Stephan MayerCDU/CSU - Verbandsklagenrichtlinienumsetzungsgestz
Sehr verehrte Frau Präsidentin! Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Als ich Ende April in der ersten Lesung zum Umsetzungsgesetz zur Verbandsklagenrichtlinie gesprochen habe, habe ich gesagt: Der Entwurf der Bundesregierung ist gut gemeint, aber schlecht gemacht. – Und ich muss leider jetzt, nach den parlamentarischen Beratungen und dem im Ausschuss vorgelegten Änderungsantrag der Ampelkoalition, feststellen: Dieser Entwurf ist noch mal deutlich verschlimmbessert worden.
Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, um eines für die CDU/CSU-Fraktion klar festzustellen: Verbandsklagen im richtig verstandenen und im richtig austarierten Sinne machen in der heutigen Zeit sehr wohl Sinn. Aber so, wie das Instrument der Verbandsklage jetzt durch diesen Änderungsantrag justiert wurde, ist aus meiner Sicht in der Ampelkoalition in jeder Hinsicht Maß und Mitte verloren gegangen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Ich muss ganz ehrlich sagen: Ich bin enttäuscht. Bundesjustizminister Buschmann, der ja in der ersten Lesung anwesend war, hat zwar fleißig mitgeschrieben, als der Kollege Dr. Plum und ich ganz konkrete Änderungsvorschläge zum § 28, zum § 38, zu den §§ 45 ff. VDuG gemacht haben, aber leider ist keiner dieser konstruktiven Änderungsvorschläge, die wir unterbreitet haben, in diesen Änderungsantrag aufgenommen worden. Aber nicht nur unsere Änderungsvorschläge wurden ignoriert, auch sämtliche Änderungsvorschläge der Bundesrechtsanwaltskammer, des Deutschen Anwaltvereins, des Deutschen Richterbundes und auch der Länder
(Clara Bünger [DIE LINKE]: Und der Linken!)
sind von der Ampel in den Wind geschlagen worden.
Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, um auch mal deutlich zu machen, wo die fehlende Austarierung dieses Gesetzentwurfes liegt: Die weitere Absenkung der Streitwertgrenze auf 300 000 Euro entspricht in keiner Weise einer fairen Kosten- und Risikoverteilung zwischen der Klägerseite und der Beklagtenseite. Und genauso unreell ist es, dass man es der Klägerseite, der Klage erhebenden Stelle, ermöglicht, bis drei Wochen nach Ende der Beweisaufnahme, nach der letzten mündlichen Verhandlung zu entscheiden, ob man sich dieser Verbandsklage anschließt oder nicht. Da liegen ja die Fakten endgültig auf dem Tisch. Das ist, wie wenn das Spielfeld bereitet ist, im Grunde genommen klar ist, wer das Spiel gewinnen wird. Dann zu entscheiden, ob man sich diesem Spiel anschließt oder nicht, ist ein relativ leichtes Unterfangen.
(Luiza Licina-Bode [SPD]: Das ist im Sinne der Richtlinie!)
Das, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, hat mit einer reellen, einer fairen Verteilung der Risiken zwischen der Klägerseite und der Beklagtenseite überhaupt nichts zu tun.
(Beifall bei der CDU/CSU – Luiza Licina-Bode [SPD]: Doch! Das hat ganz viel damit zu tun!)
Aus meiner Sicht ist eine weitere Verschlimmbesserung dieses Entwurfes, dass im § 21 VDuG die nachträgliche weitere Erhöhung des kollektiven Gesamtwertes möglich ist. Die Beklagtenseite muss schon auch wissen, auf was sie sich einzustellen hat.
(Linda Heitmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die armen Unternehmen!)
Und dass im Nachhinein, nachdem die Verbandsklage abgeschlossen ist und es um die Umsetzung geht, noch einmal die Gesamtsumme, der kollektive Gesamtwert, der zur Disposition steht, erhöht werden kann, das ist, mit Verlaub, in keiner Weise fair gegenüber der Beklagtenseite.
Und ein weiterer erheblicher struktureller Fehler in diesem Gesetzentwurf ist – und da gehen Sie auch weit über den Anwendungsbereich der EU-Richtlinie hinaus –, dass selbst nach einer abgeschlossenen Verbandsklage noch eine Vielfalt an Individualklagen möglich sein wird. Das entspricht eben genau nicht dem Ziel, das auch wir mit diesem Umsetzungsgesetz verbinden, nämlich dass die Justiz in Deutschland entlastet wird, dass es zu einer Effektivierung der Justiz kommt. Es wird sogar zu einer Zunahme der Klagen kommen, dergestalt wie Sie diese Richtlinie umgesetzt haben.
Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, abschließend ist zu sagen: Leider ist die Möglichkeit, das Potenzial nicht genutzt worden. Das lag auch an dem Zeitdruck. Sie haben sich als Regierung 16 Monate Zeit gelassen, bis Sie den Entwurf vorgestellt haben. Jetzt war die Eilbedürftigkeit wieder groß. Und natürlich ist es notwendig, das Instrument der Massenfeststellungsklage attraktiver zu machen. Dass in den letzten vier Jahren nur 33 Klagen eingereicht wurden – bei erwarteten 450 Klagen im Jahr –, ist bedauerlich. Aber mit diesem Gesetz wird dem Wunsch nach Attraktivierung der Verbandsklage in keiner Weise Rechnung getragen. Und deswegen werden wir als CDU/CSU diesem Gesetzentwurf die Ablehnung erteilen und die Zustimmung verweigern.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU – Luiza Licina-Bode [SPD]: Das ist ja klar! Das haben wir nicht anders erwartet!)
Das Wort hat die Kollegin Linda Heitmann für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7556369 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 116 |
Tagesordnungspunkt | Verbandsklagenrichtlinienumsetzungsgestz |