07.07.2023 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 116 / Tagesordnungspunkt 18

Sandra Bubendorfer-LichtFDP - Ausbau des Bevölkerungsschutzes und Klimaanpassung

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste auf den Tribünen! Die furchtbare Flutkatastrophe in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen jährt sich zum zweiten Mal. Die über 180 Todesopfer müssen uns für alle Zeit Mahnung und Warnung zugleich sein.

Mir sind die persönlichen Schilderungen von Andy Neumann, einem Familienvater aus dem Ahrtal, die er in seinem Buch „Es war doch nur Regen!?“ darlegt, bis heute allgegenwärtig. Die Gefühlslage, wenn das eigene Haus vollläuft und das Wasser langsam die Stufen in den ersten Stock hochsteigt, in dem die Kinder schlafen … So ein Szenario möchte niemand von uns je erleben.

(Dr. Stephan Seiter [FDP]: Das stimmt! – Dr. Anja Weisgerber [CDU/CSU]: Dann muss das Klimaanpassungsgesetz endlich verabschiedet werden!)

Gott sei Dank konnte sich Familie Neumann in Sicherheit bringen. Über 180 anderen Menschen war dies jedoch nicht gegönnt.

Wir schulden sowohl den Opfern wie auch den Überlebenden, dass wir den Dialog und die Weiterentwicklung für einen Bevölkerungsschutz, der den Herausforderungen unserer Zeit auch gewachsen ist, zielgerichtet und schnellstmöglich weiterführen. Hierfür war die öffentliche Anhörung am vergangenen Montag sehr dienlich. Als staatstragende demokratische Fraktionen müssen wir hier an einem Strang ziehen.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

In diesen zwei Jahren haben wir uns auf den Weg gemacht und vieles Wichtige umgesetzt, um solche Szenarien in Zukunft zu verhindern. Cell Broadcast als Teil des Warnmixes hat beim letzten Warntag laut BBK mehr als 90 Prozent der Bevölkerung erreicht.

(Leon Eckert [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Bestes Warnsystem Europas!)

Ebenso schreitet die bund-und-länderübergreifende Zusammenarbeit im Gemeinsamen Kompetenzzentrum beim BBK endlich voran. Abgrenzung und Kirchturmdenken zwischen so manchen Beteiligten ist aber die völlig falsche Herangehensweise.

Wir brauchen auch noch mehr Engagement von den bislang fehlenden Ländern und die Einbeziehung aller – wirklich aller – relevanten Akteure. Es ist nun wichtig, dass wir hierbei zügig ein umfassendes digitalisiertes Lagebild Bevölkerungsschutz mit allen Bedarfsträgern abstimmen und auch umsetzen. Gleichzeitig müssen aber auch noch mehr Praktiker und weniger Verwaltungsjuristen im GeKoB sitzen, um diese Lagebilder dann auch auszuwerten.

Wir sind auf einem guten Weg, aber einige Meter sind noch zu machen. Wenn wir über die perspektivische Weiterentwicklung unserer Strukturen im Bevölkerungsschutz nachdenken, dürfen wir uns keinerlei Denkverbote auferlegen.

Es war wichtig und richtig, das BBK in den letzten Jahren personell und finanziell deutlich zu stärken. Eine echte Zentralstellenfunktion, wie wir es im Koalitionsvertrag vereinbart und festgeschrieben haben, hat es jedoch immer noch nicht inne.

(Manuel Höferlin [FDP]: Das haben aber die Länder zu verantworten!)

Hier wäre zukünftig ein System, wie wir es vom Bundeskriminalamt und den entsprechenden Landesämtern kennen, unverzichtbar. Das geht auch aus dem Abschlussbericht zur Flutkatastrophe von Albrecht Broemme deutlich hervor.

Darüber hinaus sind wir es den zigtausenden ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern schuldig, endlich eine flächendeckende Gleichstellung zu erreichen;

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

denn ohne sie wäre der Bevölkerungsschutz in Deutschland unmöglich, quasi nicht existent. Menschen, die sich freiwillig für unsere Sicherheit engagieren, müssen unsere volle Rückendeckung erhalten. Das muss höchste, allerhöchste Priorität genießen.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Daher muss dieses Thema bis zur nächsten Innenministerkonferenz – mein Kollege Eckert hat es schon gesagt – mit Nachdruck vorangetrieben werden. Die Zweiklassengesellschaft im Ehrenamt muss endlich beendet werden.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Auch müssen wir dringend den Zivilschutz wieder ins Auge fassen. Russlands Kriegserklärung an unsere freiheitlichen, liberalen Demokratien macht dies unumgänglich. KRITIS-Dachgesetz und Zivilschutzreserve des Bundes durch das Mobile Betreuungsmodul 5 000 sind Vorhaben, die wir daher ebenso dringend weiter vorantreiben müssen und werden, um unsere Gesellschaft endlich auch resilienter zu machen.

Der Zivilschutz ist die Kehrseite der Medaille „Zeitenwende“. Eine Modernisierung und Weiterentwicklung unserer Wehrhaftigkeit beinhaltet zwingend auch Schutzkonzepte im Inland. Lassen Sie uns hier konstruktiv und zum Wohle der Sicherheit aller Menschen in unserem Land weiterarbeiten. Packen wir es an, Hand in Hand, gemeinsam für unser Land!

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort hat Dr. André Hahn für die Fraktion Die Linke.

(Beifall bei der LINKEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7556347
Wahlperiode 20
Sitzung 116
Tagesordnungspunkt Ausbau des Bevölkerungsschutzes und Klimaanpassung
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