Volkmar KleinCDU/CSU - Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das war wirklich eine sehr bemerkenswerte Haushaltsrede der Ministerin. In ihrer neunminütigen Rede ist sie gerade mal in den letzten 60 Sekunden auf das Thema Haushalt zu sprechen gekommen. Kein Wunder! Es ist ihr peinlich.
(Thomas Rachel [CDU/CSU]: So ist es!)
Denn wenn man sich den Haushalt anschaut, stellt man fest: Er sinkt deutlich,
(Thomas Rachel [CDU/CSU]: Ja!)
erneut, zum dritten Mal in Folge,
(Bettina Hagedorn [SPD]: Wie bitte?)
diesmal um 5,3 Prozent, von 12,1 Milliarden Euro auf 11,5 Milliarden Euro. Weitere Kürzungen sind angekündigt und absehbar.
Heute Mittag hat VENRO als Pressemitteilung herausgegeben – ich zitiere mal daraus –:
„Nach den aktuellen Plänen der Bundesregierung soll die Entwicklungszusammenarbeit in dieser Legislaturperiode um rund ein Viertel und die humanitäre Hilfe sogar um mehr als 40 Prozent gekürzt werden.
‚Es ist kurzsichtig und unverantwortlich …ʼ“
Und dann wird das weiter begründet. VENRO hat recht. Das ist doch die Realität.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Und das ist schon ein riesengroßer Kontrast zu früheren Zeiten bei Angela Merkel und Gerd Müller,
(Bettina Hagedorn [SPD]: Hahaha!)
für die die internationale Verantwortung ein Herzensanliegen und ein Vernunftgebot gewesen sind.
(Paul Ziemiak [CDU/CSU]: So ist es!)
Der Haushalt ist 15-mal in Folge gestiegen. Die schönen Geschichten am Rande, die die Ministerin gerade erzählt hat, sind alle schön und gut und finden unsere Unterstützung. Das muss sich aber doch auch in den Zahlen wiederfinden.
(Beifall bei der CDU/CSU – Agnieszka Brugger [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es ist ja nicht so, dass Herr Müller es immer so einfach hatte in der CDU!)
Es ist aber nicht nur ein Kontrast zur früheren Regierung, sondern ein Kontrast zu den eigenen Ankündigungen. Zeitenwende? Das ist doch mal in den Raum gestellt worden. Zeitenwende bedeutet doch: Wir brauchen eine andere Reaktion auf außenpolitische Realität. Wir müssen mehr an internationaler Partnerschaft arbeiten. Dieser Haushalt ist genau das Gegenteil von Zeitenwende. Wenn dann ausgerechnet auch noch der Titel „Krisenbewältigung und Wiederaufbau, Infrastruktur“ sogar um 22 Prozent sinkt: Zeitenwende? Das passt doch alles nicht zusammen.
(Beifall bei der CDU/CSU – Bettina Hagedorn [SPD]: Vor allem passt eure Argumentation nicht zusammen!)
Wenn dann, statt Geld zu geben, eher mit dem belehrenden Zeigefinger auf unsere Partnerländer in Afrika gezeigt wird mit allen möglichen Vorgaben – von Augenhöhe keine Rede – und dann obendrein noch Hilflosigkeit gegenüber der Tatsache zu beobachten ist, dass immer mehr Länder dort lieber mit China als mit uns über ihre weitere Entwicklung reden, dann passt das alles nicht zusammen. Das heißt, dass diese Regierung nicht nur wirtschaftlich eine Abstiegskoalition für Deutschland ist.
(Beifall bei der CDU/CSU – Felix Banaszak [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Tätä! Tätä! Tätä!)
Ja, das Geld ist knapp. Aber wenn das so ist – die Ministerin hat ja sogar gesagt, daran müssten wir uns strategisch orientieren –, dann muss doch Teil der Strategie sein, Geld zu hebeln. Aber zum Beispiel der Titel „Entwicklungspartnerschaft mit der Wirtschaft“ ermöglicht ja genau ein solches Hebeln. Die Ministerin denkt aber wahrscheinlich immer noch, das seien irgendwie Subventionen für die Wirtschaft in Deutschland. Aber das ist ja Unfug. Stattdessen werden aus diesem Titel Wirtschaftsstrukturen vor Ort gestärkt, zum Beispiel über Mikrokreditprogramme, die von der Sparkassenstiftung organisiert werden.
Vielleicht eine kleine Anekdote am Rande: Die Ministerin stellt ja auch immer wieder die Förderung von Frauen so in den Mittelpunkt; aber hier werden erneut genau an dieser Stelle die Gelder drastisch gekürzt.
(Paul Ziemiak [CDU/CSU]: Skandal!)
Denn Mikrokredite gehen zum allergrößten Teil an Frauen, weil die mehr Verantwortung für die Entwicklung ihrer Volkswirtschaften empfinden und das Geld deswegen dort besser aufgehoben ist. Das ist die Realität.
Aber die Realität dieses Haushaltes geht in eine völlig andere Richtung. Wir brauchen viel mehr – und das ist eben auch Inhalt dieses Titels – Überzeugung und Information, auch für Unternehmen hier, bitte vielleicht einmal in Entwicklungsländern tätig zu werden, weil wir wissen, dass das mit staatlichen Mitteln alleine nicht geht. Das alles wäre der richtige Weg, die knappen Mittel zu hebeln. Davon sind wir aber weit entfernt.
Ich glaube, dass diese Abstiegskoalition gerade auch auf wirtschaftlichem Gebiet vielleicht gerade von dieser Ministerin dazu aufgerufen werden müsste, eine erfolgreichere Wirtschaftspolitik zu machen, weil am Ende nicht nur die Unternehmen erfolgreich dort investieren sollen, sondern eine erfolgreiche Wirtschaft bei uns auch die Basis für Steuereinnahmen ist, die Basis für Spielraum, eben auch für die ja traditionell gute Arbeit in diesem Ministerium.
Ich würde mir wünschen, dass wir alle daran arbeiten – und endlich auch diese Regierung –, dass unsere Wirtschaft nicht den Bach runtergeht, dass Möglichkeiten und Spielräume erhalten bleiben, dass wir die internationale Verantwortung, die Deutschland traditionell in den letzten Jahrzehnten übernommen hat, auch weiterhin übernehmen können und dass wir den Begriff „Zeitenwende“ auch wirklich mit Leben füllen können. Wir als CDU/CSU-Fraktion wollen das.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Für Bündnis 90/Die Grünen hat das Wort Agnieszka Brugger.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7556699 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 117 |
Tagesordnungspunkt | Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung |