06.09.2023 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 118 / Einzelplan 05

Gunther KrichbaumCDU/CSU - Auswärtiges Amt

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Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Deutschland ist wieder zurück. Zwei Jahre Ampelkoalition haben gereicht, um Deutschland wieder zum kranken Mann in Europa zu machen.

(Zuruf von der SPD: Quatsch! – Ulrich Lechte [FDP]: Was ist denn das für ein bescheuertes Narrativ?)

Wir haben eine Rezession, nämlich eine Schrumpfung des Wirtschaftswachstums, was sich damit nicht als Wachstum bezeichnen lässt, das dritte Quartal in Folge. Wenn wir in einer Haushaltswoche sind, dann können wir ja auch mal über die Zahlen reden. Denn die Rede des Bundeskanzlers heute Morgen hat gezeigt,

(Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die war gut!)

wie sehr Sie in einer Parallelwelt leben.

(Beifall bei der CDU/CSU – Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie leben ja in Gillamoos! Ihre Welt ist Gillamoos! Vollsuff!)

Wir haben einen Anstieg der Arbeitslosigkeit auf mittlerweile 2,7 Millionen Menschen. 2,7 Millionen, das heißt 150 000 mehr als letztes Jahr. Die Prognose für die Europäische Union: Deutschland wird beim Wirtschaftswachstum am Ende dieses Jahres auf Platz 24 von 27 Mitgliedstaaten stehen.

(Ulrich Lechte [FDP]: Einzelplan 05!)

Wir sind nicht mehr die Lokomotive des Wirtschaftswachstums in Europa. Wir sind längstens das Bremserhäuschen. Nicht zuletzt ist nicht zu vergessen, dass die hohen Energiepreise und die hohe Bürokratie in Deutschland hausgemacht sind und damit auch verantwortlich für diese Zahlen sind.

(Dr. Marcus Faber [FDP]: Das ist hier der auswärtige Haushalt!)

Deswegen meine Aufforderung an die Regierung: Tun Sie endlich etwas dagegen! Tun Sie es! Denn Sie haben es selbst in der Hand. Sie können die Stromsteuer beispielsweise auf ein Minimum herabsenken.

(Dr. Marcus Faber [FDP]: Zur Sache!)

Insbesondere können Sie in Brüssel Druck machen, was Bürokratie angeht.

In meiner Heimatstadt Pforzheim – wir sind mittelständisch geprägt; wir haben sehr viele Medizintechnikunternehmen in unserer Region – hat ein Unternehmen der Dentaltechnik einen Prüfbericht mit 48 Seiten bekommen – 48 Seiten mit Gängelungen, die man kaum überbieten kann.

(Dr. Marcus Faber [FDP]: Haben Sie die falsche Rede mitgenommen heute? – Luise Amtsberg [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Einzelplan 05!)

Hier wäre Brüssel gefordert, aber insbesondere die Bundesregierung, Druck zu machen.

(Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was Herr Krichbaum für internationale Politik hält!)

Wenn es um die Umsetzung solcher Richtlinien geht, dann ist man hier in der Verantwortung, und der werden Sie nicht gerecht.

(Erhard Grundl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Reden Sie mal zum Thema!)

Das ist das Problem für Deutschland. Insoweit sind die Dinge hausgemacht.

Oder in Sachen Bürokratie: Die EVP hat gefordert, dass es ein Bürokratiemoratorium geben muss.

(Jürgen Trittin [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die EVP hat gefordert, den Naturschutz zurückzudrehen, zusammen mit den Rechten! Die haben eine rechte Front im Europaparlament aufgebaut! Schämen Sie sich nicht?)

Wirken Sie doch auf Ihre jeweiligen Parteifamilien ein, bei S&D oder, Herr Trittin, meinetwegen auch bei Ihnen, dass hier endlich einmal gebremst wird, dass die deutsche Wirtschaft nicht mit noch mehr Bürokratie überzogen wird! Denn das ist schädlich für uns und schädlich für Europa.

(Beifall des Abg. Carsten Körber [CDU/CSU])

Wir müssen bei alledem immer berücksichtigen: Wenn bei uns die Wirtschaftsleistung und die Wirtschaftskraft zurückgehen, dann treibt das auch bei unseren Nachbarländern die Sorgenfalten auf die Stirn.

(Ulrich Lechte [FDP]: Was hat das mit der Außenpolitik zu tun?)

Deutschland patzt bei dieser Geschichte. Wenn hier heute Morgen ein Deutschlandpakt angekündigt wird, geschieht das vielleicht in alter Reminiszenz, um an die Agenda 2010 anzuknüpfen. Damals war die Agenda 2010 sehr konkret, als sie hier von Gerhard Schröder vorgestellt worden war.

(Dr. Marcus Faber [FDP]: Auswärtiges! Auswärtiges!)

Genau an den Vorschlägen fehlt es. Fakt ist doch, dass Sie sich innerhalb Ihrer eigenen Koalition nicht einigen können. Hier herrscht Streit, hier herrscht Zank, hier herrscht Uneinigkeit. Das ist das Problem, mit dem auch Deutschland an jedem Tag zu kämpfen hat, weil diese Regierung keine Orientierung vorgibt, weder für Deutschland noch in Europa.

Es war der deutsche Vertreter, der Ständige Vertreter Michael Clauß, der mit einem Brandbrief vor wenigen Monaten moniert hatte, dass es keine Einigkeit in der Koalition gibt und er überhaupt nicht mehr weiß, wie er sich in Brüssel positionieren soll. Deswegen: Es fehlt die Orientierung, eben auch in der Europäischen Union.

Die Uneinigkeit belastet uns auch im deutsch-französischen Verhältnis.

(Dr. Marcus Faber [FDP]: Endlich mal! – Zurufe von der SPD und der FDP: Ah!)

Ja, hier stagniert es auf niedrigstem Niveau. Man kann auch gar nicht mehr davon reden, dass es eine gute Zusammenarbeit gibt. Wir reden und verhandeln mittlerweile seit vielen Jahren über die Nachfolge des Leopard 2. Main Ground Combat System,

(Dr. Marcus Faber [FDP]: Das kommt nachher!)

MGCS abgekürzt, steht vor dem Scheitern, weil es von Deutschland an die Wand gefahren wird. Jetzt läuft zur Stunde über die Ticker, dass Deutschland eine neue Kooperation mit Italien, Spanien und Schweden eingehen möchte. Das ist ein offener Affront gegenüber Frankreich. Von Abstimmung wieder einmal keine Rede! Unser Verteidigungsminister hat sich noch vor wenigen Monaten mit dem französischen Verteidigungsminister Sébastien Lecornu vor die Presse gestellt und das MGCS-System hochgeredet. Es ist, wenn es mit Frankreich nicht dazu kommt, nicht nur ein Scheitern des Verteidigungsministers, sondern einmal mehr ein herber Rückschlag für dieses Zeitenwendeprojekt.

Ich möchte im Hinblick auf die Balkanstaaten noch ein Letztes sagen. Auch hier ist die Bundesregierung gefordert. Der Berliner Prozess wurde seinerzeit von Angela Merkel angestoßen. Allerdings fehlt es an einer echten Perspektive. Wir müssen die Beitrittspolitik neu denken. Wir machen aber Beitrittsverfahren, wie wir sie immer gemacht haben. Fakt ist: Wir brauchen hier Perspektiven in Form einer assoziierten Mitgliedschaft auch für die Staaten, mit denen wir heute verhandeln, weil die Verhandlungen immer länger dauern. Wir müssen darauf schauen, dass wir diese Länder auf diesem Weg nicht verlieren, weil wir ein großes geopolitisches Interesse daran haben und auch an dieser Stelle gefordert sind. Hier muss die Bundesregierung mehr tun.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Der nächste Redner ist Michael Müller für die SPD-Fraktion.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7556867
Wahlperiode 20
Sitzung 118
Tagesordnungspunkt Auswärtiges Amt
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