07.09.2023 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 119 / Einzelplan 07

Esther DilcherSPD - Justiz

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister Buschmann! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Kehren wir mal wieder zurück zu den Zahlen! Wir reden nämlich über den Haushalt für 2024.

Fast jeden von uns haben die Briefe und E-Mails zu Kürzungen im Haushalt für 2024 erreicht, unter anderem von vielen Projektträgern und Verbänden, die sich darauf eingestellt hatten, auch weiterhin Geld aus dem Bundeshaushalt zu erhalten. Eine Frage müssen wir uns daher alle stellen: Wie betrachten wir diesen Bundeshaushalt mit seinen Einzelplänen, insbesondere wenn wir den Vergleich zu den Vorkrisenhaushalten anstellen? Ist das Glas halb leer, oder ist es halb voll?

Schauen wir mal auf die Zahlen! Der Minister hat es schon erwähnt: Der Justizhaushalt ist zu 70 Prozent durch Personal- und Verwaltungsausgaben geprägt. Ich betreue den Haushalt jetzt schon länger, und ich weiß: Wir hatten, als ich damit angefangen habe, noch eine Quote von 65 Prozent. Das wird also immer mehr. Ein Aufwuchs findet natürlicherweise auch deswegen statt, weil wir immer wieder Tarifanpassungen vornehmen müssen.

Im Justizhaushalt wird mit Gesamtausgaben von 1,025 Milliarden Euro und Einnahmen von 666 Millionen Euro gerechnet. Also haben wir in diesem Haushalt eine sehr hohe Deckungsquote.

Und auch das hat der Minister schon gesagt: Wir investieren in die Digitalisierung der Justiz. Das ist etwas, was wirklich schon sehr lange überfällig ist, was wir auch alle merken, und ich denke, wir sind uns hier im Haus auch einig, dass die Papierakten lange ausgedient haben und dass da einiges geschehen muss.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Das Geld dafür – viermal 50 Millionen Euro für die Jahre 2023 bis 2026 – ist zum großen Teil allerdings noch gesperrt.

Der Minister hat den Berichterstattern und auch hier im Plenum seinen Plan dazu vorgestellt,

(Zuruf von der CDU/CSU: Aber nur euch! Dem Rest nicht!)

einen sogenannten Vier-Punkte-Plan, aus dem sich Projekte zusammensetzen sollen, und da gab es die Vorstellung – wir nennen das die Stufe 3 –, dass 8 bis 10 Prozent der 200 Millionen Euro in ausfinanzierte Entwicklungsverbünde der Länder investiert werden sollten. Das geht natürlich nur, wenn wir da auch ein Bundesinteresse feststellen. Diese Pläne liegen uns vor.

Eine mit den Ländern jetzt abgeschlossene Vereinbarung geht über diese Quote hinaus. Wir als Bund haben nicht die Sicherheit – auf jeden Fall nicht aus dieser Vereinbarung –, dass dieses Geld auch zusätzlich in den Länderjustizhaushalten eingesetzt wird. Nur dann, wenn es zusätzlich eingesetzt wird, kann es auch einen ordentlichen Schub geben und können die Länder diese Entlastung nutzen, um die Länderjustiz auch weiter gut aufzustellen.

Also, Herr Minister, da werden wir noch mal genau hinsehen müssen, wie wir das bewerkstelligen. Im Moment sind wir da noch sehr vorsichtig unterwegs, aber wir beraten den Haushalt ja noch einige Zeit.

Auch Digitalisierungsprojekte auf Bundesebene werden endlich angeschoben, wie beispielsweise die Justiz-Cloud. Es muss in Deutschland möglich sein, dass verschiedene Behörden – Polizei, Verwaltungsbehörden, Gerichte, Staatsanwaltschaft – auch miteinander kommunizieren können, und zwar digital, und nicht unterschiedliche Softwareprogramme benutzen und, wie gesagt, Papierakten durch die Städte fahren.

Die Stiftung Forum Recht wird ebenfalls fortgeschrieben, auch das sozusagen ein Kind, das ich von Anfang an betreut habe und wo es durchaus auch immer wieder geknatscht hat, weil es Vorstellungen gibt, dass da immer mehr aufgestockt wird. Wichtig ist aber jetzt, zu diesem Zeitpunkt, dass das geplante Bauprojekt nicht mehr auf die lange Bank geschoben wird, damit dieses Projekt dem Ziel ein Stück näher kommt. Das Land Sachsen wartet schon eine Zeit lang; die sind nämlich schon viel weiter mit der Planung als wir. Die warten auf ein Zeichen, dass es dort jetzt losgehen kann.

Im Einzelplan 07 sehen wir aber auch einige Kürzungen, insbesondere bei den Zuschüssen, unter anderem – und das tut mir persönlich sehr weh – eine vollständige Kürzung beim Anne-Frank-Zentrum von in diesem Jahr noch 300 000 Euro und bei der HateAid gGmbH von in diesem Jahr noch 497 000 Euro. Die Briefe dazu haben Sie sicherlich auch alle bekommen.

Grundsätzlich sollte kein Zuschussempfänger davon ausgehen, dass das Geld für Projekte selbstverständlich jedes Jahr weiterläuft. Aber in diesen beiden Fällen lohnt sich nach meiner Auffassung die Überlegung, ob eine Gegenfinanzierung innerhalb des Einzelplans doch noch gelingen kann.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Clara Bünger [DIE LINKE] – Clara Bünger [DIE LINKE]: Unbedingt!)

Bei der Förderung durch das BMJ liegt der Schwerpunkt der HateAid gGmbH auf der Betroffenenberatung und der Identifizierung neuer Gewaltphänomene wie Phishing, bildbasierte digitale Gewalt, Deep Fakes und der entsprechenden Plattformen. Mittlerweile ist auch LinkedIn betroffen, wo digitale Gewalt stattfindet. Das hat mich persönlich total überrascht, weil ich nicht so ein Social-Media- oder digitaler Fan bin, dass ich mich entsprechend auskenne. Ich nutze dieses Portal; aber es hat mich doch überrascht, dass so ein Berufsportal, auf dem man sich vernetzt, mittlerweile auch Ziel von Angriffen mit digitaler Gewalt ist.

Wir reden in Deutschland von Digitalisierung. Dann müssen wir aber auch die Menschen vor den Gefahren und vor allem vor digitaler Gewalt schützen. Ich habe sie selber einmal erfahren, und ich weiß, dass es ganz viele Frauen gibt, die mit Mails bedroht werden, dass Sexvideos von ihnen im Internet veröffentlicht werden sollen, wenn nicht eine bestimmte Summe gezahlt wird. Das führt zu massiver Verunsicherung und extremem Druck. Und ich frage mich dann: Wie hoch ist die Dunkelziffer bei solchen Taten? Wie schnell werden solche Straftaten zunehmen? Zu welchen Zwecken werden solche Taten eingesetzt – in Wahlkämpfen, bei Bewerbungen etc. pp. –, durch die Frauen in Misskredit gebracht und verletzt werden?

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Ich finde es wichtig, dass wir in diesem Land als Gesellschaft zusammenhalten. Wir alle sind verantwortlich, und zwar gemeinsam, für den Zustand unseres Landes. Da ist es eben manchmal wenig hilfreich, wie es in dieser Woche schon oft geschehen ist, alles schlechtzureden und eine negative Stimmung zu verbreiten, um dann selbst davon zu profitieren. Ich bin der Auffassung: In Deutschland ist das Glas immer noch halb voll.

Ich freue mich auf die weiteren Beratungen. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Nächster Redner ist Dr. Michael Espendiller für die AfD-Fraktion.

(Beifall bei der AfD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7557001
Wahlperiode 20
Sitzung 119
Tagesordnungspunkt Justiz
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