Claudia RaffelhüschenFDP - Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Schon bei den ersten Haushaltsberatungen in dieser Koalition war klar, dass wir nach den Pandemiejahren mit einer nie dagewesenen Neuverschuldung so schnell wie möglich zu einer soliden Haushaltsführung zurückkehren mussten. Im letzten Jahr kamen dann der Krieg Russlands gegen die Ukraine und die Leitzinserhöhungen der EZB noch erschwerend hinzu – ersterer völlig unerwartet, letztere nicht, sondern nach Jahren der Geldflutungspolitik längst überfällig. Insofern ist die vielbeschworene Zeitenwende nach dem Ukrainekrieg nicht nur in der Verteidigungspolitik notwendig, sondern auch bei unserem Staatshaushalt.
Als Volkswirtin weiß ich: Schulden machen nicht frei, sie engen ein – politische Spielräume genauso wie persönliche Chancen.
(Beifall bei der FDP)
Dauerhaft hohe Staatsschuldenquoten schaffen eben keine grandiosen neuen Möglichkeiten, sondern führen zu steil anwachsenden Zinsverpflichtungen
(Stephan Brandner [AfD]: Sagen Sie das mal Herrn Lindner! Herr Lindner ist nicht da!)
und rauben unseren Kindern und Enkeln damit so manche Möglichkeit, die wir für uns noch ganz selbstverständlich in Anspruch nehmen. Generationengerechtigkeit geht anders.
(Beifall bei der FDP)
Und damit wäre ich auch beim Einzelplan 17, dem Etat des Familienministeriums. Ja, der Einzelplan sinkt im Vergleich zum Soll von 2023 um etwa 1,5 Prozent. Aber er liegt immer noch bei 13,3 Milliarden Euro und damit 608 Millionen über dem geltenden Finanzplan. Das Familienministerium trägt damit seinen Teil zur dringend notwendigen Haushaltskonsolidierung bei. Dass dies an mancher Stelle zu großem Staunen und Entsetzen geführt hat, finde ich wiederum sehr erstaunlich. Richtig ist, dass Finanzminister Lindner Sparvorgaben unter anderem im Familienetat gemacht hat. Falsch ist jedoch, dass Christian Lindner vorgeschrieben hätte, in welchen Kapiteln und Titeln exakt welche Kürzungen vorgenommen werden. Der vorliegende Regierungsentwurf ist genau dies: ein erster Aufschlag der Familienministerin, der heute zum ersten Mal im Bundestag beraten wird.
Um die notwendigen Sparvorgaben umzusetzen, hätten sowohl Fachpolitiker als auch die Haushälter der Ampel sicherlich zum Teil andere Akzente gesetzt und werden dies nach Möglichkeit auch noch tun. Dies ist im Übrigen, liebe Presse, liebe Verbände, liebe Kolleginnen und Kollegen, nichts Ungewöhnliches, sondern das ganz normale parlamentarische Haushaltsverfahren.
(Beifall bei der FDP)
Ebenfalls nicht ungewöhnlich ist, in einem föderalen Staat zwischen den Aufgaben des Bundes und der Länder zu unterscheiden. Das gilt erst recht, wenn die finanziellen Spielräume enger werden, und das tun sie aktuell vor allem für den Bund und nicht für die Länder. Dennoch zahlt der Bund jährlich zig Milliarden Euro für Leistungen, die Kindern und Jugendlichen zugutekommen und grundsätzlich Ländersache sind. Das ist eine starke Leistung des Bundes und keine Selbstverständlichkeit.
(Beifall bei der FDP sowie der Abg. Sönke Rix [SPD] und Maria Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Umgekehrt gilt aber auch: Wenn im Bundeshaushalt Programme und Modellprojekte für Länderaufgaben auslaufen, seien es Sprach-Kitas oder „Respekt Coaches“, dann verbietet sich jegliche Empörung darüber, dass der Bund nach Jahren der freiwillig erbrachten Leistung korrekterweise zu einer verfassungsgemäßen Arbeits- und Haushaltsteilung zurückkehrt.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, in den kommenden Wochen werden wir darüber sprechen, welche Schwerpunkte wir in der Familienpolitik setzen wollen. Für mich persönlich verdienen Kinder und Jugendliche weiterhin die größte Aufmerksamkeit, weil die – teils fragwürdigen – Pandemiemaßnahmen für sie ungleich härtere Folgen hatten als für uns Erwachsene. Ausgaben zum Beispiel im Bereich der Kinder- und Jugendarbeit im Sport sind daher sinnvolle Investitionen in die Zukunft, und zwar sowohl für die Kinder als auch für die Gesellschaft als Ganze. In diesem Zusammenhang bin ich auch sehr froh, dass wir nun eine gute und auch haushalterisch vertretbare Lösung für die Kindergrundsicherung gefunden haben.
Noch eine Bemerkung zum Schluss. Vielleicht ist eine Phase der Haushaltskonsolidierung auch ein guter Zeitpunkt, darüber nachzudenken, wie wir Dinge verbessern können, ohne dafür immer nur mehr Geld auszugeben.
(Silvia Breher [CDU/CSU]: Richtig!)
Wo können wir Verwaltungskosten sparen und Mittel für inhaltliche Arbeit freimachen?
(Dorothee Bär [CDU/CSU]: Stellen einsparen?)
Wollen wir in der Kinderbetreuung mehr Beitragsfreiheit mit der Gießkanne oder mehr Qualität und Flexibilität für Familien? Und gerade für Kinder und Jugendliche bedeuten ein gutes Zuhause und gesellschaftliche Teilhabe sehr viel mehr als die reine Erhöhung von Regelsätzen und Sozialleistungen.
(Beifall bei der FDP)
In diesem Sinne freue ich mich auf die weiteren Beratungen und unseren gemeinsamen Einsatz für einen guten und soliden Familienhaushalt.
Vielen Dank.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Das Wort hat die Kollegin Dr. Gesine Lötzsch für die Fraktion Die Linke.
(Beifall bei der LINKEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7556784 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 117 |
Tagesordnungspunkt | Familie, Senioren, Frauen und Jugend |