Achim PostSPD - Bundeskanzler und Bundeskanzleramt
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Man merkt an dieser Debatte wie auch an der gestrigen Debatte, dass es in diesen Tagen und Wochen um etwas geht. Es ist gut, dass es um etwas geht, und es ist auch gut, dass sich das in großen Teilen in den Redebeiträgen dieser Haushaltsdebatte widerspiegelt – wenn auch nicht in allen, aber in den meisten.
Worum geht es? Es geht um die richtigen Themen und um die wichtigen Themen. Wir können darüber streiten, welche das sind. Ich sage Ihnen mal, was ich für wichtig halte. Es geht um unsere Städte und Gemeinden. Es geht um unseren Wirtschaftsstandort. Es geht um unseren Sozialstaat. Und ja, es geht auch um unsere Demokratie. In diesen Zeiten – in Zeiten von Putins Angriffskrieg, einer sich zuspitzenden Klimakrise und sich überlappender Krisen – ist es gut, wenn man einen Bundeskanzler hat, der nachdenkt und handelt und nicht eins davon weglässt.
(Beifall bei der SPD)
Es ist gut, wenn man einen Bundeskanzler hat, der der Garant für die Unterstützung der Ukraine ist und der der Garant dafür ist, dass man alle Gesprächsmöglichkeiten und alle Möglichkeiten des Einflusses nutzt, um den Krieg zu beenden, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Andreas Audretsch [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Und deshalb ist es gut, dass der Bundeskanzler Olaf Scholz heißt.
(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Andreas Audretsch [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] und Christian Dürr [FDP] – Dorothee Bär [CDU/CSU]: Tosender Applaus bei Grünen und FDP!)
Kommen wir mal zu den Punkten. Herr Frei und auch Herr Merz, Sie haben gefordert: Wir müssen etwas für die Städte und Gemeinden tun. – Da sind wir uns völlig einig. Ich schlage Ihnen etwas vor, vor allen Dingen Ihnen, Herr Merz:
(Patrick Schnieder [CDU/CSU]: Schon wieder einen Pakt!)
Es gibt einen klaren Vorschlag – nicht nur vonseiten der Sozialdemokratie – im Koalitionsvertrag der Ampel, wie man den Städten und Gemeinden, die viele Altschulden haben, helfen kann: durch einen Altschuldenfonds. Da steht die Ampel wie eine Eins.
(Lachen des Abg. Friedrich Merz [CDU/CSU])
Wir brauchen aber eine Zweidrittelmehrheit dafür.
(Friedrich Merz [CDU/CSU]: Dann machen Sie mal einen Vorschlag!)
Ich schlage Ihnen hier etwas ganz Außergewöhnliches vor.
(Friedrich Merz [CDU/CSU]: Machen Sie mal einen Vorschlag! – Patrick Schnieder [CDU/CSU]: Deutschlandpakt!)
Mein Heimatland Nordrhein-Westfalen würde davon stark profitieren. Machen Sie mal was Außergewöhnliches, nämlich was Gemeinsames mit Herrn Wüst,
(Zuruf des Abg. Friedrich Merz [CDU/CSU])
und stimmen Sie im Bundesrat und Bundestag für einen Altschuldenfonds!
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Dorothee Bär [CDU/CSU]: Da haben Sie ja lang geübt für den Witz! – Friedrich Merz [CDU/CSU]: Die haben Sie aber lange einstudiert, diese Passage Ihrer Rede!)
Ich will auf ein Thema eingehen, das Herr Frei ansprechen musste, nämlich Wirtschaftspolitik, die in Ihrer Rede, Herr Merz, gar nicht vorgekommen ist.
(Alexander Dobrindt [CDU/CSU]: Auch falsch!)
Ja, es geht in einer wirklich schwierigen Lage um die große Aufgabe der Transformation unserer Volkswirtschaft, und es geht darum, dass wir industrielle Fertigung hier bei uns in Deutschland behalten. Dafür muss man etwas tun. Das kommt nicht von alleine, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Christian Dürr [FDP])
Diese Bundesregierung mit Olaf Scholz, mit Robert Habeck und mit Christian Lindner tut etwas dafür, nämlich mit einer aktiven Industrie-, Energie- und Wirtschaftspolitik. Glauben Sie allen Ernstes, dass die neuen Industrieansiedlungen – der Bundeskanzler hat es geschildert –, ob in Magdeburg oder in Brandenburg, dass all das, was es im Bereich der Stahlindustrie gibt, ob in Salzgitter oder bei mir in Nordrhein-Westfalen bei thyssenkrupp, von alleine kommt? Das kommt deshalb, weil wir eine aktive Bundesregierung haben und im Übrigen auch aktive Landesregierungen, die das auch wollen, die Arbeitsplätze in Deutschland erhalten wollen. Wenn Sie dazu bessere Vorschläge haben, dann können Sie sich wieder melden, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP und der Abg. Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Ich will Ihnen mal eines sagen: Glauben Sie allen Ernstes, dass die Konzerne, die sich jetzt neu in Deutschland ansiedeln – Tesla ist ein Beispiel, aber auch Intel und der größte Halbleiterhersteller der Welt, TSMC aus Taiwan –, das deshalb machen, weil sie denken, sie investieren an einem Standort, wo es sich nicht lohnt? Meinen Sie, die investieren hier, weil sie glauben: „Das ist der kranke Mann Europas“? Das ist doch alles Unfug. Die investieren hier, weil sie an die Potenziale Deutschlands glauben, weil sie an den Standort Deutschland glauben und weil sie hier Geld verdienen wollen. Das ist es doch.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Christian Dürr [FDP])
Und sie werden hier Geld verdienen, und sie werden hier Beschäftigung schaffen.
Was auch dazu gehört, liebe Kolleginnen und Kollegen: Das alles kann nur dann funktionieren, wenn es einen handlungsfähigen und starken Sozialstaat gibt. Kein Geringerer als Helmut Schmidt, nun wahrlich nicht bekannt dafür, Sozialromantiker gewesen zu sein, hat einmal gesagt: Die größte Errungenschaft der Europäer im so fürchterlichen 20. Jahrhundert ist der Sozialstaat. – Und wir als Ampel, wir als Sozialdemokratie, wir als sozialdemokratische Fraktion zusammen mit unseren Partnerinnen und Partnern tun alles, um diesen Sozialstaat weiter zu stärken, liebe Kolleginnen und Kollegen:
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
mit Bürgergeld, mit Wohngeld, mit Kindergeld – das alles sind keine Kleinigkeiten – und im Übrigen auch – Sie haben vorhin und auch gestern darüber geredet – mit der Kindergrundsicherung. Seien Sie sicher: Die Kindergrundsicherung kommt, und zwar nicht als Wohltat. Denn sie ist keine Wohltat,
(Zuruf der Abg. Amira Mohamed Ali [DIE LINKE])
sondern eine angemessene, eine notwendige Leistung für Millionen von Kindern in diesem Land,
(Zuruf der Abg. Amira Mohamed Ali [DIE LINKE])
denen es bisher nicht gut gegangen ist.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Christian Dürr [FDP])
Wir werden alles dafür tun, diesen Sozialstaat weiter auszubauen; denn das ist dringend notwendig. Ich nenne hier nur die Bereiche „Gesundheit“, „Pflege“ und „Krankenhäuser“. Da möchte ich sehen, wer von Ihnen dagegen ist. Wenn es ein Angebot vonseiten des Bundeskanzlers für einen Deutschlandpakt gibt, dann gilt dieses Angebot für unsere Städte und Gemeinden, für den Wirtschaftsstandort Deutschland und auch für den Sozialstaat Deutschland, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Und ganz zum Schluss: Wir müssen – da sind wir uns wahrscheinlich alle einig – 75 Jahre nach dem ersten Treffen auf Herrenchiemsee, wo unser Grundgesetz – ein gutes Grundgesetz, eine der besten Verfassungen der Welt – von den Müttern und Vätern des Grundgesetzes erarbeitet wurde, alles tun, damit wir weiter in einem freien, liberalen Rechtsstaat leben, wo Toleranz und Respekt für alle Menschen gilt und nicht nur für einige wenige.
Schönen Dank.
(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Das Wort hat der Abgeordnete Dr. Marc Jongen für die AfD-Fraktion.
(Beifall bei der AfD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7556842 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 118 |
Tagesordnungspunkt | Bundeskanzler und Bundeskanzleramt |