so intensiven und emotionalen Vormittag jetzt zur parlamentarischen Alltagskost zurückzukehren. Aber auch das gehört zu unserer Arbeit.

Der Gesetzentwurf, den wir hier jetzt zu beraten haben, enthält durchaus viele gute und sinnvolle Regelungen. Es geht um Verwaltungsmodernisierung, um Digitalisierung – all das, was wir uns gemeinsam auf die Fahne geschrieben haben. Sie setzen mit diesem Gesetz auch unseren Weg der Registermodernisierung, den wir ja schon eingeschlagen haben, fort. Das ist gut. Auch das begrüßen wir ausdrücklich, verehrte Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Dennoch schaffen Sie es bei diesem Gesetzgebungsverfahren wiederum nicht, es vernünftig zu organisieren. Es war eben nicht so, wie Sie es dargestellt haben, Frau Kollegin Wegge, dass wir genügend Zeit gehabt hätten. Möglicherweise hatten Sie in der Ampel genug Zeit; das mag sein. Ich weiß nicht, wie lange Sie intern darüber gesprochen haben. Das restliche Parlament und der Innenausschuss hatte diese Zeit eben nicht. Ihr Plan war ja, am Dienstagabend noch eine Menge Änderungsanträge im Ausschuss zu platzieren, sie mittwochs zu behandeln und schon freitags hier zu beschließen. Wir haben das nur verhindern können, indem wir noch eine Anhörung beantragt haben. Sie haben sich dafür bedankt; das nehme ich als Akt der Freundlichkeit sehr aufmerksam wahr. Aber es war auch dringend notwendig, dass wir uns mehr Zeit genommen und Experten und Praktiker eingeladen haben, die sich dieses Gesetzespaket noch mal genauer angeschaut haben – und das war am vergangenen Montag. Es wäre gut gewesen, wir hätten uns die Zeit genommen, diese Vorschläge im Ausschuss noch einmal konkret zu bewerten und das eine oder andere aufzunehmen. Das war mit der Ampel aber leider nicht mehr möglich, und das bedaure ich ausdrücklich.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Die Praktiker haben eine ganze Reihe von konkreten Vorschlägen gemacht, die sich leider nicht in diesem Gesetzesvorhaben wiederfinden. Sie schaffen den Kinderreisepass ab – das mag auf den ersten Blick eine sinnvolle Regelung sein –, weil er aufgrund einer auf Europarecht basierenden Änderung in Zukunft nur ein Jahr Gültigkeit haben wird. Aber er ist im Gegensatz zu dem regulären Reisepass ein sehr flexibel einsetzbares Instrument und für die Familien sehr kostengünstig. Zu glauben, ein regulärer Reisepass wäre automatisch sechs Jahre gültig, ist falsch; das stimmt eben nicht. Er ist nur so lange gültig, wie das Foto eine Wiedererkennbarkeit gewährleistet. Und das ist gerade bei Kindern in jungen Jahren eben nicht der Fall. Deshalb war unser Vorschlag und auch der Vorschlag einiger Bundesländer, den Kinderreisepass zumindest bis zum sechsten Lebensjahr beizubehalten. Das wäre sinnvoll gewesen. Das wäre auch einfach umsetzbar gewesen.

(Dr. Ann-Veruschka Jurisch [FDP]: Das geht europarechtlich nicht!)

Das war mit Ihnen nicht zu machen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Der Direktversand der Ausweise und Reisepässe ist ebenfalls eine gute, sinnvolle Idee. Aber auch hier gilt – leider, muss ich sagen –: Gut gemeint, aber nicht gut gemacht. Auch hierzu haben die Praktiker viele Vorschläge gemacht, die aufzeigen: So, wie es jetzt angelegt ist, wird das nicht funktionieren. Und warum startet man mit einem guten und sinnvollen Projekt so, dass es nicht automatisch Akzeptanz in der breiten Bevölkerung entfalten wird? Auch das, finde ich, hätte man vermeiden können mit etwas mehr Beratungszeit und etwas mehr Offenheit den Sachverständigen gegenüber. Auch der Landkreistag – Sie waren ja bei der Anhörung dabei – hat darauf hingewiesen, dass es den Ausländerbehörden viel mehr Arbeit machen wird, auf die Klebeetiketten, ein Relikt aus der Vergangenheit, verzichten zu müssen. Auch das hätte man ein, zwei Jahre nach hinten schieben können und damit eine Menge erreichen können.

Insgesamt gibt es also viele sinnvolle Ansätze, die aber in der konkreten Umsetzung nicht wirklich gut ausgestaltet wurden.

Sie haben am Ende noch Ihre Entschließung zum Thema „Eintragung von Doktortiteln im Ausweis und Reisepass“ erwähnt. Das ist ein, wie ich finde, wunderschönes Beispiel dafür, dass sich die Ampel intern offensichtlich nicht einig war. Ein Teil wollte die Eintragung ganz abschaffen, ein anderer Teil der Ampel wollte das nicht. Sie haben sich dann auf einen Kompromiss verständigt, der überhaupt nichts bewirken wird, der nur Komplikationen auslösen, aber in der Praxis keine Bedeutung entfalten wird. Auch das haben die Experten deutlich gemacht: Das wird so, wie Sie es in Ihrem Antrag vorgeschlagen haben, nicht umsetzbar sein.

Ich könnte noch einige weitere Beispiele nennen. Aber noch einmal: Insgesamt enthält der Gesetzentwurf viele gute und sinnvolle Regelungen. Er hätte ein besseres Verfahren verdient gehabt.

Herr Kollege, kommen Sie bitte zum Schluss.

Hätte man die Sachverständigen ernst genommen, wäre es ein sehr gutes Gesetz geworden. So ist es nur ein halb gutes, und dem stimmen wir dementsprechend auch nicht zu.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU – Manuel Höferlin [FDP]: „Halb“ – da bin ich schon zufrieden!)

Vielen Dank, Herr Oster. – Nächster Redner ist der Kollege Leon Eckert, Bündnis 90/Die Grünen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7556332
Wahlperiode 20
Sitzung 116
Tagesordnungspunkt Pass-, Ausweis- und Dokumentenwesen
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