Ann-Veruschka JurischFDP - Pass-, Ausweis- und Dokumentenwesen
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Einen halben Tag lang Urlaub nehmen, um während der klassischen Öffnungszeiten zwischen 9 und 12 Uhr und 14 und 16 Uhr in einer Behörde den Personalausweis zu beantragen, nur um dann einige Wochen später noch mal einen halben Tag freinehmen zu müssen, um den Ausweis abholen zu können, das ist ein großer Zeitaufwand. Im Gegensatz dazu kann ich jederzeit online ein Bankkonto eröffnen oder einen Schufa-Auszug beantragen.
Die Menschen in unserem Land finanzieren mit ihren Steuern die staatlichen Leistungen in den Verwaltungen. Es muss selbstverständlich sein, dass Verwaltungsleistungen möglichst kundenorientiert, einfach und vereinbar mit der Lebensrealität der Menschen zur Verfügung gestellt werden. Die Prozesse in unserer Verwaltung sind in vielen Punkten noch weit entfernt vom heutigen Standard, wie er in anderen Ländern oder auch in Unternehmen herrscht. Deutschland hat sich bei der Verwaltungsmodernisierung im Vergleich zu vielen Ländern um uns herum in den letzten anderthalb Jahrzehnten viel zu wenig bewegt, und diese Koalition nimmt sich dieses Themas konsequent an.
(Beifall bei der FDP sowie der Abg. Carmen Wegge [SPD] und Leon Eckert [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] – Manuel Höferlin [FDP]: Endlich!)
Mit diesem Gesetz gehen wir einen weiteren Schritt in Richtung der Verwaltungsmodernisierung. Wir sorgen jetzt dafür, dass sich der Aufwand bei der Beantragung eines Personalausweises für Bürgerinnen und Bürger in Zukunft halbiert. Wir machen nämlich den Weg frei für den Postversand von Ausweisdokumenten. Der zweite Gang zum Amt für das Abholen des Papiers entfällt. Über 12 Millionen Besuche auf dem Amt zum Abholen des Personalausweises fallen hierdurch weg; hinzu kommen ungezählte weitere Gänge zum Amt für Reisepässe und elektronische Aufenthaltstitel. Das fällt jetzt alles weg, und das ist gut so.
(Beifall bei der FDP sowie der Abg. Carmen Wegge [SPD] und Leon Eckert [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Behörden sind im Kern Dienstleister gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern, die das alles mit ihren Steuergeldern finanzieren. Der Staat ist nicht irgendwo über uns, sondern wird von uns Bürgern erst ermöglicht. Mit konsequent einfacheren Prozessen treiben wir diesen Servicegedanken des Staates voran. Die Bundesinnenministerin und die Innenminister der Länder sind jetzt in der Pflicht, diesen Wandel in ihren Verwaltungen durch untergesetzliche Maßnahmen zu verstetigen, wie die Kollegin Wegge ja auch angemerkt hat.
Zur Modernisierung unseres Staates gehört im Kern das Digitalisieren und Optimieren der Verwaltungsprozesse. Mit der Entschließung zur Registermodernisierung, die zu diesem Gesetz dazugehört, werden wir dafür sorgen, dass die Optimierung der Verwaltungsprozesse aber Hand in Hand geht mit dem notwendigen Datenschutz.
(Beifall bei Abgeordneten der FDP und der SPD und des Abg. Leon Eckert [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Register sind ein essenzieller Teil unserer Verwaltung. Wir modernisieren nicht nur unsere Register, sondern wir wollen auch sparsam sein mit den Daten der Menschen in unserem Land und diese Daten auch schützen. Ich nenne Ihnen mal einige Register, die wir haben: Wir haben das Melderegister, Personenstandsregister, Handelsregister, Vereinsregister, Grundbücher, Waffenregister, Klageregister, Emissionshandelsregister, Arztregister, Binnenschiffsregister usw. Es gibt in Deutschland 350 Registertypen, verteilt auf allen föderalen Ebenen, und in all diesen Registern liegen große Mengen an Daten von Personen und Organisationen. Das führt zu Redundanzen bei den vorgehaltenen Daten. Nach einem Umzug etwa ist es möglich, dass abweichende Datensätze von derselben Person in Registern verschiedener Behörden vorgehalten werden. Das ist im Sinne der Verschlankung, Beschleunigung und Serviceorientierung der Verwaltung offensichtlich nicht sinnvoll. Gleichzeitig – ich zitiere hier aus der Entschließung – „ist eine umfassende Registrierung und Katalogisierung der Persönlichkeit durch die Zusammenführung einzelner Lebens- und Personaldaten zur Erstellung von Persönlichkeitsprofilen der Bürger auszuschließen“. Zentral für diesen Schutz der Daten der Bürger ist das sogenannte Datenschutzcockpit, das dem Bürger die Kontrolle über seine Daten ermöglicht und damit dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung zur Geltung verhilft. Dafür ist das so wichtig. Damit kommt der Bürger auch bei den Daten auf Augenhöhe mit der Verwaltung, und das ist wichtig.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Leon Eckert [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Das Datenschutzcockpit, das schon im Gesetz zur Registermodernisierung der GroKo enthalten war, wird jetzt weiterentwickelt. Genau darum geht es in dieser Entschließung. Die wichtige Aufgabe der Verschlankung des Registerwesens muss begleitet werden von effektiven Maßnahmen, um die Bürger und ihre Daten zu schützen; denn für mich ist klar: Die Modernisierung unseres Staates muss im Vordergrund stehen. In Deutschland muss viel nachgeholt werden. Doch der Schutz der Persönlichkeits- und Bürgerrechte muss damit immer Hand in Hand gehen.
Mit modernen Registern und zügig erlangten Ausweispapieren geht es nun in den Sommer. Ich wünsche Ihnen allen eine gute Zeit. Vielen herzlichen Dank auch an meine beiden Mitberichterstatterinnen.
Vielen Dank.
(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Vielen Dank, Frau Kollegin. – Nächste Rednerin ist die Kollegin Anke Domscheit-Berg, Fraktion Die Linke.
(Beifall bei der LINKEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7556335 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 116 |
Tagesordnungspunkt | Pass-, Ausweis- und Dokumentenwesen |