Thorsten FreiCDU/CSU - Abstimmung über Tagesordnung
Verehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! „ Das ist ein sehr seriöses Gesetzgebungsverfahren“; das waren die Worte des Bundeskanzlers Olaf Scholz Anfang Juli, als er versucht hat, unliebsame Kritik an diesem Heizungsgesetz abzuwehren. Keine drei Tage später gibt es eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, die viele Zeitungen einfach nur als „Klatsche“ für den Bundeskanzler und die Koalition bezeichnet haben – völlig zu Recht.
Liebe Frau Mast, Sie sprechen hier von „Planungssicherheit“, von „Respekt“. Ich frage mich, wo dieser Respekt Ihrerseits bleibt.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der AfD und der LINKEN)
Lesen Sie doch mal die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts! Lesen Sie sie doch mal! Da steht drin: Der Deutsche Bundestag hat das Recht, über diese Frage abzustimmen, und er hat „auch das Recht zu beraten“ – zu beraten!
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Dr. Till Steffen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja!)
Und was ist in der Zwischenzeit passiert? Was ist seit dieser Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts passiert? Gar nichts ist passiert!
(Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich hoffe schon! Ich hoffe, Sie haben es gelesen! – Gegenruf der Abg. Dorothee Bär [CDU/CSU]: Es geht ja nicht um Lesen!)
Es gab keine Expertenanhörung. Es gab keine Ausschusssitzung. Es gab nichts, was Sie unternommen haben, um dieses Gesetz tatsächlich zu beraten.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der AfD und der LINKEN)
Ganz im Gegenteil: Sie legen uns das exakt gleiche Gesetz am Ende dieser Woche noch mal vor
(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Das kann man „Chuzpe“ nennen!)
und verfahren weiter nach dem Motto: Friss, Vogel, oder stirb! – Das ist nicht angemessen; das entspricht nicht dem, was das Bundesverfassungsgericht gesagt hat.
(Beatrix von Storch [AfD]: Antidemokratisch!)
Deswegen lehnen wir es ab, dass dieses Gesetz am Freitag zur zweiten und dritten Lesung aufgesetzt wird.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Es ist ja auch nicht ausberaten. Sie sagen, mit diesem Gesetz wollen Sie CO
(Christian Dürr [FDP]: Ja, aber das ist keine Planwirtschaft!)
Ihre Antwort: Wir wissen es nicht.
(Christian Dürr [FDP]: Weil wir keine Planwirtschaft haben! – Weitere Zurufe von der SPD und der FDP)
Sie wissen es nicht. Sie wollen ein Gesetz verabschieden, das den Steuerzahler und den Staat Unsummen Geld kostet, und Sie wissen gar nicht, welche Wirkung Sie damit erzielen.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der AfD und der Abg. Jessica Tatti [DIE LINKE] – Christian Dürr [FDP]: Das ist Marktwirtschaft!)
Sie sind im Blindflug unterwegs.
Wenn man die Fragen stellt: „Warum tun Sie es dann? Warum peitschen Sie dieses Gesetz in einer Haushaltswoche, die eigentlich frei bleiben soll von anderweitigen Gesetzesvorhaben, durch das Parlament? Warum tun Sie es?“, zeigt sich:
(Beifall bei der CDU/CSU, der AfD und der LINKEN)
Sie haben Angst vor der Beratung. Sie haben Angst vor Ihrer Zerstrittenheit. Sie haben Angst vor den Fliehkräften in der Koalition. Diese Mischung aus führungsschwachem Bundeskanzler und Zerstrittenheit in der Ampel schadet dem Parlamentarismus.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der AfD – Zurufe von der SPD)
Ich will an der Stelle gerne einen früheren Präsidenten des Parlaments zitieren: Norbert Lammert. Er hat gesagt – Zitat –:
(Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Lieber nicht! Dem ist das peinlich!)
„... dass eine vitale Demokratie nicht daran zu erkennen ist, dass am Ende Mehrheiten entscheiden, sondern daran, dass auf dem Weg bis zur Entscheidung Minderheiten ihre Rechte wahrnehmen können. Dafür zu sorgen, ist die nicht immer einfache, aber nach meinem Verständnis vornehmste Aufgabe des Parlamentspräsidenten.“
(Zuruf des Abg. Christian Dürr [FDP])
Liebe Kolleginnen und Kollegen, es ist ein einmaliger Vorgang, dass das Bundesverfassungsgericht in die Verfahrenshoheit und Autonomie des Verfassungsorgans Bundestag eingreifen musste,
(Friedrich Merz [CDU/CSU]: Ja!)
um die Rechte des einzelnen Abgeordneten gegen die Parlamentsmehrheit zu schützen.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der AfD und der LINKEN)
Das ist Arroganz; das ist Respektlosigkeit gegenüber dem Bundestag, gegenüber dem Bundesverfassungsgericht und am allerschlimmsten gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern dieses Landes, die einen Anspruch darauf haben, dass wir hier ordentliche Gesetzgebung machen. Deshalb lehnen wir die Aufsetzung dieses Gesetzes am Freitag ab.
(Beifall bei der CDU/CSU, der AfD und der LINKEN)
Nächste Rednerin zur Geschäftsordnung: für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Dr. Irene Mihalic.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7556750 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 117 |
Tagesordnungspunkt | Abstimmung über Tagesordnung |