05.09.2023 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 117 / Einzelplan 17

Ariane FäscherSPD - Familie, Senioren, Frauen und Jugend

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Demokratinnen und Demokraten! Das haut gewaltig rein! Jeder dritte junge Mann zwischen 18 und 36 Jahren findet es okay, wenn ihm im Streit mit der Partnerin die Hand ausrutscht, und würde zuschlagen, um sich Respekt zu verschaffen, sagt eine aktuelle Studie. Über die Hälfte der Männer sieht sich in der Rolle des Ernährers und die Frau am Herd.

Reaktionäre Rollenbilder sind wieder auf dem Vormarsch, und das beinhaltet, dass Frauen als weniger wert, als Objekt und Besitz von Männern betrachtet werden. Und mit Sachen kann man eben einfach machen, was man will.

Woran liegt das? Wenn Menschen sich ihrer Zukunft ohnmächtig ausgeliefert fühlen, wollen sie mit aller Kraft erhalten, was sie kennen und was vermeintlich Stärke verspricht. Sie verkennen dabei, dass sie damit genau das fortsetzen, was in die Probleme geführt hat.

55 Prozent der jungen Menschen fühlen sich nach einer Studie des Progressiven Zentrums einsam. Einsamkeit geht mit Anfälligkeit für Extremismus, Verschwörungserzählungen und erhöhter Gewaltbereitschaft einher. Einsame füllen ihre Zeit oft mit Medienkonsum oder Spielen, bewegen sich in stereotypen Bildern, festigen unfreiwillig algorithmisch ihr Weltbild und trennen sich immer weiter von der Gemeinschaft ab. Niederländische Studien belegen zudem Zusammenhänge zwischen beim Surfen leicht zugänglichen Pornodarstellungen und stereotypen Rollenbildern, der Betrachtung von Frauen als Objekt und der Gewaltbereitschaft gegen Frauen.

Das durchschnittliche Einstiegsalter von Jungen in den Pornokonsum ist elf Jahre, und viele haben später Schwierigkeiten, echte Liebesbeziehungen aufzubauen. Einsamkeit, Pandemiestarre, Angst vor einem unbewohnbaren Planeten und einer Zukunft, in der es nichts mehr zu gewinnen gibt, führen viele junge Menschen in Lethargie und das Gefühl, ihrer Zukunft ausgeliefert zu sein.

Ein Teufelskreis? Oder gibt es einen Notausgang? Ja, der Notausgang heißt Engagement, wenn junge Menschen vor Ort, in Kita, in Schule, im Verein oder in Jugendorganisationen wertschätzende Gemeinschaft, echte Teilhabe und Selbstwirksamkeit erleben. Der Schlüssel zur Demokratie ist die Erfahrung, die Welt im eigenen Sinne mitgestalten zu können.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Martin Gassner-Herz [FDP])

Wer sich ehrenamtlich engagiert, erlebt Gemeinschaft und lernt Verantwortung für sich selbst, für Menschen, für Natur und für das Gemeinwesen. Angemessene Investitionen in die Kinder- und Jugendverbandsarbeit sind daher elementar für das Gelingen der Demokratie und als selbstbewusstes Parlament unser Ziel im Verfahren. Kostet uns nicht am Ende der gesellschaftliche Reparaturbetrieb in Justiz, im Gesundheitswesen zur Bekämpfung von genannten Gewaltfolgen ein Mehrfaches des vermeintlich Eingesparten?

Die freiwilligen Leistungen im Familienhaushalt haben ein relativ kleines Volumen, aber einen riesigen Impact, weil sich jeder Euro in der Wirkung langfristig multipliziert – positiv wie negativ. Zur wichtigen Rolle der Freiwilligen hat sich der Gesetzgeber bekannt. Rund die Hälfte der FSJler etabliert sich als Fachkraft; fast alle bleiben dauerhaft ehrenamtlich engagiert. Sie leisten in Kita, Schule, Vereinen und in der Pflege vor Ort Unbezahlbares.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Martin Gassner-Herz [FDP])

Die bestehenden Strukturen in den Freiwilligendiensten gilt es zu erhalten. Denn gesellschaftlich geht es im Gegenteil darum, diejenigen zu aktivieren und an die Gesellschaft zu binden, die bisher wenig gesellschaftliches Engagement kennengelernt haben. Damit es nicht auf das Elternhaus ankommt, setzen wir uns auch weiterhin für die Stabilisierung der Dienste ein.

Wenn wir die Demokratie bewahren wollen, dann dürfen wir den jungen Menschen nicht nur eine Zukunft versprechen, sondern dann müssen wir auch in sie und in ihre Selbstermächtigung investieren.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Ins Engagement zu investieren, bedeutet, in die Demokratie zu investieren; alles andere können wir uns nicht leisten.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Der nächste Redner ist Paul Lehrieder für die CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7556796
Wahlperiode 20
Sitzung 117
Tagesordnungspunkt Familie, Senioren, Frauen und Jugend
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