Luiza Licina-BodeSPD - Verbandsklagenrichtlinienumsetzungsgestz
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Zuschauerinnen und Zuschauer! David gegen Goliath, diese Sage kennen wir alle. Mir ist wichtig, dass wir jetzt heute dazu kommen, dass sich geschädigte Verbraucher/-innen nicht mehr so fühlen müssen. Wir setzen heute die EU-Verbandsklagenrichtlinie um, bei uns das neue Verbraucherrechtedurchsetzungsgesetz mit der Besonderheit einer Verbandsklage. Auch wenn Sie es von der CDU/CSU nicht gerne hören: Die Klageart ist ein Meilenstein für den Verbraucherschutz, liebe Zuschauerinnen und Zuschauer. Sie wird in Zukunft dafür sorgen, dass Unternehmen, die Verbraucher/-innen massenhaft geschädigt haben, in Europa flächendeckend und grenzübergreifend verklagt werden können und Verbraucher/-innen viel leichter zu ihrem Recht kommen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Konkret bedeutet das, dass Verbände, zum Beispiel Verbraucherzentralen, eine Klage erheben können und nicht mehr viele einzelne Klagen erhoben werden müssen, wenn Verbraucher/-innen im Prinzip gleichermaßen geschädigt wurden. Das Negativbeispiel der letzten Jahre ist heute auch schon mehrfach erwähnt worden: der Diesel- und Abgasskandal, bei dem viele Autokäufer/-innen durch Manipulation dieser Pkw geschädigt wurden.
Es wird in dem Moment einfacher, wo der Verband gegen solche Unternehmen einen Prozess führt. Es entstehen Ihnen, liebe Verbraucher/-innen, keine Gerichts- oder Anwaltskosten. Herr Plum, aus der Praxis müssten Sie schon wissen, dass es auch für rechtsschutzversicherte Verbraucher/-innen natürlich ein großer Anreiz ist, dieser Klage beizutreten, weil sie diese vielen Termine nicht wahrnehmen müssen, weil sie die Selbstbeteiligung nicht zahlen müssen, weil sie sich auf den Verband verlassen können, der diesen Prozess für sie führt. Am Ende scheitert die Wahrnehmung von Rechten ganz oft nicht am Mut, sondern am Geldbeutel. Und diesen Konflikt können wir mit der Verbandsklage für Verbraucher/-innen auch beseitigen.
(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Dr. Thorsten Lieb [FDP])
Diejenigen, die sich im Klageregister angemeldet haben, können dann, wie gesagt, abwarten, was der Prozess ergibt – es gibt einen Vergleich oder auch ein Urteil –, und dann entscheiden, ob sie sich dem anschließen und das Ergebnis für sich gelten lassen wollen. Im weiteren Verfahren wird ein vom Gericht bestellter Sachwalter dafür sorgen, dass der ausgeurteilte Schadensersatzbetrag dann an alle Verbraucher/-innen, die sich in diesem Klageregister angemeldet haben, verteilt wird. – So weit zu den Eckpunkten.
Ich möchte auf die Justizentlastung zurückkommen, die ja im Zusammenhang mit der Verbandsklage wirklich wesentlich ist. Zwar werden jährlich nur geschätzt 15 Verbandsklagen erwartet, aber auf der anderen Seite muss man sehen, dass die Justiz von – auch geschätzt – 20 000 Einzelklagen oder Einzelverfahren entlastet wird.
Als zuständige Berichterstatterin möchte ich mich bei meinen Kolleginnen und Kollegen von Bündnis 90/Die Grünen und der FDP sowie beim Justizministerium für die aufschlussreichen Gespräche bedanken. Wir haben im Rahmen dieser Gespräche den Gesetzentwurf entsprechend nachgebessert. Wir haben dafür gesorgt, dass die Anforderungen für die Zulässigkeit der Klage abgesenkt werden, indem wir den Verbänden nur noch aufgeben, nachvollziehbar darzulegen, dass 50 Verbraucher/-innen betroffen sein könnten. Dieser Umstand ist ein Unterschied zu der ursprünglich vorgesehenen Glaubhaftmachung, die doch wesentlich schwieriger und bürokratischer ist.
Dass wir den Zeitpunkt für die Anmeldung für Sie, liebe Verbraucher/-innen, zu diesem Verfahren möglichst weit nach hinten verschoben haben, ist auch sinnvoll.
(Zuruf des Abg. Dr. Martin Plum [CDU/CSU])
Aus unserer Sicht ist das ein belastbarer Zeitrahmen, innerhalb dessen Verbraucherinnen und Verbraucher entscheiden können, ob sie sich zu diesem Verfahren anmelden. Denn nach Schluss der mündlichen Verhandlung liegt eine belastbare Tatsachengrundlage vor. Man weiß ungefähr: In welche Richtung geht der Prozess? Passt er zu meinem Schaden, den ich geltend machen möchte? Und hat die Klage überhaupt Aussicht auf Erfolg? Der späte Anmeldezeitpunkt ist aber nicht nur für die Verbraucher/-innen, sondern auch für die Verbände sehr wichtig. Diese erhalten die benötigte Zeit, um die Klage öffentlichkeitswirksam bekannt zu machen und auch möglichst viele geschädigte Verbraucher/-innen für dieses Verfahren einzusammeln.
Ganz kurz noch. Wir haben den Streitwert noch einmal herabgesetzt von ursprünglich 510 000 Euro auf 300 000 Euro. Das macht auch Sinn. Es geht darum, das Kostenrisiko der Verbände, die klagen, klein zu halten
(Dr. Martin Plum [CDU/CSU]: Was ist mit den Kosten der Unternehmen?)
und das, was die Richtlinie vorgibt, Verbraucherrechtsschutz durchzusetzen, auch weitgehend möglich zu machen.
Wir haben die Drittfinanzierung in den Fokus genommen. Das war auch wichtig, da wir natürlich wollen, dass möglichst die Verbraucher/-innen von dem ausgeurteilten Schadensersatzbetrag profitieren und nicht der Drittfinanzierer. Deshalb haben wir die Leistung, die der Drittfinanzierer am Ende beanspruchen kann, auf 10 Prozent begrenzt.
Liebe Linke, zu Ihrem Entschließungsantrag. Die Richtlinie gibt uns einen Umsetzungsspielraum. Ich hätte mir da auch noch vieles vorstellen können. Aber wir haben uns in diesen Gesprächen auf einen wirklich guten Gesetzentwurf für Sie, liebe Verbraucherinnen und Verbraucher, geeinigt.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Verbandsklagen sind gerecht. Ich kann mir auch in anderen Bereichen solche Verbandsklagen sehr gut vorstellen; denn sie stellen ein Gleichgewicht her, wo ein Ungleichgewicht besteht. Deshalb bitte ich Sie und wünsche mir, dass Sie heute im Sinne unserer Verbraucherinnen und Verbraucher zahlreich dem Gesetz zustimmen. Und ich bin mir sicher, dass die Göttin Justitia heute auf jeden Fall ein Lächeln auf ihren Lippen hat.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP und des Abg. Dr. Till Steffen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] – Dr. Martin Plum [CDU/CSU]: In ein paar Monaten nicht mehr!)
Das Wort hat der Kollege Stephan Mayer für die CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7556368 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 116 |
Tagesordnungspunkt | Verbandsklagenrichtlinienumsetzungsgestz |