21.09.2023 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 122 / Zusatzpunkt 4

Maximilian MordhorstFDP - Steuererhöhungen für Gas, Fernwärme und Gastronomie

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Gastronomie ist in Deutschland nicht nur eine wichtige Stütze unserer Wirtschaft, sie ist auch eine Stütze der Gesellschaft, des öffentlichen Raumes, des Zusammenseins insgesamt, und sie ist sehr mittelständisch geprägt. Anders als in einigen anderen Ländern haben wir nicht nur Systemgastronomie, Fine Dining und Tourifallen. Wir haben sehr viel Mittelstand in der Gastronomie, und das sollten wir stärken und unterstützen. Deswegen sage ich gerade für die Freien Demokraten: In dieser Zeit, wo wir wirtschaftlich schwierige Daten haben, sollten wir in dieser Sache keine Steuer erhöhen und uns für die Verlängerung des ermäßigten Mehrwertsteuersatzes, jedenfalls für die Dauer dieser Krise, einsetzen.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des Abg. Jörn König [AfD]: – Matthias Hauer [CDU/CSU]: Und ihr stimmt dagegen! Warum stimmt ihr dagegen?

Das Aber kommt jetzt; das ist der Unterschied zwischen Opposition und Regierung mit Verantwortung für Deutschland. Wir müssen nämlich zwei Dinge beachten:

Der erste Punkt ist das Thema der Haushaltsverhandlungen. Ihre Haushälter weisen immer wieder darauf hin, dass doch bitte die Solidität des Haushaltes eingehalten werden soll, dass nicht mehr ausgegeben werden sollte, als eingenommen wird,

(Dr. Carsten Brodesser [CDU/CSU]: Das habt ihr doch selber in der Hand! Ihr macht doch den Haushaltsentwurf!)

nur damit dann Ihre Fachpolitiker in jedem Fachbereich sich Krokodilstränen oder was auch immer in die Gesichter schmieren und sich aufregen und ärgern, dass in ihrem Bereich nicht mehr Geld ausgegeben wird. Sie müssen von Ihrem finanzpolitischen Luftschloss dringend runterkommen.

(Enrico Komning [AfD]: Bei der Migration können Sie sparen ohne Ende!)

Seit zwei Jahren sind Sie in ganz anderen Sphären unterwegs. Es ist irrational, einerseits solide Haushaltsführung zu fordern

(Antje Tillmann [CDU/CSU]: Sie machen es ja noch nicht mal!)

und andererseits nicht selbst mal mit den Fachpolitikern darüber zu sprechen, wo denn gespart werden kann und wo nicht.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Zweitens müssen wir ganz dringend über das Mehrwertsteuersystem insgesamt sprechen. Dieses Hickhack um einzelne Mehrwertsteuersätze in Deutschland muss aufhören.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Kein normaler Mensch – ich behaupte, nicht einmal der gemeine Steuerberater –versteht noch im Einzelnen, was genau ermäßigt ist und was nicht und zu welchem Zeitpunkt. Wir wissen es oft nicht einmal als Politiker. Wie soll man das denn normalen Menschen erklären?

(Jörn König [AfD]: Ja, aber ihr seid in der Regierung! Macht doch endlich mal was!)

Wir haben mittlerweile über 100 Ausnahmen für ermäßigte Mehrwertsteuersätze. Es gibt ganz bekannte Beispiele. Das Problem ist, dass in jedem Fall wieder eine bestimmte Lobby, eine bestimmte Branche sich dafür einsetzt, dass sie doch die Stütze der Wirtschaft ist und dass in ihrem Fall unbedingt ermäßigt werden muss. Es ist steuerpolitisch unlogisch und auch ungerecht, und deswegen müssen wir da für Änderung sorgen.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Es ist ja oft verwirrend. Ich habe in der Vorbereitung auf die Rede noch mal in die Anlage des Umsatzsteuerrechts hineingeschaut, um zu sehen, was so alles ermäßigt ist und was nicht. Es gibt ja typische Beispiele. Vorsicht bei der Viehhaltung: Wenn Sie sich einen Esel kaufen, zahlen Sie 19 Prozent, für den Maulesel 7 Prozent. Wir sind ja alle Tierliebhaber – das Umsatzsteuerrecht offensichtlich aber nur teilweise. Wer sich als Haustier nämlich einen Hund oder eine Katze holt, zahlt 19 Prozent. Kaufen Sie lieber Hauskaninchen, Hausschwein oder Perlhuhn; da zahlen Sie 7 Prozent.

(Jörn König [AfD]: Wie sieht es eigentlich aus mit Löwen in Berlin?)

Für Gemälde zahlen Sie 7 Prozent. Für Wasser zahlen sie 7 Prozent, außer Sie kaufen es in Flaschen; dann zahlen Sie 19 Prozent. Die Zirkusvorführung ist ermäßigt mit 7 Prozent. Für Äpfel sind es 7 Prozent, für Apfelsaft 19 Prozent. Und jetzt geht es bald wieder in die Weihnachtszeit. Wenn Sie den Adventskranz lieber selber basteln, zahlen Sie für Tannenzapfen und Moos 7 Prozent. Bei fertigen Adventskränzen zahlen Sie 19 Prozent. Das kann man doch keinem Menschen in diesem Lande erklären.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Deswegen: Lassen Sie uns auch im Finanzausschuss, meinetwegen auch fraktionsübergreifend – ich habe da wirklich gute Signale aus vielen Fraktionen wahrgenommen –, darüber sprechen, wie wir zu einem einheitlichen Mehrwertsteuersatz in Deutschland kommen können.

Da wird es viel Widerstand geben. Da wird Die Linke aufschreien, man würde jetzt die Mehrwertsteuer auf Lebensmittel erhöhen. Ja, dem wäre auch so, wenn man sagt: Wir einigen uns statt auf 7 Prozent hier und 19 Prozent da mal auf 12 oder 13 Prozent, je nachdem, was nach der EU-Richtlinie über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem möglich ist.

(Zuruf des Abg. Jörn König [AfD])

Am Ende ist es aber eine riesige Bürokratieentlastung. Es ist finanzpolitisch logisch, und das Hickhack einzelner Branchen in diesem Land hört auf. Dann haben wir auch nicht mehr zig Tagesordnungspunkte an einem Donnerstag, wo wir bis 3.05 Uhr im Plenum sitzen, sondern wir beschäftigen uns mit finanzpolitischer Stringenz.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort hat Johannes Steiniger für die CDU/CSU-Fraktion

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7578697
Wahlperiode 20
Sitzung 122
Tagesordnungspunkt Steuererhöhungen für Gas, Fernwärme und Gastronomie
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