05.09.2023 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 117 / Einzelplan 20

Mathias MiddelbergCDU/CSU - Allgemeine Finanzdebatte

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Geschätzte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Ich komme mal gleich zur Sache und auch zum Punkt: Der Eindruck dieser Rede sollte wohl sein, diese Regierung hätte ein Konzept, einen Plan für dieses Land, wohin sie dieses Land führen will.

(Dr. Paula Piechotta [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir haben mehr Konzepte als Ihr Grundsatzprogramm!)

Nach der Rede – das sage ich Ihnen ganz offen, Herr Minister – hat man den Eindruck: Vielleicht hat die FDP noch einen Plan;

(Beifall bei Abgeordneten der FDP)

denn da wurde ab und zu geklatscht. Aber in den anderen Regierungsfraktionen haben wir das nicht wahrgenommen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Bei allen entscheidenden Punkten, die Sie angesprochen haben – Geldwertstabilität, Schuldenbremse, bei marktwirtschaftlichen Lösungen hin zu Wachstum, der Frage der Grundlast bei der Energie oder zum Schluss bei der Frage, wie wir die Rente finanzieren –, haben wir keine einzige Hand hier in der SPD- und der Grünenfraktion gesehen, die sich zum Applaus bewegt hätte.

(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Besser ist es!)

Einzig und allein Ihre kleine Fraktion hier in der Mitte hat Ihnen Applaus gespendet. Was Sie vorgestellt haben, Herr Minister, ist ganz offensichtlich nicht der Haushaltsentwurf der Regierung, sondern der Haushaltsentwurf der FDP. Man hat fast den Eindruck: Christian allein zu Haus.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Lachen bei Abgeordneten der FDP)

Das sage ich Ihnen ganz offen: Sie haben vielleicht früher mal ein Konzept gehabt, als Sie sich hier zur Regierung zusammengefunden haben vor zwei Jahren. Da lief die Wirtschaft noch, da war die Inflation noch sehr niedrig, und die Zinsen waren bei null. Da sind Sie sich einig geworden: Die SPD kriegt viel Geld für Soziales, die Grünen kriegen viel Geld fürs Klima, und Sie kriegen zwei Zusagen: Einhaltung der Schuldenbremse und keine Steuererhöhungen. Und jetzt stellen Sie fest: Diese Party ist vorbei. – Wir haben nämlich jetzt eine hohe Inflation, wir haben hohe Zinsen, und die Wirtschaft in diesem Land steht am Scheideweg.

Jetzt müssten Sie eigentlich eine Entscheidung treffen, und zwar: Wir schmeißen unseren Koalitionsvertrag mal in die Ecke; der ist nämlich nichts mehr wert, der hat keine Geschäftsgrundlage mehr. – Die FDP erkennt das ansatzweise; das will ich Ihnen ausdrücklich zubilligen. Aber die Regierung insgesamt erkennt es nicht und verarbeitet es nicht. Bei SPD und Grünen gibt es nur eine Lösung, die immer wieder diskutiert wird, nämlich doch zusätzliche Schulden zu machen. Die Rede, die Sie eben hier gehalten haben, Herr Minister, die haben Sie an Ihre Fraktion in Ihrer Ampelregierung gehalten. An uns müssen Sie die nicht halten. Das wäre nicht erforderlich gewesen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Sie müssen sehen, dass Sie Ihre Regierung auf Kurs kriegen und hier keine falschen Eindrücke erwecken. Fakt ist: Diese Regierung hat eben keine einheitliche Linie, sie hat keinen Plan für dieses Land, und das ist in dieser schwierigen wirtschaftlichen Situation eine enorm bittere Botschaft für die Menschen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Sie verweisen auf die Krisen „Ukraine“ und „Energie“. Das Problem ist: Unter all diesen Krisen leiden die anderen Länder dieser Welt auch. Fast alle anderen Länder aber wachsen wirtschaftlich noch.

(Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber die haben auch höhere Defizite im Haushalt!)

Gucken Sie sich mal die OECD-Statistik für dieses Jahr an! Das einzige Land weit und breit, in dem die Wirtschaft schrumpft, ist Deutschland. Wir schrumpfen wirtschaftlich. Das ist das Ergebnis Ihrer Politik. Und wenn Sie so weitermachen, wird die Situation noch schlimmer werden. Sie müssten radikal das Ruder rumreißen in Richtung Wachstum.

(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Die CDU wird radikal! Hört! Hört! – Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das sind doch Plattitüden!)

Sie müssten eine echte, eine umfassende Zeitenwende im Haushalt vollziehen, nicht nur bei der Energie und nicht nur bei der Verteidigung, wo sie die Sachen in Sonderhaushalten auslagern, also quasi neben dem regulären Haushalt herlaufen lassen.

(Otto Fricke [FDP]: Die ihr geschaffen habt!)

Das, was Sie hier bewegen – Stichwort „Einsparung“ oder „Umschichtung“ –, ist eher minimal. Es sind gerade einmal 3,5 Milliarden Euro, die wirklich gespart werden in diesem Haushaltsentwurf. Alles Übrige sind Verschiebungen von Belastungen vom Bundeshaushalt in die Sozialkassen, oder es sind einfach unterstellte pauschale Mehreinnahmen oder Minderausgaben. Das ist im Kern Ihr Haushaltsentwurf.

Bei Ihnen konnte man es noch ansatzweise raushören, Herr Minister – das will ich Ihnen ausdrücklich zubilligen –, aber der Regierung spreche ich das insgesamt ab: Wirklicher Mut ist, den Menschen ehrlich zu sagen, wie ernst die Lage jetzt ist, wie ernst gerade auch die wirtschaftliche Lage ist und dass wir echt eine Zeitenwende bewältigen müssen, und zwar eben nicht nur bei Verteidigung und Energie, sondern auch bei künstlicher Intelligenz, beim Klimaschutz und bei den ganzen Umstellungen in der Mobilitätstechnologie. Das sind Riesenherausforderungen, vor denen unser Land steht.

Wir sind im Moment in der schwierigsten Phase überhaupt. Wir müssen den Menschen ehrlich sagen: Wir müssen uns jetzt wahrscheinlich alle wieder ein Stück weit mehr anstrengen. Wohlstand gibt es nicht umsonst, sondern er ist das Ergebnis harter Arbeit.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Das müssten Sie ehrlich und deutlich den Menschen in diesem Land sagen. Der Mut dazu aber fehlt Ihnen und fehlt dieser Regierung.

Ich will Ihnen konkret ein paar Punkte nennen: Sie müssten wirklich Bürokratie abbauen. Sie sprechen hier von Details – von diesen Hotelzetteln oder anderen Dingen –, sind aber Weltmeister darin, zusätzliches Personal, also zusätzliche Bürokratie, in die Bundesregierung zu schaufeln. 1 700 Neueinstellungen gerade in den Ministerien: Das ist absoluter Rekord. So viel hatten wir noch nie, bei keiner Bundesregierung vorher. 37 Parlamentarische Staatssekretäre: auch absoluter Rekord. Sie könnten sie hier stapeln, übereinanderlegen auf der Regierungsbank, und Sie hätten nicht genug Platz.

Sie müssten viel schneller digitalisieren. Damit könnten Sie viel Personal und auch viel Geld sparen; es geht ja hier auch ums Sparen. Dann machen Sie das! Sie sind doch alle angetreten vor der letzten Bundestagswahl und haben uns erzählt, wir bräuchten ein eigenes Digitalministerium, um die Kompetenzen zu bündeln. Was ist jetzt Fakt? Die Kompetenzen sind weiter zersplittert, und jeder Fachverband sagt Ihnen, dass Sie bei dem Thema keinen Zentimeter vorankommen. Das ist doch die Realität in diesem Land.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Sie müssten Deutschland als Investitionsstandort wieder wirklich attraktiv machen. Sie haben uns jetzt etwas zum Wachstumschancengesetz erzählt. Das ist ein kleiner Ansatz. Das ist ein Minischritt. Aber was machen Sie da zum Beispiel mit den Abschreibungen? Sie hatten in Ihrem Koalitionsvertrag sogar Superabschreibungen vereinbart, was ja ein richtiger Ansatz war. Dann machen Sie das doch – aber richtig kräftig! Was Sie hier machen, ist eine Bonsai-Lösung. Darauf geht doch keiner ein. Sie müssten hier in Deutschland wirklich einen Wettbewerb um Investitionen entfachen, zum Beispiel in die Klimatechnik, um die intelligentesten Klimalösungen. Das könnten Sie steuerlich anreizen. Das machen Sie aber nicht. Sie machen eine Klimapolitik mit Verboten und mit Bürokratie wie beim Heizungsgesetz. Sie marschieren in die völlig falsche Richtung.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Dann haben Sie hier eben selbst, Herr Minister, das Thema Arbeit beschworen. Es muss sich lohnen, wieder anzufangen zu arbeiten. Richtig ist das, und das auch im Kontext mit dem Thema Migration: Sie haben hier gelobt, wie toll Ihre Migrationspolitik sei. Ich kann nur feststellen: Ihre Migrationspolitik ist maximal chaotisch. Die ist maximal chaotisch. Die ganze irreguläre Migration läuft doch so weiter. Sie streiten sich permanent darüber, aber es passiert doch nichts.

Von den Syrern, die zum Teil seit vielen Jahren hier in Deutschland leben, arbeiten gerade einmal 32 Prozent sozialversicherungspflichtig; 55 Prozent beziehen Bürgergeld. Es wäre eine Riesenaufgabe für einen Arbeitsminister, sich mal darum zu kümmern, mit besserer Sprachschulung, besseren Sprachangeboten, damit wir den Menschen wirklich eine Brücke in den Arbeitsmarkt bauen. Das passiert nicht bei dem Thema – null. 100 000 Menschen mehr in Arbeit statt im Bürgergeld würden diesen Bundeshaushalt um bis zu 3 Milliarden Euro pro Jahr entlasten.

(Beatrix von Storch [AfD]: Wahnsinn!)

Ich sage Ihnen zum Schluss: 2017, Herr Minister, haben Sie die Sondierungsgespräche mit den Grünen und uns abgebrochen und haben damals wortwörtlich gesagt – ich zitiere –: Wir sind für Trendwenden gewählt worden. Aber sie waren nicht erreichbar – nicht bei der Entlastung der Bürger, nicht bei der Stärkung der Marktwirtschaft und auch nicht bei einer geordneten Einwanderungspolitik.

(Michael Schrodi [SPD]: Da hat er recht!)

Dann haben Sie geschlussfolgert: Besser nicht regieren als falsch regieren. – Wenn Sie die Schablone, die ich Ihnen eben mit Ihrem Zitat vorgelesen habe, auf die Situation heute anlegen, müssten Sie den gleichen Schluss ziehen. Im Interesse der Menschen dieses Landes wäre es wichtig, so zu handeln.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Nächster Redner: für die SPD-Fraktion Dennis Rohde.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7556760
Wahlperiode 20
Sitzung 117
Tagesordnungspunkt Allgemeine Finanzdebatte
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