Melanie WeglingSPD - Steuererhöhungen für Gas, Fernwärme und Gastronomie
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, niemand hier im Saal widerspricht der Aussage, dass eine Rückkehr zu einem Mehrwertsteuersatz von 19 Prozent die Konsumenten bei Konsum in der Gastronomie und bei Gas und Wärme in unserem Land belastet. Und klar: Bei den Vergünstigungen zu bleiben, klingt erst mal gut. Aber: Wenn wir das Kriseninstrument einer temporären Mehrwertsteuerreduktion zu einer generellen Dauerlösung machen, dann erodiert unser Mehrwertsteuersystem von allen Seiten. Denn wer vermag dann noch an anderer Stelle den Wunsch nach einer ebensolchen Reduktion zu verneinen?
Es ist meine Grundüberzeugung, dass wir nur dann auch zukünftig so flexibel und effektiv auf Krisen eingehen können, wie wir es bisher getan haben, wenn wir weiterhin Kriseninstrumente für Krisenzeiten aufheben und nicht in den Standardinstrumentenkasten packen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Denn Vertrauen in eine Regierung beruht auch darauf, dass sie Kriseninstrumente nicht überstrapaziert und dass diese in Krisen dann auch wirken. Und genau das sehen wir jetzt: Die Energiepreise an den Börsen sinken wieder, und wir haben eine ganz andere Situation in diesem Herbst als noch vor einem Jahr.
Das heißt nicht, dass unser Umsatzsteuersystem in Zement gegossen ist. Hier ist eine grundsätzliche Reform, wie ich finde, durchaus sinnvoll. Denn die absurdesten Beispiele der Klassifizierung von 7 oder 19 Prozent Mehrwertsteuersatz haben wir an dieser Stelle schon häufiger zusammengetragen – wie heute auch. Und das heißt auch nicht, dass wir die nicht zuletzt durch Corona und Fachkräftemangel gebeutelte Gastronomie einerseits und die Verbraucher/-innen andererseits nicht anderweitig entlasten können.
Wie machen wir das? Es ist seit Beginn der Energiekrise, in der wir uns auch durch den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine befinden, die Prämisse der Ampelkoalition, durch gezielte Unterstützung gerade die Menschen zu entlasten, die am wenigsten Geld haben. Denn eines ist klar: Bei einer angespannten Haushaltslage und der Vorgabe, die Schuldenbremse einzuhalten, kann eben nicht mehr aus dem Vollen geschöpft werden.
Neue Spielräume für zukünftige Haushalte können wir uns aber erarbeiten, indem wir mal an das Thema Subventionsabbau herangehen. Es ist nicht nur fiskalisch sinnvoll, sondern schlichtweg ein Gebot der Vernunft, genau die umwelt- und klimaschädlichen Subventionen und Ausgaben abzubauen, von denen übrigens hauptsächlich die Reicheren in unserer Gesellschaft profitieren.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Und hier erinnere ich auch gern daran, dass die G-7-Staaten 2016 beschlossen haben, sämtliche klimaschädlichen Subventionen bis zum Jahr 2025 auslaufen zu lassen. Wir stehen hier also nicht allein mit unserer Forderung.
Das Umweltbundesamt hat in einer Studie von 2021 berechnet, wie viel Einnahmen dem Staat durch direkte oder indirekte fossile Subventionen entgehen. Das sind 50 bis 60 Milliarden Euro pro Jahr, die hier möglich wären. Und das ist allein die finanzielle Seite der Medaille. Auf der ökologischen Seite können wir knapp 100 Millionen Tonnen CO
Als Abgeordnete eines Wahlkreises, der besonders durch Fluglärm belastet wird, frage ich mich – und das fragen sich auch die Bürgerinnen und Bürger aus dem Kreis Groß-Gerau –, was bei den fossilen Subventionen im Luftverkehr passiert. Wir reden hier von der Energiesteuerbefreiung für Kerosin oder auch über die Mehrwertsteuerbefreiungen für internationale Flüge. Auch beim Dienstwagenprivileg und bei der Energiesteuervergünstigung für Diesel liegen große klima- und finanzpolitische Potenziale und viel Spielraum für künftige Haushaltspläne. Das wären steuerpolitische Anpassungen, die wir zugunsten der weniger gut gestellten Menschen in unserem Land gern vornehmen könnten.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Dr. Stephan Seiter [FDP])
Als SPD-Fraktion ist uns klar, dass wir hier ranmüssen; denn Subventionen durch verringerte Steuersätze können temporär in Krisenzeiten helfen. Ob wir sie uns als Dauerprivileg aber leisten können, sollten wir dann im Finanzausschuss besprechen.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Jetzt spricht Albrecht Glaser für die AfD.
(Beifall bei der AfD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7578694 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 122 |
Tagesordnungspunkt | Steuererhöhungen für Gas, Fernwärme und Gastronomie |