21.09.2023 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 122 / Zusatzpunkt 6

Stephan ThomaeFDP - Aktuelle Stunde - Grenzschutz gegen Massenmigration

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Wie wahrscheinlich viele von Ihnen war auch ich in diesem Sommer wieder sehr viel im Wahlkreis unterwegs, aber auch in ganz Bayern und in vielen anderen Regionen Deutschlands. Ich habe dort mit vielen Bundespolizisten, Grenzpolizisten, Bürgermeistern, Landräten und ehrenamtlichen Helfern gesprochen. Im ganzen Land bietet sich mir – wie wahrscheinlich auch Ihnen – das gleiche Bild: Die Bürgermeister und die Landräte weisen darauf hin, dass ihre Gemeinden, ihre Städte, ihre Landkreise am Limit ihrer Aufnahmefähigkeit angekommen sind,

(Josef Oster [CDU/CSU]: Ganz genau!)

dass Helfer aufgeben und dass Unterkünfte und Betreuungsplätze bis auf den letzten Platz belegt sind.

Aber auf eines will ich schon noch mal rekurrieren. Wenn jetzt die AfD und auch die Union mit dem Finger auf die Koalition zeigen,

(Josef Oster [CDU/CSU]: Ja, auf wen denn sonst? Ihr seid doch in der Verantwortung!)

so als hätte diese Koalition diese Krise ausgelöst,

(Philipp Amthor [CDU/CSU]: Aber auch nicht gelöst! – Detlef Seif [CDU/CSU]: Also, die jetzigen Fehler haben wir bestimmt nicht gemacht!)

dann will ich auf einen Punkt hinweisen: Die Ursachen dieser Flüchtlingskrise liegen zeitlich weiter zurück. Ich will nur einmal daran erinnern, dass der russische Machthaber Putin, zu dem die AfD bekanntlich besonders innige Beziehungen unterhält, 2014 die Krim überfallen und annektiert hat

(Jörn König [AfD]: Bingo!)

und die laue Reaktion der damaligen Bundesregierung Russland dazu ermuntert hat, 2022 die gesamte Ukraine zu überfallen. Das Resultat ist, dass über 4 Millionen ukrainische Menschen in andere Länder Europas geflohen sind, davon über 1 Million Menschen nach Deutschland.

(Zuruf des Abg. Dr. Rainer Kraft [AfD])

Das ist auch ein Teil der Wahrheit, den man sehen muss.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Luiza Licina-Bode [SPD])

2015/2016 hat die damalige Regierung Merkel das falsche Signal einer schier unbegrenzten Aufnahmefähigkeit ausgesandt, so als könnten wir unbegrenzt viele Menschen einfach so bei uns unterbringen. Auch das ist eine Ursache dessen, dass 2022 rund 218 000 Menschen nach Deutschland gekommen sind; in diesem Jahr werden es wohl um die 300 000 sein. Insgesamt werden es in diesen beiden Jahren also 1,5 Millionen Flüchtlinge sein. Aber die Ursachen liegen in den Jahren 2015 und 2016 und nicht bei dieser Koalition, meine Damen und Herren. Das muss man an dieser Stelle auch einmal sagen.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD – Alexander Throm [CDU/CSU]: Ist das die neue Taktik der FDP?)

Jetzt zu den Überlegungen, wie man dieser Sache Herr werden kann. Kollege Amthor, Sie haben gerade wieder ins Spiel gebracht, dass Grenzkontrollen – Sie nannten sie „flächendeckend“; „stationär“ ist wohl gemeint –

(Philipp Amthor [CDU/CSU]: Nein!)

sozusagen das Mittel der Wahl seien, mit dem sich das Problem ein für alle Mal lösen ließe.

(Josef Oster [CDU/CSU]: Hat er nicht gesagt!)

Ich will aber schon darauf hinweisen, dass stationäre Grenzkontrollen die aufwendigste und eigentlich auch eine ziemlich veraltete Methode sind, um Grenzen zu sichern.

(Thorsten Frei [CDU/CSU]: Aber die erfolgreichste! – Philipp Amthor [CDU/CSU]: Aber erfolgreich!)

Einen Punkt will ich ansprechen. Ich glaube, für uns alle ist ein Europa der offenen Binnengrenzen schon ein hohes Gut, das niemand opfern will.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Thorsten Frei [CDU/CSU]: Ja, wenn die Außengrenzen gesichert sind! – Zuruf des Abg. Philipp Amthor [CDU/CSU])

Jetzt bitte ich aber, mal zu überlegen, ob nicht andere, intelligentere Arten der Grenzraumüberwachung das aktuelle Mittel der Wahl sind. Seit dem Schengener Abkommen sind überall in Europa Grenzanlagen, Grenzgebäude und Grenzübergänge abgebaut worden, sind neue Straßen, Brücken und Wege gebaut worden. Es gibt heute viel, viel mehr Grenzübergänge, als es 2005 gegeben hat. Deswegen ist die stationäre Grenzkontrolle eine Art der Kontrolle, die ungeheuer viel Personal bindet, sehr punktuell ist und nur an bestimmten Grenzübergängen stattfindet, wohingegen eine intelligente Schleierfahndung im Grenzraum flexibel, schnell und an vielen Stellen einsetzbar ist.

(Thorsten Frei [CDU/CSU]: Aber Sie können nicht zurückweisen! Zurückweisungen gehen nicht!)

Noch ausgeweitet durch Drohnen und Videotechnik lässt sich auf diese Art und Weise eine viel bessere Überwachung des Grenzraums garantieren als durch eine stationäre Grenzkontrolle, die noch dazu den Nachteil hat, dass sie den Pendler-, Reise- und Warenverkehr immens beeinträchtigt. Man tut immer so, als wäre nur die die stationäre Grenzkontrolle die wahre Kontrolle und alles andere so larifari. Das ist aber nicht der Fall, und deswegen setzen wir auf mehr intelligente Schleierfahndung, meine Damen und Herren.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP und der Abg. Gülistan Yüksel [SPD])

Ich möchte noch einen anderen wichtigen Punkt ansprechen. Das Hauptproblem, so glaube ich, ist die international agierende Schleuserkriminalität. Ich gehe davon aus, dass praktisch kein Flüchtling, der von weit her kommt, es auf eigene Faust aus Zentralasien oder aus Afrika bis nach Europa und bis nach Deutschland schafft. Da agieren die Schleuserbanden im Hintergrund, die immer rücksichtsloser, brutaler und skrupelloser werden, die nicht denen in Not helfen, sondern denen helfen, die am besten bezahlen. Das ist weltweit ein Millionengeschäft.

(Jörn König [AfD]: Milliarden!)

Das ist das eigentliche Problem der Massenmigration. Wenn wir diese Massenmigration stoppen wollen, dann müssen wir bei den Schleusern ansetzen und den Schleuserbanden das Handwerk legen, weil sie nicht den Menschen helfen, die in Not sind, die vor Krieg, Bürgerkrieg, Verfolgung fliehen, sondern denen, die am meisten bezahlen.

(Zuruf der Abg. Filiz Polat [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Deswegen brauchen wir – das zum Schluss – eine europäische bzw. internationale Kooperation und Ansätze, um diesen Banden das Handwerk zu legen.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP)

Wir werden diese Krise nur europäisch lösen, meine Damen und Herren. Sie ist ein Stück weit selbst gemacht, und wir arbeiten jetzt das auf, was in der Vergangenheit versäumt worden ist.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Marcel Emmerich [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] – Josef Oster [CDU/CSU]: Eijeijeijeijei!)

Für die AfD-Fraktion hat das Wort Martin Hess.

(Beifall bei der AfD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7578716
Wahlperiode 20
Sitzung 122
Tagesordnungspunkt Aktuelle Stunde - Grenzschutz gegen Massenmigration
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