21.09.2023 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 122 / Zusatzpunkt 4

Till MansmannFDP - Steuererhöhungen für Gas, Fernwärme und Gastronomie

Lade Interface ...
Anmelden oder Account anlegen






Sehr geehrte Frau Präsidentin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! 2 Millionen Menschen arbeiten in der Gastronomie, 1 Million davon ist sozialversicherungspflichtig beschäftigt, eine weitere Million in geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen. Ich habe das als Student selbst gemacht, meine Tochter macht das heute in Heidelberg. Es spielt im Leben vieler Menschen eine wichtige Rolle, auch auf Seite der Kunden. Wir wissen, wie wichtig das für das Sozialleben der Menschen ist, für die Freizeitgestaltung, auch für die Entlastung im Berufsleben anderer. So ist der Mittagstisch, den viele Unternehmen anbieten, ganz wichtig für viele Mitarbeiter vor allem in kleinen und mittleren Unternehmen.

Nun fordern Sie, den gesenkten Umsatzsteuersatz beizubehalten und zu entfristen. Da das auch die Beschlusslage meiner Fraktion ist: so weit, so gut. Aber Sie fordern noch mehr. Sie fordern auch, den gesenkten Umsatzsteuersatz auf Lieferungen von Gas und Fernwärme zu entfristen. Jetzt wissen wir natürlich, liebe Kolleginnen und Kollegen von der Linksfraktion: Haushaltsdisziplin und solide Finanzrechnung sind nicht Ihre Sache. Das können Sie auch so machen, weil Sie sich um Regierungsaufgaben für lange Zeit keinen Kopf machen müssen.

Trotzdem habe ich Fragen zu Ihrem Energieantrag. Als wir das Instrument eingeführt haben, das Sie jetzt verstetigen wollen, hat Ihr Fraktionskollege Christian Leye hier noch geätzt – ich greife jetzt das, was der Kollege Klüssendorf zur Gastronomie gesagt hat, zu dem Bereich des Gases und der Fernwärme auf –, dass wir das ganze Gesetz von den Energiekonzernen hätten schreiben lassen. Und er hat festgestellt, man wisse doch, dass die Konzerne die Steuersenkung gar nicht an die Endkunden weitergeben würden.

(Armand Zorn [SPD]: Hört! Hört! Hört! Hört!)

Jetzt wollen Sie die Senkung trotzdem verstetigen und weiterlaufen lassen. Da stellt sich doch die Frage: War damals Ihre Einstellung falsch, oder haben Sie Ihre Einstellung dazu geändert?

(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das sollten wir schon wissen, weil diese Frage so oft hier auftaucht, dass da mal ein konsistentes Bild entstehen sollte.

Aber was ich bei Ihnen auch systematisch vermisse, ist die Analyse, wer eigentlich für die Preistreiberei im Bereich der Energie verantwortlich ist, und das ist der Angriffskrieg Putins auf die Ukraine. Sie zeigen viel Mitgefühl mit den deutschen Endkunden – das tun wir auch, das müssen wir alle tun –; aber wir müssen auch Mitgefühl zeigen mit den Menschen in der Ukraine, mit der Zivilbevölkerung, die dort bombardiert wird.

(Antje Tillmann [CDU/CSU]: Das hat doch mit der Umsatzsteuererhöhung gar nichts zu tun!)

Die Kollegin Beck hat ganz zu Recht darauf hingewiesen, dass Putin das ganz bewusst als Waffe eingesetzt hat. Und das kann man hier an dieser Stelle nicht einfach ausklammern.

(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Ich sage das bei diesen Debatten sehr oft, und ich glaube, ich muss es auch noch ganz häufig in weiteren Debatten sagen, weil es dauernd kommt: Die Umsatzsteuer eignet sich nicht sehr gut, um damit immer wieder auf Krisen zu reagieren oder Klientelsituationen zu bedienen. Das ist ein schwieriges Instrument, da muss man ein bisschen aufpassen. Es hat sich über die Jahre eingebürgert, an so vielen Stellen herumzudoktern, dass diese Umsatzsteuer jetzt so aussieht, wie sie aussieht, und dringend reformbedürftig ist.

Deswegen sollten wir alle uns mal zusammensetzen und ganz systematisch an diese Steuer rangehen. Da muss man sich bei der Gastronomie natürlich schon die Frage stellen, ob es richtig ist, dass es dann, wenn jemand in den Supermarkt geht und eine Dose kauft und sie zu Hause aufmacht und den Inhalt isst, darauf einen niedrigen Mehrwertsteuersatz gibt, wenn jemand aber Dienstleistungen in Anspruch nimmt, wenn ein Koch kocht und jemandem serviert, wenn damit Personalaufwand verbunden ist, es wieder teuer ist. Das ist von der Systematik her, wenn wir es mal richtig überarbeiten, dann vielleicht zu überdenken.

(Antje Tillmann [CDU/CSU]: Ihr wollt es teurer machen! – Olav Gutting [CDU/CSU]: Jetzt ist es ja günstig! Ihr macht es ja teuer! – Gegenrufe von der FDP: Nein!)

– Nein, nein. Ich habe Ihnen gerade gesagt, und ich sage das noch mal ganz ausdrücklich: Wir in der FDP-Fraktion haben eindeutig die Beschlusslage, dass wir das auch unterstützen; nur wollen wir das gerne machen, wenn wir die Steuerschätzung abgewartet haben.

(Antje Tillmann [CDU/CSU]: Das ist Ende November! – Weitere Zurufe von der CDU/CSU: Ah!)

Denn auch Sie müssen uns mal vorrechnen, woher genau Sie das nehmen wollen, und das können wir erst im November tun.

(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Redner hier haben ganz deutlich gesagt: Wir sprechen dann ganz gezielt darüber, wenn uns die Daten vorliegen, wenn wir die Zahlen kennen, welche Maßnahmen richtig sind und wie wir sie finanzieren.

Wir in der FDP-Fraktion sind der Auffassung, dass dann bei der Gastronomie das beibehalten und entfristet werden sollte.

(Zuruf von der CDU/CSU: Kneipen, die zu sind, zahlen übrigens keine Steuern!)

Aber wir müssen es eben auch durchrechnen und mit unseren Ampelpartnern diskutieren; und das werden wir tun.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Der nächste Redner ist Alois Rainer für die CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7578692
Wahlperiode 20
Sitzung 122
Tagesordnungspunkt Steuererhöhungen für Gas, Fernwärme und Gastronomie
00:00
00:00
00:00
00:00
Keine
Automatisch erkannte Entitäten beta