Johann WadephulCDU/CSU - Auswärtiges Amt
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte für die CDU/CSU-Fraktion sagen, dass wir die Einschätzungen der Bundesaußenministerin, was die Herausforderungen für die westliche Welt, für Europa, für Deutschland angeht, teilen. Ich halte es für einen Wert an sich, dass wir bis auf ganz links und ganz rechts im Deutschen Bundestag, in der Mitte dieses Hauses – unser Fraktionsvorsitzender hat es heute Morgen schon angesprochen –, einen breiten Konsens haben, der eindeutig ist und klar zum Ausdruck bringt, dass man diese russische Aggression niemals akzeptieren wird. Es darf nicht sein, dass im 21. Jahrhundert eine atomar bewaffnete, revanchistische Kraft wieder Landgewinne macht. Das dürfen wir nicht zulassen. Wir müssen hier zusammenstehen und die regelbasierte Ordnung verteidigen.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Dafür sind wir zusammengerückt und haben unter anderem das Sondervermögen verabschiedet; das ist Ausdruck dieser Einigkeit. Das war für manche ein weiter Weg.
Ich möchte zu der heutigen Bemerkung des Bundeskanzlers, was den Zustand der Bundeswehr angeht, der in der Tat an manchen Stellen wirklich beklagenswert ist, sagen: Niemand aus der Union hat je bestritten, dass wir dafür in Deutschland politische Verantwortung getragen haben und auch weiterhin tragen.
(Aydan Özoğuz [SPD]: Na ja!)
Bloß, Herr Kollege Coße, liebe Freundinnen und Freunde der sozialdemokratischen Fraktion, Sie waren es, die die Umsetzung des 2-Prozent-Zieles verhindert haben. Wir hätten das gewollt, Sie waren dagegen. Finanzminister Scholz war dagegen, und Sie haben noch Bundestagswahlkampf gegen die Bundeswehr und eine bessere Finanzausstattung der Bundeswehr gemacht. Das ist schon Teil der Wahrheit.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Wenn man sich heute hinstellt und sagt: „Ja, 2026/2027 brauchen wir 30 Milliarden Euro“, dann trifft das doch den Punkt, den Friedrich Merz heute Morgen gemacht hat. Es ist doch völlig illusorisch, dass das finanziert werden kann. Denken Sie doch nur mal an Ihre Auseinandersetzungen um die Finanzierung der Kindergrundsicherung: Zwischen 2 und 12 Milliarden Euro standen im Raum; Sie sind bei 2,4 Milliarden Euro gelandet. – Es ist doch völlig illusorisch, dass sich 2027 irgendeine Wunderkiste öffnet, aus der dann ein Finanzminister 30 Milliarden Euro herausnimmt. Sie arbeiten, was die Bundeswehr angeht, mit ungedeckten Schecks, und das ist unverantwortlich.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Wenn Sie jetzt eindringlich und richtig die traurige Situation in der Ukraine schildern, Frau Außenministerin, dann kann ich der Ampel insgesamt nicht ersparen, darauf hinzuweisen, dass die gesamte Kriegssituation, die wir vorfinden und die zu der nur langsamen Gegenoffensive mit hohen Verlusten der Ukraine führt, sich deshalb so darstellt, weil Deutschland zu spät geliefert hat. Der Bundestag hatte schon im vergangenen Frühjahr – es gab starke Initiativen aus den Koalitionsfraktionen – klar beschlossen, schwere Waffen zu liefern. Und es ist Ihre gemeinsame politische Verantwortung, dass diese Waffen so spät geliefert wurden. Das hat es den Russen ermöglicht, sich einzugraben und alles zu verminen, und darunter leidet jetzt die Ukraine in ihrer Kriegsführung. Die ganze Situation, das militärische Dilemma, das wir jetzt in der Ukraine erleben, können Sie – das tut mir leid – nicht nur auf die Zögerlichkeit des Herrn Bundeskanzlers schieben,
(Aydan Özoğuz [SPD]: Das tun wir auch nicht! Das machen Sie!)
sondern dafür tragen auch Sie die politische Verantwortung, meine sehr verehrten Damen und Herren.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Nach zwei Jahren kann man ja, Frau Außenministerin, eine erste Zwischenbilanz ziehen. Und ich muss sagen: Wir sind stark desillusioniert. Sie sind in vielen Bereichen ideenlos, konzeptionslos und stehen mit leeren Händen da. Das gilt ja selbst für Vorzeigeprojekte wie die feministische Außenpolitik, die Sie formulieren, die Sie für sich in Anspruch nehmen, bei der es sich aber leider nur um schöne Worte handelt. Denken Sie beispielsweise an die Situation der Frauen im Iran. Die Bundesregierung nutzt keine ihrer Möglichkeiten, um wirklich Druck auf das Regime im Iran auszuüben und die Situation der Menschen und insbesondere der Frauen dort wirklich zu verbessern.
(Beifall bei der CDU/CSU – Widerspruch bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Die Nationale Sicherheitsstrategie, ein Vorzeigeprojekt, wurde deutlich verzögert und war am Ende ein Torso. Weshalb? Weil die Bundesaußenministerin dagegen war, dass wir einen Nationalen Sicherheitsrat einrichten, obwohl alle Fachleute sagen: Wir brauchen eine koordinierende, analysierende, aber auch die Reaktionen steuernde Stelle in der Bundesregierung. – Die FDP hatte das klar gefordert. An der Stelle konnte sie sich nicht durchsetzen, an manch anderer Stelle in jüngerer Zeit ja schon. Man muss jedenfalls sagen: Die Nationale Sicherheitsstrategie in der Form ist das Papier nicht wert, auf dem sie steht.
(Beifall bei der CDU/CSU – Aydan Özoğuz [SPD]: Nur weil Ihre Wünsche nicht drinstehen!)
Ihre letzte missglückte Reise, Frau Außenministerin, steht ein bisschen exemplarisch für den Anspruch, den sie mit Ihren Reisen verbinden. Das verkommt mir immer mehr zu einer Großinszenierung der Außenministerin anstatt von Arbeitsbesuchen, die stattfinden müssen. Sie verstoßen selber gegen den eigenen Grundsatz, mehr Linie zu fliegen. Gerade bei der letzten Reise wäre das, glaube ich, ganz wichtig gewesen.
(Zuruf des Abg. Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Aber warum haben Sie dann nicht die Chance genutzt, dort in der Region Besuche nachzuholen, mit der Arabischen Liga zu diskutieren, warum Syrien wieder aufgenommen wird, mit Saudi-Arabien zu besprechen, ob es richtig ist, BRICS beizutreten? Außenministerin zu sein, heißt, nach draußen zu gehen, Diplomatie zu betreiben, Gespräche zu führen, in der Region zu sein, jetzt etwa in der Sahelregion. Das, was sie dort machen, ist Arbeitsverweigerung, Frau Außenministerin. Da erwarten wir von der Amtsinhaberin mehr.
(Beifall bei der CDU/CSU – Zuruf des Abg. Ulrich Lechte [FDP])
Stichwort „Sahel“: Dass wir uns im dortigen Einsatz in einem Dilemma befinden, liegt erheblich in Ihrer Verantwortung. Das BMVg – Frau Lambrecht damals noch – wollte dort schon im letzten Jahr raus und hat gesagt: Der Auftrag ist nicht mehr ausführbar. – Bundesminister Pistorius hat gleich nach Amtsantritt gesagt: Es ist nicht sinnvoll, dass wir dortbleiben. – Die CDU/CSU-Fraktion hat mehrere Anfragen gestellt, Anmahnungen vorgenommen und am Ende gesagt: Der Fortsetzung des Mandats stimmen wir nicht zu. – Sie haben uns gesagt, das sei unverantwortlich, wir würden unsere internationale Verantwortung nicht wahrnehmen. Sie haben uns gesagt, zum 31. Dezember könnten wir gar nicht rausgehen. Jetzt wird uns gesagt: Zum 31. Dezember schaffen wir es, und wir müssen es schnell schaffen. – Aber die Soldatinnen und Soldaten sind einer hohen Gefährdung in der dortigen Situation ausgesetzt, und wir hoffen, dass wir sie alle herausbekommen. Es besteht eine hohe Gefahr, dass wir dort viel Material verlieren.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich kann es Ihnen nicht ersparen: In diese Situation sind Sie im Blindflug geraten. Sie haben alles mitgemacht, was die Außenministerin an der Stelle wollte. Das war nicht notwendig. Es ist an der Stelle Ihre politische Verantwortung, dass wir in der Sahelzone vor einem Trümmerhaufen der deutschen Politik stehen
(Dr. Marcus Faber [FDP]: Wer ist denn dahin gegangen?)
und dass Soldatinnen und Soldaten sich dort in erheblichen Gefahren befinden. Wir können nur hoffen, dass am Ende alles gut geht. Aber diese Gefährdung wäre nicht nötig gewesen.
Danke schön.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Wiebke Papenbrock hat jetzt das Wort für die SPD-Fraktion.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
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Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 118 |
Tagesordnungspunkt | Auswärtiges Amt |