05.09.2023 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 117 / Einzelplan 20

Christian HaaseCDU/CSU - Allgemeine Finanzdebatte

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Regierungsentwurf ist – das haben wir heute Morgen auch wieder festgestellt – ein Abbild der Streitigkeiten in der Ampel.

(Frauke Heiligenstadt [SPD]: Was?)

Angefangen hat alles mit fehlenden Eckwerten – mit Ministerien, die sich sträuben, Sparvorschläge vorzulegen –, mit einem Kanzler, der zwischendurch mal Aushilfsfinanzminister war. Und wo sind wir geendet? Bei einem Regierungsentwurf, der als Wappentier nicht den Bundesadler hat, sondern eher den Vogel Strauß oder den Angsthasen.

Entweder verschließt die Ampel die Augen vor den Problemen in unserem Land, oder sie hat keinen Mut, die Herausforderungen mit den notwendigen, sicherlich schmerzhaften Maßnahmen anzugehen.

(Beifall bei der CDU/CSU – Dennis Rohde [SPD]: Jetzt kommen die Vorschläge!)

Stattdessen feiert man sich ab, dass man anfängt, einige wenige von den 29 Sondervermögen aufzulösen. Das ist ja erst einmal gut und richtig, das sorgt für Haushaltswahrheit und -klarheit.

(Beifall der Abg. Dr. Paula Piechotta [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Aber ich schließe mich da dem Bundesrechnungshof an: Das kann allenfalls ein erster Schritt sein.

(Otto Fricke [FDP]: Den ihr nie gemacht habt!)

Und, Herr Bundesfinanzminister, es kommt übrigens nicht auf die Zahl der Sondervermögen an, die irgendwann geschaffen wurden, sondern auf die Volumina, die außerhalb des Haushalts stehen; und da haben Sie ordentlich obendrauf gelegt.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Und so nebenbei – ein Schelm, wer Böses dabei denkt – bleiben sogar noch Gelder für den allgemeinen Haushalt übrig. Das Sondervermögen „Digitale Infrastruktur“ wird aufgelöst, ein Teil davon wird für Digitales ausgegeben, der Rest geht in den allgemeinen Haushalt. Über 2 Milliarden Euro nehmen Sie einfach für den allgemeinen Haushalt aus dem Sondervermögen. Somit spart man bei der Digitalisierung noch Milliardenbeträge ein – da wundert mich die Haltung der FDP –, anstatt sie in die Zukunft zu investieren.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Der zweite Punkt, für den Sie gefeiert werden, ist die formale Einhaltung der Schuldenbremse. Aber das steht doch in der Verfassung. Das muss doch eine Selbstverständlichkeit sein.

(Patrick Schnieder [CDU/CSU]: So ist es!)

Das muss man hier im Deutschen Bundestag doch eigentlich gar nicht unterstreichen. Dabei verschweigen Sie – darauf komme ich gleich noch –, dass es erst Verschiebebahnhöfe möglich gemacht haben, dass Sie die Schuldenbremse einhalten. Aber wer für die Schuldenbremse ist – das haben wir ja heute Morgen an den Beifallsstürmen gesehen, die Ihre Aussagen, Herr Bundesfinanzminister, bei den Grünen und teilweise auch bei der SPD verursacht haben –,

(Zuruf des Abg. Sven-Christian Kindler [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

der muss sich dann in der Koalition in diesem Punkt auch durchsetzen.

Wir glauben, neue Ausgabenprogramme würden die Inflation in diesem Land nur weiter anheizen. Das würde zu einem Ruin von Kommunen, Privathaushalten, Krankenhäusern führen; das erleben wir im Augenblick schon. Das können wir uns nicht leisten. Deswegen: Wer andauernd die Schuldenbremse infrage stellt – jetzt kommt Frau Lang auch noch mit der Idee kreditfähiger Investitionsgesellschaften –,

(Zuruf der Abg. Katharina Dröge [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

der versteht nicht, dass Schuldenaufnahme Schuldenaufnahme ist, egal auf welcher Ebene und egal, wie Sie das am Haushalt vorbeischieben wollen. Wenn Sie immer neue Schulden machen – dabei war Ihre Partei mal für Generationengerechtigkeit –, dann führen Sie dieses Land in den Ruin. Das können wir uns nicht leisten.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich möchte es sogar noch etwas stärker ausdrücken als der Kollege Middelberg vorhin: Wenn die andauernden Angriffe der Grünen auf die Schuldenbremse nicht aufhören, dann muss der Bundeskanzler hier die Vertrauensfrage stellen.

(Lachen bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Otto Fricke [FDP]: Ui, ui, ui!)

Es geht um die Zukunftsfähigkeit unseres Landes. Außerdem ist die Frage: Kann die FDP dann eigentlich noch in dieser Regierung bleiben? Wir haben eben gemerkt, wer geklatscht hat und wer nicht geklatscht hat. Die Einzigen, die da noch einen Kompass zu haben scheinen, sind die Abgeordneten der FDP, die anderen machen nicht mit. Sie von der FDP sind aber nicht in der Mehrheit in dieser Koalition. Setzen Sie sich wenigstens ein Stück weit durch!

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU – Zuruf von der FDP: Flirten geht anders!)

Nun komme ich zu den Haushaltstricks – das ist ja Teil der Debatte, die wir hier führen müssen –:

Es werden Milliardenbeträge in die Sozialversicherung geschoben. Was heißt das denn für die Beitragszahler? Darüber wird nicht gesprochen. Es besteht nämlich die Gefahr von Beitragserhöhungen, dabei haben Sie die 40 Prozent Beitragsniveau längst überschritten. Es spricht jedoch in Deutschland keiner darüber. Die Sozialversicherungsbeiträge jedenfalls werden in den nächsten Jahren steigen.

Es wird von globalen Mehreinnahmen gesprochen. Aber was sind denn globale Mehreinnahmen? Das müssen wir den Bürgern in diesem Land übersetzen: Das sind Steuererhöhungen. Diese wurden von der FDP aber gerade vehement ausgeschlossen.

(Zuruf von der FDP: Das ist gut so!)

Bleiben Sie doch ehrlich an dieser Stelle.

Wir haben erhöhte globale Minderausgaben. Das heißt: ungedeckte Schecks. Da wissen Sie noch gar nicht, wo Sie dafür einsparen wollen, da haben Sie sich nicht getraut, irgendetwas zu unterlegen.

Wir sehen, dass aus dem „Sondervermögen Bundeswehr“ mittlerweile laufende Ausgaben des Bundeswehretats finanziert werden.

Der Klima- und Transformationsfonds unterstützt jetzt die Bahn und die Chipindustrie, anstatt dass diese Mittel wie üblich aus dem normalen Haushalt kommen.

(Dennis Rohde [SPD]: Transformationsfonds!)

Beim Sondervermögen WSF-Energie gehen Sie, Herr Bundesfinanzminister – wir haben natürlich gelesen, was der Bundesrechnungshof dazu geschrieben hat –, möglicherweise einen Schritt zu weit: Die 200 Milliarden Euro, die in den WSF-Energie gelegt wurden, haben Sie 2022 als Schulden gebucht, tatsächlich aufgenommen wurden aber nur 30 Milliarden Euro. Ich zitiere jetzt den Bundesrechnungshof:

„Der Bundesrechnungshof hat zu jeder Facette des vom Bundesfinanzministeriums gewählten Vorgehens erhebliche verfassungs- und haushaltsrechtliche Bedenken.“

Ich glaube, darüber müssen wir uns unterhalten. Wir können keine solide Haushaltspolitik betreiben, wenn wir weiterhin diese Haushaltstricks machen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Eigentlich müssten wir richtigerweise sagen: Der Schritt mit dem Wachstumschancengesetz war ein viel zu kleiner Schritt; es müsste viel mehr getan werden, um die Wachstumskräfte in diesem Land wieder verstärkt in den Blick zu nehmen. Stattdessen verkündet der Bundessozialminister Herr Heil neue Wohltaten, stattdessen verkündet Bundesfamilienministerin Frau Paus neue Wohltaten. Das sind die falschen Signale an die Kräfte in unserem Land, die unser Land tragen.

(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Kinder aus der Armut zu holen, ist keine Wohltat! Das ist dringend notwendig! – Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Wachstumschancen sind also „Wachstumschancechen“ an dieser Stelle.

Lassen Sie uns in den Haushaltsberatungen an die normalen Menschen, an die durchschnittlichen Steuerzahler in unserem Land denken, an die Mittelständler, an die Handwerker! Lassen Sie Zeitgeistdiskussionen! Die können Sie an anderer Stelle führen, wo Sie sich noch einigen können. Wir wollen den Wohlstand in diesem Land bewahren. Lassen Sie uns die Ärmel hochkrempeln und einen Neustart wagen!

Danke.

(Beifall bei der CDU/CSU – Zuruf von der SPD: Irgendwelche Vorschläge?)

Für die SPD-Fraktion hat Dr. Thorsten Rudolph das Wort.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7556766
Wahlperiode 20
Sitzung 117
Tagesordnungspunkt Allgemeine Finanzdebatte
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