Hermann-Josef TebrokeCDU/CSU - Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Zur Debatte steht der Einzelplan 17, also der Einzelplan unseres Familienministeriums. Herr Hönel, kurz zur Einordnung, was die Größe des Haushalts angeht: 13,35 Milliarden Euro sind veranschlagt. Wenn man berücksichtigt, dass eine Inflation und Preissteigerung von etwa 10 Prozent zu beklagen ist, dann wären wir ceteris paribus eigentlich bei einem Haushalt von 15 Milliarden; stattdessen haben wir 13,35 Milliarden.
(Zuruf der Abg. Maria Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Das wäre eine deutliche Einschränkung. – Das nur zur Einordnung.
Und auch an Sie, Herr Döring: Sie sagen, der Haushalt sei „klein, aber oho“. Sie erlauben: Diese Bewertung würde ich nicht teilen. Vielleicht sprechen wir von „klein, aber oh weh“ oder „klein, aber na ja“. Das müssen wir klären.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Meine Damen und Herren, sicherlich ist eine sparsame Haushaltsführung im Sinne der nachfolgenden Generationen – denen fühlen wir uns in besonderer Weise verpflichtet; Frau Raffelhüschen, ich danke Ihnen, dass Sie darauf noch einmal ausdrücklich hingewiesen haben. Das bedeutet aber nicht, dass wir über alle Ressorts hinweg einvernehmlich kürzen. Sondern ich erwarte schon, auch von einer Familienministerin, dass sie etwas streitbarer für dieses Ressort, für den Einzelplan 17, votiert.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Das haben Sie nicht gemacht, Frau Ministerin. Vielleicht haben Sie die Kürzungen akzeptiert, um die Kindergrundsicherung doch irgendwie durchzusetzen; das müssen Sie selbst beantworten.
(Dorothee Bär [CDU/CSU]: Leidenschaft ist nicht so ihr Ding!)
Oder wir fragen uns, zweitens: Sind die Aufgaben für Familien, Senioren, Frauen und Jugend nach der Coronazeit vielleicht weniger geworden? Ich glaube, da sind wir uns einig: Ganz im Gegenteil!
Vielleicht aber gibt es, drittens, gar keine Strategie, oder es fehlt einfach an der Bereitschaft, Prioritäten zu setzen. Dieser Verdacht drängt sich jedenfalls auf, wenn wir uns die Kürzungen im Einzelplan 17 etwas genauer anschauen.
Apropos Kürzungen. Ist alles gekürzt worden? Ich glaube, wir sollten darauf hinweisen, dass das nicht der Fall ist. Etwa bei den Personalkosten sind Steigerungen von 14 Prozent verbucht oder in der Öffentlichkeitsarbeit Steigerungen von 238 Prozent
(Nina Warken [CDU/CSU]: Hört! Hört! – Dorothee Bär [CDU/CSU]: Wahnsinn! Wahnsinn!)
oder bei der Geschäftsausstattung und der Kommunikation: 113 Prozent Steigerung oder 2,5 Millionen Euro.
(Dorothee Bär [CDU/CSU]: Unglaublich! In die eigene Tasche! Super!)
Dann gibt es noch das Startgeld zur Vorbereitung auf das Kindergeld von 100 000 Euro. Also: Kürzungen überall? Keineswegs.
Wo aber ist denn gekürzt worden? Meine Damen und Herren, im Grundgesetz heißt es: „Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht.“ Aus dem Prinzip der Subsidiarität bedeutet das für uns, dass wir als Staat Eltern nicht ersetzen, sondern dass wir sie unterstützen, ihre Verantwortung wahrzunehmen. Eltern und Familien brauchen mehr Zeit füreinander, brauchen Infrastruktur, und sie brauchen auch finanzielle Flexibilität. Sie brauchen insbesondere Unterstützung in schwierigen Situationen. Das ist das erste Kriterium, mit dem wir alle diese Maßnahmen – Mittelkürzungen, aber auch Budgeterweiterungen – bewerten.
Das Zweite ist die Frage: Sind die Maßnahmen, die entschieden worden sind, Beiträge zur Selbsthilfe, zur Selbstverwirklichung, zur Selbstständigkeit und auf Zukunft ausgerichtet, oder sollen sie nur irgendwelche Symptome behandeln?
Und drittens: Helfen die Mittel in den Budgetansätzen, dass wertvolle Strukturen im gesellschaftlichen Bereich, im privaten Bereich unterstützt werden, damit sie im Sinne von Familien wirken können, oder gefährden wir durch Entscheidungen, die im Haushaltsplan vorgesehen sind, gerade diese wertvollen Strukturen?
Wenn ich das im Einzelnen aufzeige, ergeben sich schon einige Widersprüchlichkeiten. Wenn es also darum geht, Familien gerade in schwierigen Situationen zu unterstützen, frage ich schon: Was ist denn eigentlich für Alleinerziehende und kinderreiche Familien vorgesehen? Wir wiederholen immer wieder unsere Forderung nach einer Kindergelderhöhung und -staffelung zugunsten von Mehrkindfamilien. Nichts passiert! Was ist, wenn wir von Familien in schwierigen Situationen sprechen, was ja immer wieder beklagt wird, auch nach Corona? Dann stellen wir fest: Mittel für Müttergenesungswerk – gekürzt, Mittel für Familienerholung – gekürzt. Nach dem wertvollen Corona-Auszeit-Programm – in der Bewertung waren wir uns offensichtlich alle einig – gab es das Zukunftspaket für Bewegung, Kultur und Gesundheit – zusammengestrichen. Wir suchen Perspektiven für junge Menschen, kürzen aber nach dem Vorschlag der Bundesministerin die Ausgaben für freie Jugendhilfe um 19 Prozent, Zuschüsse an Jugendorganisationen politischer Parteien um 50 Prozent. Wir wollen Eltern nach der Geburt ihres Kindes unterstützen. Wir fordern seit Langem eine Reform des Elterngeldes. Was machen Sie? Sie kürzen das Elterngeld. Was ist das für ein Signal, das Sie da an die Eltern und die Familien senden?
(Beifall bei der CDU/CSU)
Wir wollen bessere Bildungsperspektiven, um gerade armutsgefährdeten Kindern mit Migrationshintergrund zu helfen. Was macht die Regierung? Sie streicht die Sprach-Kitas und streicht die Zuschüsse an Wohlfahrtsverbände für Beratung und Betreuung von Flüchtlingen und Auswanderern.
Wir reden davon, dass wir Demokratie und Zusammenhalt stärken wollen, und freuen uns darüber, wie viele junge Menschen heute den freiwilligen sozialen Dienst tun und damit Zusammenhalt leben und einen wesentlichen Beitrag zur Demokratie in unserem Lande leisten, und dann streichen wir diese Mittel nach Vorschlag der Bundesministerin,
(Beifall bei der CDU/CSU)
bei den Freiwilligendiensten um 50 Prozent und beim Bundesfreiwilligendienst um 25 Prozent. Sind Sie sich, Frau Ministerin, eigentlich bewusst, welche Konsequenzen das hat? Manchmal sind es nur kleine Kürzungen, die dazu führen, dass ganze Strukturen unwiderruflich zusammenbrechen, und das können wir nicht akzeptieren.
Mit den genannten drei Kriterien gehen wir gerne mit Ihnen in die Beratungen Ihres Haushalts. Es geht uns darum, den Eltern und ihren Kindern zu helfen, sie zu unterstützen, Verantwortung wahrzunehmen in einem demokratischen, rechtsstaatlichen und auch solidarischen Umfeld. Zu diesen Beratungen sind wir sehr gerne bereit.
Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Das Wort hat Sönke Rix für die SPD-Fraktion.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7556787 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 117 |
Tagesordnungspunkt | Familie, Senioren, Frauen und Jugend |