Ulrike BahrSPD - Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kollegen und Kolleginnen! Lieber Herr Kollege Lehrieder, ich hätte jetzt eigentlich noch einen konstruktiven Vorschlag am Ende Ihrer langen Aufzählung dieser Negativbeispiele erwartet.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Dr. Andrew Ullmann [FDP] – Stephan Brandner [AfD]: Die Redezeit war ja um! – Paul Lehrieder [CDU/CSU]: Ich habe doch „Demokratie leben!“ gesagt! – Nina Warken [CDU/CSU]: Auch Sie müssen zuhören! – Weitere Zurufe von der CDU/CSU: Hat er doch gemacht! – Gegenruf der Abg. Dorothee Bär [CDU/CSU]: Die haben alle ihre Reden vorher geschrieben!)
Denn dazu sind wir ja da: um hier zu beraten und unsere gemeinsamen Ziele, die es ja vielleicht gibt, voranzubringen.
Kollegen und Kolleginnen, viele meiner Vorredner/-innen haben es schon gesagt: Der Haushalt für das nächste Jahr entsteht unter ganz außerordentlichen Bedingungen. Ich muss Ihnen nicht sagen, dass wir in Deutschland mit Inflation zu kämpfen haben, dass die Wirtschaft in einer Rezession steckt und dass die Aussichten für das nächste Jahr gedämpft sind, kurzum: dass die fetten Jahre vorbei sind, dass gespart werden muss. Das ist eine Tatsache, an der wir nicht vorbeikommen.
Auch ich hatte mir das zu Beginn dieser Koalition ganz anders vorgestellt: Ich hatte nicht damit gerechnet, dass wir je in eine so schwierige Lage kommen würden und so viel eingespart werden müsste. Aber nun ist es so, und wir müssen tun, was notwendig ist.
Nur, einfach pauschal in jedem Bereich den Rotstift ansetzen, das darf nicht sein. Wir müssen schon schauen, wo Kürzungen gerade noch so verschmerzbar sind und wo nicht. Nicht verschmerzbar sind sie im Bereich „Kinder und Jugendliche“.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Es ist nicht sinnvoll, Strukturen, die wir hier über Jahre mühsam aufgebaut haben, jetzt mit dem Hintern wieder einzureißen. Auch wenn es Sparzwänge gibt: Wir brauchen unsere Hilfe- und Unterstützungssysteme weiterhin. Dabei sind die Wohlfahrtsverbände die Partner des Sozialstaats: Sie betreiben nicht nur Kitas oder Einrichtungen der Jugendhilfe, sondern auch Beratungsstellen. Sie bieten Freiwilligen Gelegenheiten für bürgerschaftliches Engagement und bringen mit Mitgliedsbeiträgen und Spenden dafür noch Geld mit. Sie geben außerdem den Interessen benachteiligter junger Menschen eine Stimme, wie ich es gerade wieder im Beteiligungsprozess zur inklusiven Ausgestaltung der Kinder- und Jugendhilfe erleben darf. Wir haben also allen Grund, sie weiter zu unterstützen, besonders im großen Bereich der Jugendsozialarbeit.
Denn bleiben diese Strukturen erhalten, dann wirkt sich das positiv auf viele der zukünftigen Haushalte aus, die in diesem Haus beraten werden, nämlich zum Beispiel durch weniger Staatsausgaben und mehr Steuereinnahmen, weil es jungen Menschen aus schwierigen Lebenslagen mit Anschubhilfe gelingt, auf dem Arbeitsmarkt Fuß zu fassen.
Aber ich sage ganz deutlich: Wir müssen und sollten auch nicht immer alles nur in Geldwerten messen. Menschen, die auf Hilfe angewiesen sind, zu unterstützen, hat einen Wert an sich und sollte zum Selbstverständnis einer demokratischen und solidarischen Gesellschaft gehören. Solche Werte weiterhin zu leben, wirkt sich auch auf die Lebensqualität und Zufriedenheit jedes Einzelnen aus, und sie kann man nicht in die Titel eines Haushaltsplans fassen.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Ähnlich wie mit den Wohlfahrtsverbänden ist es auch mit den Mehrgenerationenhäusern, die eigentlich fast falsch benannt sind und „Gemeinschaftsstützpunkte“ heißen müssten.
(Dr. Katja Leikert [CDU/CSU]: Was?)
Denn was in der Gemeinschaft gebraucht wird, ist im örtlichen Mehrgenerationenhaus in der Regel zu finden:
(Dorothee Bär [CDU/CSU]: Warum wird dann gekürzt?)
Deutschkurse für Zugewanderte, Spielgruppen für Kinder, Hausaufgabenbetreuung, Reparaturstammtische, Handykurse für Seniorinnen und Senioren, Mietberatung, Unterstützung für Geflüchtete und vieles mehr. Es ist deshalb sehr gut, dass wir vor drei Jahren dafür gesorgt haben, dass die staatliche Förderung der Häuser erhöht wurde. Nun steht eine geringfügige Kürzung dieser Förderung zur Debatte. Allerdings: Geringfügig ist sie mit Blick auf die Entlastung des Haushalts, nicht aber in der Wirkung auf den gesellschaftlichen Zusammenhalt.
Darum mein Appell: Nutzen wir die nächsten Wochen, um intensiv darüber zu diskutieren, wie wir es trotz der angespannten Lage gemeinsam hinbekommen können, dass der Zusammenhalt in unserem Land auch weiterhin stark bleibt!
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Und die letzte Rednerin zu diesem Einzelplan ist Leni Breymaier für die SPD-Fraktion.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7556798 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 117 |
Tagesordnungspunkt | Familie, Senioren, Frauen und Jugend |