05.09.2023 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 117 / Einzelplan 23

Carsten KörberCDU/CSU - Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Seit Monaten erleben wir eine Regierungskoalition, die augenscheinlich von nichts anderem mehr zusammengehalten wird als von der gemeinsamen Angst vor dem Wähler. Der Zustand der Ampelregierung ist, gelinde gesagt, desaströs. Dabei ist die Ampel doch mal angetreten, um mehr Fortschritt zu wagen. Ihre Politik aber ist in etwa so gehaltvoll, dass sie sich auch mit viel Wohlwollen nur noch als dünnes Süppchen beschreiben lässt.

Wir beginnen heute mit den parlamentarischen Beratungen zum neuen Haushaltsentwurf der Regierung. Aber allein schon das Haushaltsaufstellungsverfahren hat für Staunen und Verwunderung gesorgt – ein noch nie dagewesenes Chaos. Die Vorstellung der Eckwerte: erst verschoben, dann komplett gestrichen. Der Kabinettsbeschluss: dreimal verschoben und dann erst kurz vor der Sommerpause beschlossen, als es gar nicht mehr anders ging. Und dann das Ergebnis: Was uns die Regierung hier mit diesem Haushalt präsentiert hat, kann wirklich nur als dünnes Süppchen bezeichnet werden.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Denn viele Fragen bleiben offen: Was macht denn die Regierung mit diesem Haushalt gegen die Inflation? Wie nimmt die Regierung den Menschen die Angst vor dem wirtschaftlichen Abstieg? Wie verhindert die Regierung, dass nicht wieder 130 Milliarden Euro an Direktinvestitionen mehr aus Deutschland abfließen, als hier investiert wurden?

(Zuruf des Abg. Otto Fricke [FDP])

Auch darauf keine Antwort im Haushalt dieser Abstiegskoalition.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Der BMZ-Etat sinkt um gut 5 Prozent und damit etwas geringer als der Gesamtetat.

(Bettina Hagedorn [SPD]: Na gut, dass du das entdeckt hast!)

Aber für mich spricht der Etat trotzdem eine klare Sprache: Die Ministerin dringt im Kabinett nicht durch. Die Entwicklungszusammenarbeit spielt entgegen anderslautenden Behauptungen ganz augenscheinlich für die Ampel doch bestenfalls nur eine untergeordnete Rolle.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wer als Ministerin vor dem Kabinettsbeschluss erklärt, dass zum Beispiel Militärausgaben wichtiger seien als EZ-Mittel, der muss wegen Geld beim BMF natürlich gar nicht mehr anklopfen.

Lieber Kollege Körber, erlauben Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Fricke?

Ja, bitte.

Lieber Kollege Körber, ich sitze ja nun schon seit heute Morgen in der Debatte und werde das wie die meisten Haushälter auch noch den Rest der Woche tun. Ich möchte Sie erst einmal in Schutz nehmen. Wären Sie zum Zeitpunkt der letzten Bereinigungssitzung gesund gewesen, hätten Sie wahrscheinlich dafür gesorgt, dass Ihre Fraktion noch Anträge auf Erhöhung des Etats gestellt hätte und wahrscheinlich an anderen Stellen – ich vermute mal, bei Verteidigung, bei innerer Sicherheit oder Sonstigem – eingespart hätte.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD)

Leider ist es Ihrer Arbeitsgruppe nicht gelungen, alleine irgendeinen Antrag zu stellen, wobei man sagen könnte: Es hätte ja auch was kommen können. – Dennoch haben Sie es versäumt, dann im Plenum einen Antrag auf Erhöhung zu stellen. Auch diese Möglichkeit hat niemand hier wahrgenommen, obwohl Sie das beim letzten Mal auch noch hätten machen können.

Deswegen möchte ich jetzt gerne wissen, nachdem der Kollege Ziemiak das ja nicht konkret beantworten konnte: Sie sind der Meinung, wie Sie gerade sagten: „Die 5 Prozent, das ist zu viel“? Obwohl ich sagen muss, dass die Ministerin damit mehr erreicht hat als viele andere, deren Einzelpläne viel stärker wieder auf eine Normalisierung mussten.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)

Kann ich davon ausgehen, dass die CDU/CSU dieses Mal im Verfahren im Haushaltsausschuss Erhöhungsanträge stellen wird, sodass diese 5 Prozent wieder wettgemacht werden? Und zweitens: Kann ich davon ausgehen, dass Sie uns auch sagen, wo Sie das einsparen werden? Ich gucke mir, auch bei den nächsten Einzelplänen, nachher genau an, was Ihre Leute dann sagen. Ich höre morgens: „Ihr spart zu wenig“, höre hier jetzt nachmittags: „Ja, ihr spart zu viel“. Vielleicht könnten Sie dieses Rätsel für mich lösen. Ich bin mir sicher, auch der Kollege Banaszak wäre sehr glücklich, wenn er dazu was hören könnte.

(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Felix Banaszak [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: In der Tat! Er spricht mir aus der Seele! – Ulrich Lange [CDU/CSU]: Wir haben gesagt: „Ihr priorisiert zu schlecht“!)

Vielen Dank, sehr geehrter Herr Kollege Fricke. Danke, dass Sie mir die Möglichkeit geben, das hier noch mal klarzustellen. Vorab auch Danke, dass Sie mit Blick auf die Bereinigungssitzung im letzten Jahr noch mal die Fakten genannt haben. Gegen eine Coronaerkrankung, die sich lange hingezogen hat, kann man nun mal nichts machen.

(Otto Fricke [FDP]: Nein!)

Die Position der CDU/CSU-Bundestagsfraktion ist mit Blick auf den Haushalt – auch auf den 2024er-Haushalt – ganz klar: Wir erachten es für richtig, dass der Bundesfinanzminister anstrebt, wieder zu geordneten haushalts- und finanzpolitischen Verhältnissen zurückzukommen,

(Beifall bei Abgeordneten der FDP – Bettina Hagedorn [SPD]: Das Kabinett!)

und damit die Schuldenbremse wieder einhält.

(Agnieszka Brugger [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aha! Wo wollen Sie denn die 5 Prozent kürzen?)

Dazu gehört natürlich auch, dass in einigen Einzelplänen gekürzt werden muss. Der Gesamtetat geht um 6,4 Prozent runter, der Etat des BMZ um gut 5 Prozent. Das ist ein unterdurchschnittlicher Abwuchs, und das akzeptieren wir.

(Nadja Sthamer [SPD]: Aha! Nicht für alle aus Ihrer Fraktion ist das so deutlich!)

Was wir aber kritisieren, ist die Schwerpunktsetzung im Etat.

(Paul Ziemiak [CDU/CSU]: So ist es! – Felix Banaszak [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Redet ihr miteinander?)

Sie, Kollege Fricke, werden in den Haushaltsberatungen keine Anträge von der Unionsfraktion sehen, die am Gesamtetat des Einzelplans 23 rütteln. Sie werden Anträge sehen – alle gegenfinanziert –, die Umschichtungen im Etat nach sich ziehen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Felix Banaszak [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist doch ein Widerspruch zu Herrn Klein! Kennen Sie einander? Soll ich Sie mal vorstellen?)

Damit komme ich gleich zu einem ganz konkreten Punkt: Die Mittel werden weniger, und man muss, wie es auch die Ministerin richtig gesagt hat, Wege finden, diese so effektiv und effizient wie möglich einzusetzen. Da gibt es doch Mittel und Wege, in dieser besonderen Situation auch mal kreativ zu sein.

(Dr. Till Steffen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Kreativ?)

Aber das muss man wollen, und das sehe ich im aktuellen Etat eben nicht.

Hier könnte doch zum Beispiel, Herr Kollege Fricke, die Wirtschaft ins Spiel kommen.

(Nicolas Zippelius [CDU/CSU]: Da muss man auch mal zuhören!)

Wie der Zufall so will, gibt es im Einzelplan 23 einen Titel, der den Namen „Entwicklungspartnerschaft mit der Wirtschaft“ trägt. Hier könnte man doch ansetzen. Aber was macht die Ministerin, was macht das BMZ? Sie kürzt gerade diesen Titel überdurchschnittlich um 8 Prozent. Dabei wissen wir alle, dass sich mit den Geldern aus diesem Titel zusammen mit den Mitteln aus der Wirtschaft einiges hebeln lässt. Aber offenbar hat man im BMZ wenig Interesse an einer vertieften Zusammenarbeit mit der Wirtschaft, was ich sehr bedaure.

(Beifall bei der CDU/CSU – Volkmar Klein [CDU/CSU]: Schlimm genug!)

Und nicht nur das; es geht ja noch weiter. Aktuell vermeldet der Flurfunk im BMZ,

(Bettina Hagedorn [SPD]: Ah!)

man wolle den Wirtschaftstitel umwidmen, um daraus künftig verstärkt internationale Zusammenarbeit mit Gewerkschaften zu finanzieren. Wenn sich das realisieren sollte, dann wäre das ein unfassbarer Vorgang.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Deborah Düring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Auf Flurfunk sollte man generell nicht hören!)

Wie man aus der EZ-Community so hört, ist man auch dort mit dem Agieren der Ministerin höchst unglücklich. Das muss man als SPD-Ministerin erst mal schaffen.

Ja, ich werde jetzt wieder Geraune im Saal produzieren, wenn ich sage: Dem Vorgänger Gerd Müller ist es gelungen, acht Jahre in Folge erfolgreich zu verhandeln und den Etat zu steigern.

(Agnieszka Brugger [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja! Gegen die Union! – Zuruf der Abg. Deborah Düring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Diesen Verhandlungserfolg soll der ehemalige Finanzminister Olaf Scholz Gerd Müller heute noch übel nehmen. Spötter behaupten sogar, das sei der Grund, weshalb die aktuelle BMZ-Hausleitung Gerd Müller – immerhin der ranghöchste Deutsche bei den Vereinten Nationen – bis heute schneidet und ihm auch wichtige Termine verweigert.

(Dr. Johannes Fechner [SPD]: Blödsinn! – Bettina Hagedorn [SPD]: Das stimmt nicht! – Weitere Zurufe von der SPD)

Der Kanzler kann sich in letzter Zeit ja an vieles nicht mehr so richtig erinnern. Aber wenn er mal beleidigt ist, dann vergisst ein Olaf Scholz das offenbar nicht so schnell.

Jede andere Regierung auf der Welt würde doch eine UN-Organisation mit einem Landsmann an der Spitze nach Kräften unterstützen.

(Zuruf der Abg. Deborah Düring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Aber was macht die Ampel? Sie lässt Müller im Regen stehen und nimmt sogar die Mittelerhöhung der eigenen Berichterstatter wieder zurück. Sie missachtet damit den klaren Willen der eigenen Haushälter.

(Thomas Rachel [CDU/CSU]: Das ist ja unerhört!)

Das ist nicht nur planlos und stümperhaft; das ist auch sehr unklug für eine Regierung,

(Beifall bei der CDU/CSU)

und das vor dem Hintergrund eines angestrebten Sitzes Deutschlands im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen 2027. Kluges, strategisches Handeln geht anders.

Ich freue mich auf die spannenden Beratungen in den nächsten Wochen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Till Steffen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das wird spannend!)

Ich grüße Sie alle sehr herzlich und freue mich, Sie nach der sitzungsfreien Zeit zu sehen, die für manche eine Pause war, nicht für alle durchgängig, und das ist auch gut so.

Ich gebe das Wort der Kollegin Bettina Hagedorn für die SPD-Fraktion.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7556714
Wahlperiode 20
Sitzung 117
Tagesordnungspunkt Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung
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