Torsten HerbstFDP - Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir debattieren den Einzeletat des Bauministeriums. Dieser Einzeletat fügt sich natürlich in den Gesamtbundeshaushalt ein. Wir dürfen feststellen, dass wir nach Ausnahmejahren mit Ausnahmeschulden jetzt zur Normalität zurückkehren. Das ist richtig so; denn wir müssen die Inflation bekämpfen. Die Inflation ist am sozialfeindlichsten und schadet auch dem Baugeschehen im Land, meine Damen und Herren.
(Beifall bei Abgeordneten der FDP, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Wir halten die Schuldenbremse ein und haben dennoch einen der höchsten Investitionsanteile in den Bundeshaushalten der letzten Jahre. Das verschafft uns den Spielraum, dass wir nicht nur im Hier und Jetzt investieren können, sondern auch in zukünftigen Haushalten. Das ist generationengerecht, und das ist auch wirtschaftlich vernünftig.
(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Erstaunt bin ich, wenn ich der Union zuhöre. Das habe ich heute sehr intensiv gemacht. Ihre Fachpolitiker fordern permanent höhere Ausgaben. Ihre Haushaltspolitiker sagen: Christian Lindner spart nicht genug. – Sie müssen irgendwie auf zwei Planeten leben. Das alles passt nicht zusammen und ist völlig unglaubwürdig, liebe Union.
(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Viele Vorredner haben es erwähnt: Die Lage auf dem Bausektor ist in der Tat angespannt. Das kann uns nicht zufriedenstellen. Das hat viel mit der Marktentwicklung zu tun, mit einem schnellen Zinsanstieg, auch mit Baukosteninflation. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass Bürokratie und kostentreibende Bauvorschriften das Bauen auch teurer und nicht billiger machen. Das ist eine politische Aufgabe, die wir gemeinsam angehen müssen, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Der Rückgang der Investitionen im Wohnungsbaubereich ist nicht nur ein Problem für die Bauindustrie, sondern auch für uns als Gesellschaft, für unsere Stabilität; denn privates Wohneigentum und auch bezahlbarer Wohnraum sind Stabilitätsanker eines Landes. Deshalb müssen wir alles dafür tun, dass bezahlbarer Wohnraum geschaffen wird und dass der Traum vom Eigenheim auch in Deutschland erreichbar bleibt.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Der Staat kann selbstverständlich nicht alle schwierigen Marktentwicklungen ausgleichen. Ich finde, dennoch kann sich der Etat des Bauministeriums sehen lassen: dritthöchste Investitionsquote aller Ministerien, 18 Milliarden Euro für sozialen Wohnungsbau bis zum Jahr 2027, mehr als 5 Milliarden Euro für die Neubauförderung bis 2026. Meine Damen und Herren, das sind Zahlen, die helfen, die Investitionen anreizen, und es ist richtig, dass wir so investieren.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Es geht auch nicht einfach nur um ein Weiter-so und um Geldausgeben. Wenn wir ehrlich sind: Wir müssen mehr für Innovationen im Baubereich tun. Das betrifft neue Materialien, das betrifft Bautechnologie, das betrifft auch das Thema Recycling/Kreislaufwirtschaft; denn wir müssen Bauen effizienter und klimafreundlicher machen. Beides gehört zusammen, und für beides setzen wir auch in diesem Etat Anreize.
(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)
Ich nenne als Beispiel nur das neue Förderprogramm für Innovation im Gebäudebereich.
Aber ob in Deutschland gebaut wird und wie viel gebaut wird, das entscheidet sich nicht nur am Etat des Bauministeriums. Wenn ich permanent in Diskussionen höre, dass Mietendeckel gefordert werden, dass über Enteignungen fantasiert wird, dass noch höhere Energiestandards noch schneller gefordert werden, dann ist doch klar: Das ist ein abschreckendes Signal an alle, die bauen wollen. Wir wollen nicht Mangel verwalten; wir wollen mehr Baugeschehen,
(Dr. Jan-Marco Luczak [CDU/CSU]: Das erzählen Sie mal Ihren Kollegen in der Koalition!)
und deshalb müssen wir die Investitionen anreizen und dürfen sie nicht abschrecken, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der FDP – Dr. Jan-Marco Luczak [CDU/CSU]: Da klatschen seltsamerweise nur Ihre Fraktionskollegen!)
Ich freue mich außerordentlich, dass es gelungen ist – gemeinsam mit Bauministerin und Finanzminister –, in der jetzigen Marktlage mit der degressiven AfA ein klares Signal zu setzen. Wer jetzt anfängt, zu bauen, der hat einen finanziellen Vorteil davon. Das ist das richtige Signal zur richtigen Zeit.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)
Darüber hinaus müssen wir uns trotzdem Gedanken machen, wie wir erreichen, dass Bauen nicht durch politische Vorgaben immer teurer wird. Das heißt, wir müssen über das Thema Baustandards nachdenken: Was ist wirklich effizient?
(Enak Ferlemann [CDU/CSU]: Das ist der richtige Weg!)
Wie erreichen wir für einen Euro, den wir investieren, den meisten Klimaschutz? Das ist wirtschaftliche Effizienz. Aber, meine Damen und Herren, auch bei Planung und Genehmigung müssen wir schneller werden. Da gibt es zu viele Baubremsen, die wir beseitigen müssen.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Enak Ferlemann [CDU/CSU]: Gute Analyse!)
Weil wir natürlich politisch über die Baustandards entscheiden, sage ich ganz klar: Der Staat darf in Zeiten von Inflation und hohen Zinsen nicht selbst zum Preistreiber werden. Das ist unsere gemeinsame politische Verantwortung hier im Haus.
(Beifall bei der FDP)
Ich freue mich auf konstruktive Beratungen des Einzelhaushaltes. Ich denke, Themen haben wir genügend. Wir haben eine vernünftige Grundlage. Dafür bin ich der Bundesregierung dankbar. Alles Weitere werden wir hier erörtern. Vielleicht fällt auch der Union der eine oder andere konstruktive Vorschlag ein, nicht immer nur Forderungen nach Mehrausgaben ohne Gegenfinanzierung;
(Enak Ferlemann [CDU/CSU]: Wir sind an Ihrer Seite!)
denn wir stehen für solide Finanzen. Das unterscheidet diese Koalition von Ihnen als Opposition.
(Beifall bei der FDP und der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Nächster Redner ist Victor Perli für die Fraktion Die Linke.
(Beifall bei der LINKEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7556806 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 117 |
Tagesordnungspunkt | Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen |