21.09.2023 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 122 / Zusatzpunkt 4

Carlos KasperSPD - Steuererhöhungen für Gas, Fernwärme und Gastronomie

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Ja, manchmal schämen wir uns auch. – Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen. Der Vorteil, als letzter Redner an das Rednerpult zu treten, ist, auf die vorhergehenden Redebeträge eingehen zu können. Da muss man auch bei diesem etwas klarziehen: Nicht die Ampelregierung hat Schuld an den horrenden Energiepreisen und an der hohen Inflation, es ist der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine. Wir unterstützen die Ukraine zu Recht; denn es geht auch um unseren Frieden.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Zuruf von der CDU/CSU: Auch!)

Das sage ich ausdrücklich heute am Internationalen Tag des Friedens.

Aber natürlich ist auch die Ampel in der Pflicht, die Auswirkungen der Krise gerade für die kleinen und mittleren Einkommen, die so sehr unter der hohen Inflation leiden, einzudämmen.

(Matthias Hauer [CDU/CSU]: Das Gegenteil machen Sie!)

Deshalb habe ich mich auch auf diese Debatte heute hier gefreut, aber ich wurde gleich von mehreren ernstzunehmenden Oppositionsparteien enttäuscht. Zum einen war der Antrag der Linken als großer Gerechtigkeitsantrag angekündigt. Ich hatte extra neues Papier in den Drucker gelegt, und dann: nur diese eine Seite Antrag

(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Das ist umweltfreundlich!)

zu einem so wichtigen Thema – enttäuschend. Aber was soll man auch erwarten, wenn sich die eigene Fraktionsvorsitzende lieber um die Parteineugründung kümmert

(Antje Tillmann [CDU/CSU]: Die Rede finden wir jetzt enttäuschend!)

als um die Sorgen und Nöte der Menschen in unserem Land.

Aber in der Sache kann man Ihrem Antrag auch etwas Positives abgewinnen. Gerade die Mehrwertsteuer bei Gas und Fernwärme auf 12 Prozent zu erhöhen, halte ich in der aktuellen Lage nicht für angebracht. Aus sehr guten Gründen haben wir die Mehrwertsteuer bis zum 31. März 2024 befristet gesenkt. Wir wollten damit verhindern, dass die Preise mitten in der Heizperiode ansteigen. Was damals richtig war, kann heute nicht falsch sein.

(Antje Tillmann [CDU/CSU]: Ja, das ist so!)

Außerdem ist Ihr Antrag nicht gegenfinanziert.

Und was macht die Union hier, Frau Tillmann? Sie bläst in das gleiche Horn und fordert zusätzlich, die Stromsteuer auf das europäische Mindestmaß zu senken.

(Zuruf der Abg. Antje Tillmann [CDU/CSU])

Das sind noch mal 7 Milliarden Euro weniger im Bundeshaushalt, und trotzdem würde sich gar nichts für die Menschen verbessern; denn von dieser Stromsteuersenkung würde ein Zwei-Personen-Haushalt um gerade mal 50 Euro im Jahr entlastet.

Herr Kollege, möchten Sie eine Zwischenfrage aus der Fraktion Die Linke zulassen?

Na klar.

Vielen Dank, dass Sie meine Zwischenfrage zulassen. – Sie haben eben unseren Antrag dargestellt und gesagt, die Erhöhung der Mehrwertsteuer bei Gas und Fernwärme sei falsch, und uns vorgeworfen, das sei nicht gegenfinanziert. Das war doch Ihr Gesetz, das regelt, die Mehrwertsteuersenkung bis zum 31. März zu reduzieren.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Würden Sie dann bestätigen, dass Ihr Gesetz nicht gegenfinanziert war? Der Vorwurf richtet sich ja dann gegen Sie; denn im Gesetzblatt steht drin, dass Sie es bis 31. März laufen lassen wollen.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Antje Tillmann [CDU/CSU]: Gute Frage!)

Wir befinden uns, wie Sie ja bestimmt wissen, gerade in den Haushaltsverhandlungen des Bundeshaushaltes. Da werden wir dann auch die notwendigen Gelder auftreiben.

Aber ich sprach von Ihrem Antrag, der wirklich nur eine A4-Seite hat.

(Alexander Ulrich [DIE LINKE]: Das Wesentliche steht drin!)

Sie sprechen darin von einer Steuererhöhung von rund 10 Milliarden Euro – wie Sie auf die Summe kommen, weiß ich nicht –, 7 Milliarden Euro bei Gas und Fernwärme pro Jahr; das verstehe ich nicht. Es sind 2,1 Milliarden Euro, um genau zu sein, die hier als Mindereinnahme eingebucht werden müssten, und die werden wir, glaube ich, in diesen Haushaltsverhandlungen auch auftreiben. Das Schlusswort hat natürlich der Bundestag als Haushaltsgesetzgeber. – Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Alexander Ulrich [DIE LINKE]: Schwach! – Antje Tillmann [CDU/CSU]: Er hat keine Antwort!)

Wir waren gerade bei dem unzufriedenstellenden Antrag der Linken bzw. dem unzufriedenstellenden Gesetzentwurf der CDU, der heute Nachmittag folgt. Wer für Mindereinnahmen ist, muss natürlich auch sagen, wie diese gegenfinanziert werden sollen, und das machen Sie eben nicht.

Deswegen schlage ich vor, einfach mal über klimaschädliche Subventionen zu reden;

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

denn die stehen im Bundeshaushalt mit bis zu 65 Milliarden Euro drin.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Wenn wir hier Reformen angehen würden, könnten wir nicht nur diese Vorschläge finanzieren, sondern auch noch was für die nachfolgenden Generationen tun. Allein durch die Reform des Dienstwagenprivilegs könnten bis zu 3 Milliarden Euro eingespart werden.

(Zurufe von der CDU/CSU)

Durch eine stärkere Besteuerung von Privatjets und Flugreisen könnten wir noch einmal bis zu 8 Milliarden Euro einspielen.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN] – Olav Gutting [CDU/CSU]: Stimmt doch gar nicht!)

Herr Kollege, es gäbe noch eine Zwischenfrage von Herrn Gottschalk aus der AfD.

(Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Nein! Nein!)

Ich bin hier an einer konstruktiven Debatte interessiert; deswegen lasse ich diese nicht zu.

(Zuruf von der AfD: Ist doch super!)

Sich mit klimaschädlichen Subventionen zu beschäftigen, ist nicht nur eine Frage des Geldes, es ist auch eine Frage der Gerechtigkeit;

(Antje Tillmann [CDU/CSU]: Okay! Dann macht das doch!)

denn in erster Linie profitieren von diesen Subventionen die Wohlhabendsten in unserer Gesellschaft.

(Zuruf des Abg. Olav Gutting [CDU/CSU])

Wer mit seinem Privatjet fliegt und mit seiner Superjacht um die Welt fährt, verursacht nicht nur massenhaft CO

(Johannes Steiniger [CDU/CSU]: Immer dieser Klassenkampf, Herr Kasper!)

sondern profitiert auch noch von verschiedenen Ausnahmen bei der Steuer, und das auf Kosten der Gesellschaft.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Gerade in der jetzigen Lage brauchen wir mehr Anstrengungen als zwei Forderungen auf einer A4-Seite. Lassen Sie uns lieber gemeinsam an den Punkten arbeiten, bei denen die Reichen auf Kosten der Gesellschaft profitieren! Lassen Sie uns zielgenau diejenigen entlasten, –

Herr Kollege.

– die am härtesten von der Krise betroffen sind!

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Ich schließe die Aussprache.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7578703
Wahlperiode 20
Sitzung 122
Tagesordnungspunkt Steuererhöhungen für Gas, Fernwärme und Gastronomie
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