Otto FrickeFDP - Auswärtiges Amt
Geschätzte Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Ich hatte eigentlich gedacht, dass das Ganze vielleicht mal etwas freundlicher verpackt worden wäre von vonseiten der AfD. Aber Sie schaffen es ja noch nicht einmal, „Freundlichkeit“ mit „tückischem Gemüte“ irgendwie miteinander zu verknüpfen. Es ist schon bemerkenswert, dass Sie nicht versuchen, etwas nach vorne zu bringen, wie es eigentlich in einer Demokratie notwendig ist, sondern nur nach Schuldigen suchen. Sie lösen weiterhin keine Probleme und tun diesem Land damit den größten Schaden an, den man ihm nur antun kann.
(Beifall bei der FDP, der SPD, der CDU/CSU, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN)
Meine Damen und Herren, gehen wir zurück zum Haushalt. Entschuldigen Sie, dass ich nicht in die große weite Außenpolitik gehe; das ist für mich als Haushälter und Jurist dann doch etwas zu komplex. Aber ich muss als Zahlenkontrolleur an der Stelle doch auf bestimmte Dinge hinweisen.
Ja, der Haushalt wird etwas geringer ausfallen. Aber ich will noch mal darauf hinweisen: Der Einzelplan ist jetzt über 300 Millionen Euro größer, als er noch 2019 war. Wir setzen den Anstieg, der eine zusätzliche Ausbeulung durch viele Krisen bekommen hat, fort. Frau Ministerin, deswegen kann man sich auch hierhinstellen und sagen: Im Rahmen der Verfassung – die jeder Minister sicherlich gerne einhalten will – bin ich stolz darauf, dass ich eine weitere Erhöhung gegenüber der Vorkrisenzeit erreicht habe, und ich werde das Beste daraus machen. – Ich bin mir sicher, die Koalitionshaushälter werden Sie dabei ausdrücklich unterstützen; denn Außenpolitik ist für unser Land essenziell – nicht nur für uns als Teil Europas, sondern auch für uns als ein Land, das gezeigt hat, dass es mit seiner Geschichte umgehen kann, mit seiner Verantwortung, mit seiner manchmal auch persönlichen Schuld in der Vergangenheit. Es kann anderen Ländern damit auch zeigen, wie sie aus Krisen, in die sie sich selber hineingebracht haben, auch wieder herauskommen. Und dafür brauchen wir eine gute, eine starke Außenpolitik.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Meine Damen und Herren, ich weise aber auch darauf hin – das ist jetzt technisch, aber es ist wichtig –: Im Einzelplan 60 – Allgemeine Finanzverwaltung – gibt es einen Ertüchtigungstitel. Da sehe ich nicht – dazu habe ich auch nichts von den Kolleginnen und Kollegen der Koalition gehört –, dass wir den absenken wollen. Dieser Ertüchtigungstitel ist, wie in der Vergangenheit auch, eine Reserve. Wir brauchen sie, weil wir nicht wissen, wie sich die Länder entwickeln, weil wir nicht wissen, wie Russland agiert.
Herr Kollege Gysi, das war wieder so ein schönes Beispiel; da passt dann wahrscheinlich sogar das Wort von der „Freundlichkeit bei tückischem Gemüte“. Da sagen Sie: Wie wäre es denn, wenn wir mal so einen Vorschlag machten „Keine Waffenlieferung“ – also wir tun etwas –, „und dann macht Russland einen Waffenstillstand“?
(Aydan Özoğuz [SPD]: Genau!)
Das Spannende ist: Dann machen die den Waffenstillstand – –
(Zuruf des Abg. Dr. Gregor Gysi [DIE LINKE])
– Nein, nein; ich habe schon genau zugehört; Sie haben das bewusst so formuliert: einen Waffenstillstand. – Aber einhalten wird Russland – das wissen wir doch alle – den Waffenstillstand nicht, weil sie uns wieder erklären können, aus welchen Gründen eigentlich die Ukraine den nicht eingehalten hat usw. Und was haben wir dann gemacht? Wir haben mal wieder einen Schritt nach vorne gemacht, und Russland nutzt das an der Stelle einfach nur aus. Und dann guckt man wieder, ob man die Waffen wieder liefert, während an der Front der nächste Ukrainer, die nächste Ukrainerin stirbt. Nein, solche Spielchen macht man einfach nicht!
(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Hier muss Russland von sich aus etwas zeigen. Es gibt einen Moment, an dem auch dieser Nation Europa sagen muss: Jetzt kommt von dir ein Vertrauensbeweis, und dann reagieren wir. – Es darf nicht immer wieder das Spielchen gespielt werden: Erst muss Europa einen Vertrauensbeweis erbringen, und dann könnte Russland vielleicht ja auch mal etwas tun.
Worüber werden wir in den nächsten Wochen noch reden? Wir werden über die Ukraine reden. Wir werden über die Frage reden müssen, was da noch an finanziellen Notwendigkeiten besteht. Das wird diesen Einzelplan betreffen, das wird den Einzelplan 60 betreffen, und das wird den Verteidigungshaushalt betreffen. Es wird aber auch wegen der Flüchtlinge den Einzelplan 06 – Bundesministerium des Innern und für Heimat – treffen, ebenso unsere Kommunen. Da müssen wir noch sehr, sehr genau schauen, wie wir das alles finanziert bekommen.
Eines allerdings kann ich an der Stelle klar sagen: Hier wird Deutschland außen- wie innenpolitisch seiner Verantwortung als großer Staat mitten in Europa gerecht werden, auch gegenüber unseren östlichen Nachbarn. Das will ich hier ganz besonders hervorheben. Ich glaube, darauf sollten wir stärker den Fokus legen. Wann immer ich nach Osteuropa reise, kommt so dieses Gefühl zum Ausdruck: „Ja, wir sind froh, dass ihr da seid“; aber da kommt noch ein zweites Gefühl zum Ausdruck: „Wir haben immer noch das Gefühl, ihr schaut ganz viel nach Westen und ihr schaut so ein bisschen nach Osten; aber uns mit all dem, was wir an Möglichkeiten und an Stärken haben, das nehmt ihr noch nicht so richtig ernst.“ Und da, glaube ich, müssen wir sehr, sehr viel tun.
Damit komme ich zum Goethe-Institut und zur Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik. Ich will das deutlich sagen: Hier reden alle wieder darüber, dass wir da viel tun müssen. Frau Ministerin, dazu ein ernsthaftes Wort. Es ist gut, wenn der Haushaltsausschuss regelmäßig die Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik unterstützt. Aber wenn das Ministerium in 2022 und, wie ich höre, auch in 2023 hingeht und die 75 Millionen Euro globale Minderausgabe – Übersetzung: da sparen Sie wieder Geld aus dem Haushalt – zu 80 Prozent aus diesem Bereich nimmt, obwohl er nur 14 Prozent Anteil am Haushalt hat, wird uns das als Haushälter, als Auswärtige Kultur- und Bildungspolitiker an der Stelle, zwingen, dann klarzustellen, dass eine globale Minderausgabe so eingespart wird, wie auch die Anteile am Haushalt sind. Ich hoffe, wir finden da eine Lösung, ohne dass der Haushaltsausschuss das machen muss; denn dafür ist die Kultur- und Bildungspolitik viel zu wichtig, auch die Auswärtige.
(Beifall bei der FDP)
Meine Damen und Herren, ich komme zum Schluss. Ich möchte hoffen, dass dieser Haushalt eine bessere Klarheit findet in dem, was unsere Verantwortung ist. Und ich möchte auch hoffen, dass wir in der Außenpolitik – das ist mein Wunsch – auch etwas mehr darauf reagieren, wenn andere Länder unsere Werte angreifen, –
Herr Kollege.
– wenn andere Länder unsere Werte, ich sage das manchmal so, mit Füßen treten. Da müssen wir noch schauen, welche Antworten wir bekommen.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Jürgen Trittin hat jetzt das Wort für Bündnis 90/Die Grünen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7556870 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 118 |
Tagesordnungspunkt | Auswärtiges Amt |