05.09.2023 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 117 / Einzelplan 20

Christoph MeyerFDP - Allgemeine Finanzdebatte

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Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Haushaltsentwurf 2024 ist ein Erfolg. Wir haben in den letzten Monaten, aber auch heute erlebt, dass die Zeit des Immer-mehr vorbei ist. Jetzt stehen – das haben alle Vorredner hier, zumindest bis auf Die Linke, formuliert – Konsolidierung und Fokussierung im Zentrum der Politik, und das ist gut so. Wir halten darüber hinaus die Schuldenbremse ein. Dennoch ist der Haushalt, der jetzt vorgelegt wird, kein Sparhaushalt: 90 Milliarden Euro Mehrausgaben gegenüber 2019, davon allerdings – das gehört zur Wahrheit dazu – immer noch 66 Prozent Sozial-, Personal- und Zinsausgaben.

Diese Zinskosten, die schon angesprochen wurden, schnüren die Handlungsmöglichkeiten von uns, aber auch von den nachfolgenden Generationen hier im Haus ein. 37 Milliarden Euro Zinskosten – es kann sich jeder Fachpolitiker überlegen, was man in seinem Etat damit alles hätte tun können. Das zeigt, dass die Schuldenbremse kein Selbstzweck ist. Das zeigt, dass es gut ist, dass wir 2023 den Weg eingeschlagen haben, den wir jetzt die nächsten Jahre fortsetzen werden, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP)

Die Investitionen wurden schon angesprochen: 54 Milliarden Euro im Kernhaushalt, 42 Prozent mehr Investitionen als die Große Koalition 2019 fertiggebracht hat. Deutschland wurde auf Verschleiß regiert, und das korrigieren wir jetzt. Es ist natürlich richtig, dass staatliche Investitionen private Investitionen nach sich ziehen. Dennoch: Fast 90 Prozent der Investitionen in unserem Land werden von Privaten gemacht. Deswegen liegt hier der Schlüssel für zukünftiges Wirtschaftswachstum und zukünftigen Wohlstand in unserem Land.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Dennis Rohde [SPD])

Damit sind wir, meine Damen und Herren, beim Wachstumschancengesetz. Herr Middelberg, Sie waren einer der wenigen bei der Union, die sich, nachdem das Kabinett das Wachstumschancengesetz beschlossen hatte, positiv geäußert haben. Das rechne ich Ihnen sehr hoch an. Aber wo bitte ist die Union, wo bitte ist Friedrich Merz? Wer Führung in diesem Land übernehmen möchte, wer Kanzler werden möchte, muss doch zumindest in der Lage sein, den Ministerpräsidenten der von seiner Partei regierten Bundesländer mal deutliche Töne mitzugeben und zu sagen, was jetzt nötig ist, statt sich in die Büsche zu schlagen.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Damit sind wir bei den Steuerplänen der Union. Die sind offensichtlich Augenwischerei, nicht mehr; denn Herr Merz hat eben in einem Zwischenruf gesagt, dass er das mit den Steuererhöhungen gar nicht ernst meine.

(Zuruf der Abg. Dr. Silke Launert [CDU/CSU])

Das Loch wurde gerade vorgerechnet: 30 bis 40 Milliarden Euro – allein Ihre Vorschläge vom Wochenende. Wenn Sie nicht hellhörig werden, weil Kevin Kühnert – den ich ansonsten ja schätze – Ihnen Beifall spendet, sollten Sie auf Ihre eigene Junge Union hören.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP)

Wachstum und Konsolidierung der Ausgaben, das sind die Grundlagen für eine große Steuerreform, und dafür steht hier mittlerweile offensichtlich nur noch die FDP. Herr Frei, Sie wurden heute schon zitiert. Ich möchte es noch mal deutlich machen. Sie sagen: „Steuerliche Entlastung“ heißt bei uns nicht: volle Gegenfinanzierung im System. – Wenn, um Ihre Steuervorschläge zu finanzieren, 30 bis 40 Milliarden Euro fehlen, frage ich Sie: Wo soll’s denn herkommen? Am Ende des Tages heißt das: Wenn Sie zu dem stehen, was Sie heute früh erklärt haben, dann stehen Sie nicht mehr zur Schuldenbremse.

(Thorsten Frei [CDU/CSU]: So ein Blödsinn!)

Das macht ganz deutlich, woran Ihre Oppositionspolitik im Bereich Haushalt – das sehen wir ja auch an der Präsenz Ihrer Fraktion – krankt: Sie sind in Ihrer Oppositionsrolle nicht in der Lage, harte Entscheidungen zumindest zu adressieren, sondern Sie machen hier wie ein Hütchenspieler Tricks. Sie sagen auf der einen Seite, Sie wollen entlasten, schüren ein bisschen Sozialneid, aber auf der anderen Seite machen Sie keine Konsolidierungsvorschläge. Das ist im Jahr 2023 Haushaltspolitik der Unionsfraktion.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Thorsten Frei [CDU/CSU]: Erhöhen Sie die Steuern, oder was? Ich verstehe Sie nicht!)

Die Spielräume im Bundeshaushalt werden enger. Deswegen ist eine grundsätzliche Debatte darüber notwendig – diese beginnen wir in diesem Jahr –, was sich der Bund noch leisten kann. Die Sozialquote in diesem Haushalt ist zu hoch. Der Trend zur Verstetigung von Ausgaben über mehrere Jahre hinweg muss gebrochen werden. Und: Der Bund übernimmt immer noch Kosten in Höhe von 55 Milliarden Euro für Aufgaben, die originär bei den Ländern und den Kommunen zu verorten sind. Darüber werden wir in den nächsten Jahren diskutieren müssen, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP – Friedrich Merz [CDU/CSU]: Nicht diskutieren! Entscheiden!)

Wir werden die Haushaltsberatungen parlamentsseitig sicherlich genauso intensiv miteinander führen, wie das Kabinett das in den letzten Monaten getan hat. Aber auch das ist eine Normalisierung. Es ist eine Normalisierung, dass man miteinander um die besten Lösungen ringt. Das ist normal für eine Demokratie, das ist gut. Ich würde mir wünschen, dass sich zumindest die Union konstruktiv an den Haushaltsberatungen beteiligt. Da ist noch ein bisschen Luft nach oben.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die CDU/CSU-Fraktion hat nun der Kollege Christian Haase das Wort.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7556765
Wahlperiode 20
Sitzung 117
Tagesordnungspunkt Allgemeine Finanzdebatte
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