Christian DürrFDP - Bundeskanzler und Bundeskanzleramt
Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Seit eineinhalb Jahren führt Russland einen Angriffskrieg gegen die Ukraine, Menschen sterben. Seit 559 Tagen kämpfen die Ukrainerinnen und Ukrainer mutig für ihr Land und eben auch für unsere Freiheit. Wir sehen auch erste militärische Erfolge – glücklicherweise. Der Durchbruch der russischen Verteidigungslinie ist ein solcher. Die Gegenoffensive der Ukraine war an dieser Stelle erfolgreich, auch dank der militärischen Unterstützung des Westens. Und wir aus Deutschland helfen mit unserem militärischen Material, Menschenleben zu retten – denken Sie beispielsweise an das System IRIS-T und andere.
(Hermann Gröhe [CDU/CSU]: Taurus!)
Das ist das, was jetzt zu tun ist. Und ich bin dankbar, dass die breite Mehrheit in Deutschland genau hinter dieser Politik steht. Das muss man an einem solchen Tag sagen.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Ich will, Herr Merz, in diesem Zusammenhang auf die Haushaltspolitik zu sprechen kommen
(Friedrich Merz [CDU/CSU]: Deswegen sind wir hier!)
und mit einem Punkt aufräumen, den Sie in mehreren Debatten eingeführt haben und der schlicht nicht den Tatsachen entspricht: Wenn wir in dieser Bundesregierung das 2-Prozent-Ziel der NATO sofort nach Regierungsübernahme und nach Ausbruch dieses fürchterlichen Krieges im Kernhaushalt hätten darstellen können, dann hätte es eines Sondervermögens für die Bundeswehr ja gar nicht bedurft. Dieses Sondervermögen, das wir dankenswerterweise mit einer Zweidrittelmehrheit im Deutschen Bundestag beschlossen haben, gewährleistet in den kommenden Jahren das 2-Prozent-Ziel. Und der Bundeskanzler hat auch über Anschlussmaßnahmen gesprochen. Das ist die Einigkeit. Herr Merz, alles andere, im Haushaltstitel von Herrn Pistorius jetzt herumzusuchen, macht keinen Sinn. Das war nicht verabredet.
(Friedrich Merz [CDU/CSU]: Nein! 10 Milliarden wollte er mehr haben!)
Ich will an dieser Stelle haushalterisch damit aufräumen, damit alle Klarheit haben an dieser Stelle, liebe Kolleginnen und Kollegen. Alles andere ist nicht richtig, Herr Merz. Das muss ausgesprochen werden.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Es ist gleichwohl nach wie vor eine herausfordernde Zeit. Nach vielen, auch krisenbedingten Haushalten, insbesondere während der Coronapandemie seit 2020 – in Ihrer Regierungsverantwortung hat der Bund einen ganzen Haushalt an zusätzlichen Schulden gemacht –, müssen wir aus diesem Krisenmodus herauskommen. Wir müssen nach vorne schauen. Wir müssen zur finanzpolitischen Normalität zurückkehren. Deshalb ist es, bisher kaum erwähnt, eine gute Entscheidung des Finanzministers, von den vielen Sondervermögen, die wir übrigens von Ihnen geerbt haben, mit diesem Bundeshaushalt drei Sondervermögen abzuschaffen. Ja, das Sondervermögen für die Bundeswehr fällt in unsere Regierungszeit. Das war notwendig. Aber wir konzentrieren uns auf den Kernhaushalt des Bundes und halten die Schuldenbremse zum zweiten Mal ein – ohne Steuererhöhungsvorschläge der Union, liebe Kolleginnen und Kollegen. Auch das ist eine gute Botschaft.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Und wir setzen Schwerpunkte mit diesem Haushalt, liebe Kollegen. Die Investitionsquote in diesem Bundeshaushalt steigt auf 12,2 Prozent. Zum Vergleich: Beim Vorkrisenniveau, also dem letzten normalen Bundeshaushalt der Großen Koalition, hat die Investitionsquote 10,9 Prozent betragen. Das geht in die richtige Richtung. Wir setzen sehr klar Prioritäten, beispielsweise beim Wachstumschancengesetz des Finanzministers. Ich komme gleich mit Bezug auf die Union darauf zu sprechen. Wir entlasten die Wirtschaft und sorgen für Impulse, insbesondere um den Wirtschaftsstandort Deutschland zu stärken, und verzichten auf Steuererhöhungen.
Liebe Kollegen, ich will auf den Wirtschaftsstandort zu sprechen kommen; denn die Wettbewerbsfähigkeit unseres Landes war in den letzten Monaten richtigerweise Thema. Ja, wir stehen vor großen Herausforderungen. Und deswegen, liebe Kolleginnen und Kollegen, war es richtig, nachdem anderthalb Jahrzehnte faktisch keine echte Wirtschaftsreformpolitik in Deutschland stattgefunden hat – das muss man einmal aussprechen, glaube ich –, dass das Bundeskabinett auf Schloss Meseberg das Wachstumschancengesetz des Finanzministers beschlossen hat, immerhin mit einem Entlastungsvolumen in Höhe von jährlich 7 Milliarden Euro. Deswegen war es richtig, dass das Bundeskabinett in die Zukunft schaut und das Zukunftsfinanzierungsgesetz beschlossen hat; da geht es um Start-ups und darum, dass eine verbesserte Mitarbeiterkapitalbeteiligung auch endlich im Gesetz steht.
Und deswegen ist es richtig, dass wir zurzeit im Deutschen Bundestag über Planungsbeschleunigung sprechen; auch das wurde viele Jahrzehnte ergebnislos besprochen. Und deswegen ist es richtig, dass der Bundesjustizminister einen weitreichenden Vorschlag für ein großes Bürokratieentlastungspaket dieser Bundesregierung gemacht hat. Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir würden mit diesem Paket bei den Bürokratiekosten des Bundes auf ein Allzeitminimum kommen. Das sollten wir tun.
(Dr. Bernd Baumann [AfD]: Quatsch! So ein Quatsch!)
Wir sollten endlich Ernst machen. Und der Bundeskanzler hat einen Pakt angekündigt. Der Bundestag hat die Möglichkeit, diesen Pakt bereits mit dem Bürokratieentlastungsgesetz von Marco Buschmann einzugehen. Das ist die richtige Botschaft, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Ich will bei dem Thema bleiben. In der Sommerpause haben viele von uns Unternehmen besucht, und der Mittelständler um die Ecke sagt genau das: Es sind die Bürokratiekosten –
(Zuruf der Abg. Dr. Silke Launert [CDU/CSU])
Fachkräftemangel, Energiekosten, darauf komme ich später noch –, es sind die Bürokratiekosten, die ein Problem darstellen. – Und jetzt müssen wir über Deutschland hinausschauen:
(Hermann Gröhe [CDU/CSU]: Na endlich! – Zuruf des Abg. Friedrich Merz [CDU/CSU])
57 Prozent der Bürokratiekosten der Unternehmen in Deutschland – ich sage das in der Deutlichkeit – hat Brüssel zu verantworten. Und, liebe Kolleginnen und Kollegen der Union, da nehme ich Sie in die Pflicht: Wir werden in Deutschland alles tun, um die deutsche Wirtschaft bei der Bürokratie zu entlasten.
(Beatrix von Storch [AfD]: Gar nichts tun Sie!)
Aber ich erwarte geradezu, dass Ursula von der Leyen am kommenden Mittwoch bei ihrer Rede zur Lage der Europäischen Union genau dieses Thema anspricht und in diesen Pakt, den der Bundeskanzler angekündigt hat und wo wir mit Frankreich im Dialog sein werden, einsteigt. Es wird für die deutsche Wirtschaft im Herzen Europas nur funktionieren, wenn wir unseren Job machen. Das haben wir zugesagt. Aber ich erwarte von der Kommissionspräsidentin, dass sie beim Bürokratieabbau auch endlich ihren Job macht. Liebe Kolleginnen und Kollegen, diese Erwartung müssen wir in Deutschland haben.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Aber natürlich müssen wir bei der Wettbewerbsfähigkeit darüber hinausdenken. Ich sagte es vorhin schon: Bei den Stromkosten gibt es höchst unterschiedliche Konzepte. Ich bin in den letzten Tagen, sagen wir, ein bisschen überrascht gewesen, dass Herr Merz, obwohl er als Parteivorsitzender der Union gesagt hat, dass die Grünen der Hauptgegner seien, sich als Fraktionsvorsitzender jetzt an der Stelle – politisch jedenfalls – beim Thema Industriestrompreis inhaltlich auf Sie, liebe Kollegen der Grünen, zubewegt. Gut, dass die FDP dazwischen sitzt, will ich an dieser Stelle sagen. Aber das nur nebenbei.
(Heiterkeit und Beifall bei der FDP – Friedrich Merz [CDU/CSU]: Wo nehmen Sie das denn her?)
Ich glaube nicht, dass eine neue Subvention beim Preis das Richtige ist. Wir müssen die Abgaben senken. Deswegen, glaube ich, müssen wir über die Stromsteuersenkung sprechen.
(Friedrich Merz [CDU/CSU]: Ja, richtig!)
Wir könnten sie auf das europäische Minimum reduzieren. Wir müssen auch über den Spitzenausgleich sprechen, der natürlich, wenn er ausläuft, eine Herausforderung ist, insbesondere für energieintensive Unternehmen in Deutschland. Und wir müssen in dem Zusammenhang, liebe Kolleginnen und Kollegen, natürlich darüber sprechen, wie wir insgesamt bei der Energiepolitik das, was wir bereits in einigen Gesetzen als Technologieoffenheit markiert haben, auch in Zukunft fortleben werden.
(Patrick Schnieder [CDU/CSU]: Warum haben Sie die AKW abgeschaltet?)
Wir haben über das Heizungsgesetz gesprochen, wir haben Entscheidungen getroffen, insbesondere zum Verbrennungsmotor, und vieles mehr.
Ich habe gehört, dass die Bundesaußenministerin im Rahmen der Botschafterkonferenz auch über Rohstoffpartnerschaften gesprochen hat. Ich unterstreiche das ausdrücklich: 70 Prozent der Primärenergie der viertgrößten Volkswirtschaft der Welt, der Exportnation Deutschland, importieren wir. Und ich wage die Prognose: Das wird auch in Zukunft so sein. Wir sind darauf angewiesen, diese Partnerschaften einzugehen, beispielsweise bei synthetischen Kraftstoffen. Und deswegen ist es richtig, dass der Bundesverkehrsminister auf der IAA einen Schwerpunkt bei den E-Fuels gesetzt hat. Liebe Kollegen, auch das gewährleistet unsere energiepolitische Sicherheit in der Zukunft, und das ist doch zentral für eine solche Schlüsselindustrie.
(Beifall bei der FDP – Friedrich Merz [CDU/CSU], auf SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zeigend: Schauen Sie mal da rüber, Herr Dürr!)
Also: Es geht um die Erhaltung des Wohlstands, um Schlüsselindustrien wie beispielsweise die Automobilindustrie. Wir wollen in Richtung Klimaneutralität; aber wir wollen das eben insbesondere durch Technologieoffenheit gewährleisten.
(Patrick Schnieder [CDU/CSU]: Aha! Weiß der Kanzler auch schon was davon?)
Wir treffen die Entscheidung beispielsweise zu synthetischen Kraftstoffen in der Bundesregierung, zu Kraftstoffen, die zu Zeiten der Unionsregierung verboten waren. Aber ich erwarte auch dort, liebe Kolleginnen und Kollegen der Union, Ihre Unterstützung in Bezug auf das, was Frau von der Leyen in der Europäischen Kommission tut. Wir werden synthetische Kraftstoffe in Reinform an öffentlichen Tankstellen in Deutschland zulassen.
(Patrick Schnieder [CDU/CSU]: Wissen das Ihre Koalitionspartner schon?)
Wir werden also dafür sorgen, dass das möglich ist. Wir werden Rohstoffpartnerschaften abschließen. Aber wir können es nicht dulden und wollen es nicht zulassen, dass nach wie vor einige in der Kommission, auch die Kommissionspräsidentin, das Ziel haben, den Verbrennungsmotor zu verbieten. Das wäre das falsche Signal. Wir brauchen alle Technologien, insbesondere um Klimaneutralität zu erreichen,
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)
und da erwarte ich Ihre Unterstützung, liebe Kolleginnen und Kollegen der CDU/CSU.
(Patrick Schnieder [CDU/CSU]: Das müssen Sie Ihrem Koalitionspartner erzählen! – Friedrich Merz [CDU/CSU], auf SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zeigend: Mit wem reden Sie hier eigentlich? Gucken Sie doch mal, was da drüben los ist! – Patrick Schnieder [CDU/CSU]: Es ist nicht der Oppositionsführer, der hier redet!)
An der Stelle hat der Bundesfinanzminister eine ganz wichtige Ankündigung gemacht. Er hat gesagt: Klimaneutralität und Technologieoffenheit müssen sich auch im Steuerrecht widerspiegeln. – Wir haben das in der Koalition bereits politisch beschlossen, und wir werden jetzt dazu in die Gesetzgebung gehen. Wir werden, unabhängig davon, wo der Kraftstoff herkommt, ausschließlich darauf achten, dass er klimaneutral ist. Deswegen ist es vollkommen richtig, die Elektromobilität, die genauso einen Platz hat wie andere Technologien, genauso zu behandeln, wie wir in Zukunft beispielsweise den Antrieb mit synthetischen Kraftstoffen steuerlich behandeln werden, Stichwort: „Kfz-Steuer“ usw. usf. Das ist das, was wir in Deutschland für Technologieoffenheit tun können, insbesondere auch im Sinne einer Energiepolitik, die diesen Standort stärkt. Diese Dinge gehören zusammen, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD – Patrick Schnieder [CDU/CSU]: Weiß der Bundeskanzler auch davon?)
Ich will auf etwas anderes zu sprechen kommen. Natürlich geht es auch um die Frage, wie wir unseren Wirtschaftsstandort neben den steuerlichen, den ordnungspolitischen Rahmenbedingungen stärken, was den Arbeitsmarkt betrifft. Es ist vollkommen richtig, dass ein Sozialstaat selbstverständlich die Schwachen und die Ärmeren, die es schwer haben, gerade am Beginn ihres Lebens im Blick hat. Deswegen werden wir die Kindergrundsicherung auf den Weg bringen mit dem klaren Fokus, dass familienpolitische Leistungen einfacher zugänglich werden. Richtig ist gleichzeitig, dass die Erwerbstätigkeit der Eltern die zentrale Herausforderung ist, um Kinderarmut zu bekämpfen, und an dieser Stelle werden wir einiges tun. Ich bin dankbar, dass auch der Bundesarbeitsminister beispielsweise gesagt hat, dass wir in diesem Zusammenhang, Herr Merz, natürlich über das Thema Arbeitsanreize sprechen werden.
Aber ich will nicht unerwähnt lassen, was diese Regierungskoalition bereits durch den Deutschen Bundestag gebracht hat. Denn es ist ja richtig: Es muss sich lohnen, ranzuklotzen. Es muss sich beispielsweise für einen jungen Menschen lohnen, eine Ausbildung anzufangen. Und richtig ist doch, Herr Merz, dass zu Ihrer Regierungszeit ein junger Mensch aus einer Familie, die es schwer hat, weil sie damals beispielsweise im Hartz-IV-Bezug war, der eine Ausbildung gestartet hat, von seiner Ausbildungsvergütung gerade mal 300 Euro behalten durfte. Diese Regierungskoalition hat zu Recht entschieden, dass es sich endlich lohnt, eine Ausbildung anzufangen. Dieser junge Mensch kann jetzt 700 Euro behalten.
(Beifall bei der FDP und der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Das ist soziale Gerechtigkeit in Verbindung mit Arbeitsanreizen. Deswegen verstehe ich nicht, warum Sie als Union dort so gegen Arbeitsanreize polemisieren.
(Stephan Brandner [AfD]: Jetzt schreien Sie doch nicht so rum, Herr Dürr!)
Ich will einen weiteren Punkt ansprechen, und der betrifft die Bildungschancen junger Menschen. Es ist doch vollkommen richtig, dass gerade junge Menschen, die es schwerer im Leben haben, am Start ihres Lebens die besten Ausgangsbedingungen brauchen. Und deswegen ist das Startchancen-Programm der Bundesforschungs- und -bildungsministerin Bettina Stark-Watzinger so richtig. In Nordrhein-Westfalen – übrigens mit einer Koalition aus Union und FDP – haben wir das mit den Talentschulen sehr erfolgreich umgesetzt. Wir sollten das bundesweit machen. Wir sollten endlich bundesweit mit diesem Startchancen-Programm durchstarten. Im Sinne der Zusammenarbeit, die der Bundeskanzler in seiner Rede markiert hat, ist meine herzliche Bitte, dass Sie da auch auf Ihre Länderkollegen zugehen.
Ich sage es mal in der Deutlichkeit, weil es mich ärgert: Dieses Mimimi der Landeskultusminister und mancher Ministerpräsidenten, das regt mich langsam auf!
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Bildung ist eine nationale Anstrengung. Wir leisten unseren Beitrag. Ich erwarte von den Ländern, auch von den von Ihnen regierten, dass sie endlich mitmachen beim Startchancen-Programm, dass sie mitmachen bei der Digitalisierung der Schulen, dass sie dabei mitmachen, dass Menschen mehr Chancen haben und besser im Arbeitsmarkt unterwegs sind, liebe Kolleginnen und Kollegen!
Zum Schluss: Wir müssen natürlich in die Zukunft denken, auch was den Haushalt betrifft. Der Bundesfinanzminister hat gestern zu Recht gesagt, dass es an der Stelle darum geht, Eisberge frühzeitig zu erkennen und richtigerweise zu umschiffen. Der Bundeshaushalt hat nach wie vor eine große Herausforderung bei den demografischen Lasten und wird sie auch in Zukunft haben. Das ist nicht die Schuld der älteren Generationen, sondern es ist die Verantwortung der Parteien, übrigens auch meiner Partei, in Regierungsverantwortung in früheren Legislaturperioden, zu wenig Vorsorge getroffen zu haben.
Aber in dem Zusammenhang fand ich es schon spannend, verehrter Herr Merz, als ich die Zeitung aufschlug und in Bezug auf die gesetzliche Aktienrente, also das Generationenkapital als Vorschlag des Finanzministers, las, das seien Hedgefonds-Methoden.
(Friedrich Merz [CDU/CSU]: Ja, klar! Mit Schulden finanziert!)
Denn meine Intuition war: Hat sich da ein Koalitionspartner irgendwie kritisch geäußert? Nein, das war nicht so, und dann war mir klar: Es muss von der Linkspartei kommen.
(Friedrich Merz [CDU/CSU]: Ja, wenn Sie es mit Schulden finanzieren, ist es genau so!)
Also: Hedgefonds-Methoden, wenn es darum geht, die gesetzliche Rentenversicherung endlich zukunftsfit zu machen. Hedgefonds-Methoden! Wissen Sie, wer von Hedgefonds-Methoden gesprochen hat, wenn wir über das Generationenkapital sprechen, also die zentrale demografische Herausforderung, die Frage, ob Menschen in Zukunft in Würde altern können und die Beitragslasten nicht steigen? Von Hedgefonds-Methoden sprach der Fraktionsvorsitzende der CDU/CSU!
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Stephan Thomae [FDP]: Nein! Das kann doch nicht sein!)
Wie weit links sind Sie denn gerückt an dieser Stelle? Es ist unglaublich! Ich kann es nicht fassen!
(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Da hat er ausnahmsweise recht!)
– Ja, die Linkspartei gibt Ihnen recht.
(Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, zum Abschluss: Meine herzliche Bitte ist, dass wir diese Herausforderungen bei der Bürokratie, bei der Wettbewerbsfähigkeit unseres Landes und auch bei der Bildung gemeinsam anfassen. Wir haben erste Schritte getan bei der Entlastung der Mitte, beispielsweise durch das Inflationsausgleichsgesetz. Wir halten die Schuldenbremse richtigerweise ein. Das werden wir auch in den kommenden Jahren tun. Auch da meine herzliche Bitte an die CDU/CSU: Hören Sie auf, in einem Land, das die höchsten Steuern hat, über Steuererhöhungen zu reden, liebe Kolleginnen und Kollegen!
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Ich sage das deshalb in der Deutlichkeit, weil Sie ja selbst mittlerweile gegen vermeintlich Reichere polemisieren. Der Spitzensteuersatz in Deutschland ist bei der Einkommensteuer in aller Regel die Unternehmensteuer für kleine Unternehmen, für Einzelunternehmer und Personengesellschaften. Das sind 2,4 Millionen Menschen, die für Jobs sorgen, die jeden Morgen ranklotzen, die zahlen. Den Spitzensteuersatz ernsthaft auf faktisch 57 Prozent erhöhen zu wollen, ist ein Unding.
(Widerspruch bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Das ist das Gegenteil von Leistungsgerechtigkeit. Wir stehen für Leistungsgerechtigkeit in dieser Regierung.
Ich danke Ihnen.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Für die Unionsfraktion hat das Wort Alexander Dobrindt.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7556833 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 118 |
Tagesordnungspunkt | Bundeskanzler und Bundeskanzleramt |