05.09.2023 | Deutscher Bundestag / 20. EP / Session 117 / Einzelplan 20

Dennis RohdeSPD - Allgemeine Finanzdebatte

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Geschätzte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Middelberg, ich wäre ja jetzt gerne auf Ihre Haushaltspunkte eingegangen, aber leider habe ich keine gefunden.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Da haben Sie es mir relativ leicht gemacht.

Ich möchte an die letzte Debatte erinnern, die wir zum Haushaltsthema hier im Deutschen Bundestag kurz vor der Sommerpause geführt haben. Auf Antrag der Union sollten wir gemeinsam eine Haushaltskrise abwenden und einen Haushalt vorlegen. Ich möchte nur feststellen: Wir sind in der ersten Sitzungswoche nach der parlamentarischen Sommerpause. Der Haushalt hat uns fristgerecht erreicht. Wir diskutieren hier. Von einer Haushaltskrise ist dieses Land wirklich weit entfernt, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der SPD und der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Natürlich waren diese Debatten schwieriger als vielleicht andere Haushaltsverhandlungen zu anderen Zeiten. Das hängt eben damit zusammen, dass der Spielraum kleiner geworden ist. Das hängt eben damit zusammen, dass wir die Schuldenbremse einhalten werden. Das gibt uns die Verfassung vor, und natürlich folgen wir der Verfassung an dieser Stelle.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP)

Aber weil der Spielraum eben kleiner geworden ist, ist das am Ende auch mit Einschnitten verbunden, ist das mit einer Debatte verbunden: Welchen Schwerpunkt setzen wir? Worauf können wir vielleicht am ehesten verzichten? Wo wollen wir Akzente setzen?

Und natürlich – das kennt man in der Union vielleicht nicht –: Da sitzen Bundesminister, die um ihre Themen ringen, die für ihre Themen kämpfen, und das erwarten wir auch von ihnen. Das macht Haushaltsverhandlungen vielleicht nicht ganz so einfach; aber ich erwarte das von Bundesministern.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)

Ich sage das an dieser Stelle, weil ich sehr gespannt bin auf die Debatte, die sich in den nächsten Tagen anschließen wird. Ich rechne damit, dass auch Oppositionspolitiker die Finger in die von ihnen gefundenen Wunden legen und sagen werden, wo man überall zusätzliches Geld verausgaben wird. Und ich sage: Das werden auch Kolleginnen und Kollegen von uns machen. Auch da erwarte ich von Fachpolitikerinnen und Fachpolitikern, dass sie für ihre Themen streiten. Aber am Ende geht es darum, das Gewünschte und das Mögliche zusammenzubringen, und das werden wir hinbekommen, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Die Ausgangslage, in der wir uns befinden, ist natürlich auch deswegen schwierig, weil wir einen Krieg auf europäischem Boden haben, einen Krieg, der nicht nur aufgrund eines imperialistischen Bestrebens einer Partei die staatliche Souveränität von Nationen infrage stellt, sondern einen Krieg, der die bisherigen Spielregeln unserer globalisierten Welt hinterfragt, einen Krieg, der dazu führt, dass unsere Bezugsquellen, zum Beispiel für die Erzeugung von Wärme, in großen Teilen nicht mehr vorhanden sind.

Es war im letzten Jahr unsere Aufgabe, darauf zu reagieren. Ich erinnere mich an die Debatten, die hier im Sommer letzten Jahres geführt wurden, wo Kolleginnen und Kollegen prognostiziert haben, dass wir nicht warm durch den Winter kommen werden, dass uns irgendwann das Gas ausgehen wird. Ich finde, es ist ein Riesenerfolg dieser Bundesregierung und dieses Deutschen Bundestages, dass das nicht eingetreten ist. Ich finde, das kann man in so einer Debatte auch betonen.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Und ja, das hat Geld gekostet, das hat auch Geld der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler gekostet. Aber die Alternative wäre für diese Volkswirtschaft um ein Vielfaches teurer gewesen. Ich finde, das war rationales, das war gutes Handeln derjenigen, die dafür gewählt wurden, Probleme zu lösen.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Für uns geht es jetzt in den parlamentarischen Verhandlungen um drei Dinge: Uns geht es ums Investieren, ums Entlasten und um den Zusammenhalt dieser Gesellschaft.

Wir haben – der Bundesfinanzminister hat es gesagt – Rekordinvestitionen. Wir haben für das kommende Jahr rund 54 Milliarden Euro im Kernhaushalt und 36 Milliarden Euro zusätzliche, reine Investitionen im Klima- und Transformationsfonds vorgesehen. Folgende Aspekte muss man in dieser Debatte dabei erwähnen: Wir werden durch Investitionen, zum Beispiel von Intel in Magdeburg oder von TSMC in Dresden, zu einem der wirklich führenden Chipherstellerstandorte europaweit und auch weltweit. Das stärkt uns in der Unabhängigkeit von Dritten.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Das ist nicht nur ein Erfolg, was die Resilienz angeht, sondern es bringt ganz konkret Arbeitsplätze nach Ostdeutschland, und das ist gute und richtige Politik, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Ja, das eine oder andere hätte in den letzten Jahren mit Blick auf Investitionen auch stärker bedient werden können. Und weil wir das wissen, ist es auch richtig, dass wir jetzt zum Beispiel ganz konkret die Deutsche Bahn in den Blick nehmen. Es bringt nichts, nur das 49-Euro-Ticket – das ist ein Riesenerfolg – auf den Weg zu bringen; wir brauchen auch ein Infrastrukturnetz, das am Ende zusätzlichen Verkehr trägt. Dafür sind Milliardeninvestitionen nötig. Es ist gut, dass für die Deutsche Bahn so viel Geld zur Verfügung gestellt wird wie nie zuvor. Das ist ein aktiver Beitrag zum Klimaschutz, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Es ist viel über das Gebäudeenergiegesetz diskutiert worden; auch heute und auch am Freitag wird darüber diskutiert werden.

(Zuruf von der AfD: Das ist doch der größte Witz des Jahres!)

Ein Punkt war uns Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten in den Verhandlungen ganz besonders wichtig: Wenn Menschen auf eine Heizung setzen sollen, die losgelöst ist von fossilen Energieträgern, auf eine Heizung, die wir in Zukunft brauchen werden, dann müssen sie sich das am Ende auch leisten können. Und wenn Menschen mit kleinen Einkommen sich das nicht leisten können, dann müssen wir ihnen helfen. Mit einer Investitionskulisse, mit einer Förderkulisse von bis zu 70 Prozent werden wir auch dieser Verantwortung gerecht.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP – Peter Boehringer [AfD]: Das ist doch eine Märchenstunde hier!)

Es geht uns im Bundeshaushalt ganz konkret um Entlastungen. Ich will sagen: Der Entlastungsbegriff, den wir dabei anlegen, bezieht sich gerade für uns Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten nicht nur auf Steuern. Viele Menschen in diesem Land zahlen keine Steuern; aber das sind diejenigen, die Entlastungen nicht minder nötig haben, sondern teilweise sogar noch stärker nötig haben.

(Zuruf der Abg. Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE])

Deswegen finde ich es gut, dass wir bei der Kindergrundsicherung jetzt eine Einigung erzielt haben.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Ich will sagen: Mir ist ganz egal, ob jetzt medial diskutiert wird, welcher Bundesminister sich an welcher Stelle wie durchgesetzt hat. Am Ende ist es ein Erfolg für die Kinder in diesem Land, und das sollten wir betonen, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Christoph Meyer [FDP] – Thorsten Frei [CDU/CSU]: Ein Erfolg für die Bürokratie ist das!)

Es wirkt weiter: die Wohngeldreform. Dreimal mehr Haushalte haben Zugang zum Wohngeld bekommen, 4,5 Millionen Anspruchsberechtigte. Es gab die Debatte über Menschen, die wenig Einkommen haben, die vielleicht zusätzliche staatliche Leistungen bekommen. Ich finde, dass Politik, die die Ärmsten gegen die Ärmeren ausspielt, keine gute, sondern eine sehr schlechte Politik ist.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)

Eins will ich sagen: Wenn wir vom Statistischen Bundesamt gerade vorgelegt bekommen, dass die Nominallöhne für die Menschen mit kleinem Einkommen um über 9 Prozent gestiegen sind, dass die Reallohngewinne für Menschen mit kleinem Einkommen über 3 Prozent liegen – weit über dem Durchschnitt aller anderen –, dann ist das ein Zeichen erfolgreicher Politik, die den Zusammenhalt in dieser Gesellschaft stärkt, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)

Eine Entlastung will ich auch noch ansprechen. Wir sind mitten in der Transformation unserer Energieversorgung. Wir wollen, dass die Industriearbeitsplätze in diesem Land erhalten bleiben. Dafür brauchen wir kluge Lösungen. Wir als Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten setzen uns für einen Transformationsstrompreis ein, der aber an Tarifbindung, der an eine Arbeitsplatzgarantie gekoppelt ist und der eben auch das aufgreift, was der Bundesminister der Finanzen gesagt hat: Am Ende muss auch in den Klimaschutz investiert werden. Das Geld soll nicht nach dem Gießkannenprinzip verteilt werden; vielmehr geht es um eine gezielte Investition, um Arbeitsplätze in Deutschland zu erhalten, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)

Abschließend – ich habe es zu Beginn gesagt –: Wir sind weit von einer Haushaltskrise entfernt. Wir werden jetzt miteinander ringen um die besten Lösungen und Schwerpunkte in diesem Haushalt. Ich bin mir sehr sicher: Wir werden das am Ende auch zusammengebunden bekommen. Ich bin mir auch sehr sicher: Es wird in diesem Haushalt am Ende ums Investieren in Deutschland, ums Entlasten von Bürgerinnen und Bürgern und um den gesellschaftlichen Zusammenhalt gehen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Nächster Redner: für die AfD-Fraktion Peter Boehringer.

(Beifall bei der AfD)

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