06.09.2023 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 118 / Einzelplan 04

Thomas HackerFDP - Bundeskanzler und Bundeskanzleramt

Lade Interface ...
Anmelden oder Account anlegen






Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Manchmal hat man den Eindruck: Wir leben in einer Gesellschaft, die auseinanderzufallen droht, in der Einzelne glauben, nur laut genug schreien zu müssen, um Recht zu bekommen. Eine Gesellschaft, in der uns Ausgrenzung, Diffamierung, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus leider täglich begegnen. Eine demokratische Gesellschaft, die immer intensiver um ihre Zukunft ringt und doch eigentlich nur ihren inneren Zusammenhalt sucht. Das Zaubermittel dafür, das Zaubermittel, um diesen Zusammenhalt zu stärken, finden wir überall dort, wo Menschen zusammenkommen, miteinander neue Lebenswirklichkeiten entdecken, dort, wo sie sich kreativ entfalten können und wir als Gesellschaft im Ganzen zum Nachdenken und Miterleben eingeladen werden. Es ist die Kultur, die uns Menschen zusammenbringt. Zu Recht können und wollen wir nie auf sie verzichten.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Daher ist es unsere politische Verantwortung, die notwendigen Mittel bereitzustellen, um das Fundament unserer Gesellschaft zu stützen und zu festigen, gerade in Zeiten großer Polarisierung. Die Ampelkoalition ist aus tiefer Überzeugung mit ihrem ehrlichen Bekenntnis zu Kultur und Medien angetreten. Wir wollen Kultur für alle und mit allen ermöglichen. Klar ist aber auch: Gesellschaftlicher Aufbruch und neue Debattenräume erschaffen sich nicht aus gutem Willen allein. Sie brauchen eine richtige, auch eine finanzielle Basis.

Wir Freie Demokraten legen Wert auf eine zielgerichtete Förderung, die die nachhaltige Stärkung von kultureller und medialer Vielfalt voranbringt. Zu Recht weist ja sogar der Deutsche Kulturrat darauf hin:

„Eines fehlt im Kulturbereich immer: Geld. Es gibt stets mehr künstlerische Ideen und Vorhaben als Mittel, um diese realisieren zu können.“

Nach einer Zeit vieler krisenbedingter Sonderprogramme, die fast alle sicher auch ihre Berechtigung hatten, müssen wir aber in den haushaltspolitischen Normalzustand zurückkehren. Es ist richtig: Der Staat muss mit dem Geld auskommen, das zur Verfügung steht. Gleiches gilt für uns Bürgerinnen und Bürger. Stabilität ist nie eine Selbstverständlichkeit. Und doch schafft der vorgelegte Haushalt für Kultur und Medien in einer volkswirtschaftlich äußerst anspruchsvollen Zeit einen Mittelaufwuchs gegenüber der bisherigen Finanzplanung – ein gutes Signal. Dafür bin ich Finanzminister Christian Lindner und Kulturstaatsministerin Claudia Roth sehr dankbar.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Die kulturpolitischen Schwerpunkte sind dabei wohlüberlegt. Die Kreativwirtschaft ist nicht nur hierzulande zu einem riesigen, zu einem bedeutenden Wirtschaftsfaktor herangewachsen, und sie wird doch noch oft unterschätzt. Wir werden Start-ups und Künstlerinnen und Künstler dabei unterstützen, innovative Ideen zu entwickeln und erfolgreich umzusetzen. Neue, gezielte Förderprogramme erleichtern den Zugang zu Finanzierungsmöglichkeiten. „ Made in Germany“ als internationaler Maßstab für höchste Qualität gilt nicht nur für Maschinen, Präzisionsinstrumente oder Autos, sondern gerade für die Ideen und Produkte aus den Games-Laboren, Ateliers und Co-Working-Spaces dieser Republik.

Unser kulturelles Erbe ist ein kostbares Gut, das bewahrt werden muss. Der Erhalt von Denkmälern, Gedenkstätten, Museen und Archiven ist lebenswichtig, um zukünftigen Generationen einen unverbauten Zugang zu unserer Geschichte und Kultur zu gewährleisten. Und doch gilt es, unserem kulturellen Erbe aller künstlerischen Sparten auch eine digitale Zukunft zu ermöglichen. Digitales Kuratieren, digitale Produktion, digitale Vermittlung und Kommunikation sind nicht nebenbei zu erreichen; sie gehören ins Zentrum unserer Anstrengungen. Nur dann machen wir unsere Kultur zukunftsfit.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Kultur und Medien überschreiten Grenzen und verbinden Menschen weltweit. Deswegen werden wir die Zusammenarbeit mit internationalen Partnern stärken, um den kulturellen Austausch zu fördern und gemeinsame Projekte zu realisieren. Die Deutsche Welle leistet als Auslandsrundfunk hervorragende Arbeit und muss in einer sich verändernden Welt auf die neuen Realitäten reagieren. Hier werden wir eine Debatte über das Wünschenswerte und über das Mögliche führen müssen. Die Stärken der Berichterstattung, die Investitionen im Rahmen der Aufgabenplanung bis 2025 und die notwendige technische wie personelle Ausstattung kosten Geld – notwendiges Geld im Interesse unserer gemeinsamen europäischen Werte.

Die widerliche bayerische Hetzblattaffäre und der noch viel beschämendere Umgang der politischen Verantwortungsträger zeigen, wie unerlässlich die erinnerungspolitische Arbeit in unserem Land bleibt. Es gibt in unserem Land immer noch Menschen, die mit Anfang 50 die Tragweite unserer historischen Verantwortung nicht greifen können oder wollen.

(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Umso wichtiger ist, dass auch dieser Bundeshaushalt unserer erinnerungspolitischen Verantwortung gerecht wird und ihre Institutionen weiter stärkt. Es bleibt dabei: Nie wieder!

(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie mich einen letzten Punkt hier in dieser Debatte ansprechen. Zunächst freue ich mich, dass im Entwurf dieses Haushalts die Filmförderung stabil bleibt. Es ist absolut zu begrüßen, dass der Bundeskanzler spätestens für das kommende Jahr weitreichende Entscheidungen für die Zukunft der Filmproduktion in Deutschland verspricht und auch auf die Realitäten in europäischen Nachbarländern hinweist. Eine wirksame und erfolgreiche Filmförderung werden wir erst mit einer Förderung erreichen, die auf Steueranreizen basiert. Die vor der Sommerpause vorgestellten Eckpunkte unterstützen wir. Sie sollten wir schnellstmöglich umsetzen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Herausforderungen, denen unser Land entgegensieht, erfordern haushaltspolitische Vernunft genauso wie starke kulturpolitische Schwerpunkte. Eins aber erfordern sie vor allem: die Rückbesinnung auf die Vorteile, auf die Kraft einer Gesellschaft, die zusammenhält, die Vertrauen in sich selbst hat und die mit Mut und Optimismus in die Zukunft geht.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Das Wort hat der Kollege Thorsten Frei für die CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7556840
Wahlperiode 20
Sitzung 118
Tagesordnungspunkt Bundeskanzler und Bundeskanzleramt
00:00
00:00
00:00
00:00
Keine