Christian SchreiderSPD - Änderung des Bundesschienenwegeausbaugesetzes
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebes Publikum! Die Deutsche Bahn hat viele große Probleme und ein sehr großes: ihr Schienennetz. In kaum etwas wurde in der Geschichte der Bundesrepublik so wenig investiert wie in Gleise, Weichen und Signale. Wir fahren meistens von den gleichen alten Bahnhöfen auf die gleichen alten Strecken. Selbst zwischen 1995 und 2018 hat Deutschland immer noch doppelt so viel für Straßen ausgegeben wie für Schienen: 278 Milliarden Euro für Asphalt, nur 132 Milliarden Euro für die Bahn. Während das deutsche Schienennetz um 15 Prozent geschrumpft ist, wuchs das Autobahnnetz gleichzeitig um 18 Prozent, satte 2 000 Kilometer. Nur in Portugal sieht es jeweils noch krasser aus. Von Bahnmusterländern wie Japan, Österreich oder gar der Schweiz waren wir jedenfalls milliardenweit entfernt.
Die Folge: ein marodes Netz, extreme Störanfälligkeit und – kein Wunder – aktuelle Pünktlichkeitswerte von gerade mal 63 Prozent, und das bei einem absoluten Rekord der Nachfrage. Noch nie gab es so viele Fahrgäste wie in diesem Jahr. Für die und für die Wirtschaft wollen wir etwas tun; denn es gilt: Zuverlässige Schienenwege sind das Herzstück, sind unser Herzstück der Verkehrswende.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, 70 konkrete Vorschläge nach nur fünf Monaten konzentrierter Arbeit, das ist das Werk der Beschleunigungskommission Schiene. Vieles davon ist schon in der Umsetzung, zum Beispiel hier jetzt der Entwurf zum Bundesschienenwegeausbaugesetz. Klingt kompliziert, war es bisher auch. Aber wir machen es einfacher. Wir machen es vor allem einfacher, das Schienennetz zu pflegen; denn in diesem Gesetz steckt ein echter Quantensprung.
Erstmals darf der Bund die Instandhaltung der Gleise fördern. Wie war es denn bisher? Nur sogenannte Ersatzinvestitionen waren förderfähig. Übersetzt auf Deutsch: Erst wenn etwas komplett kaputt war und nicht mehr zu retten war, dann hat der Bund bezahlt, und zwar das neue Teil, das neue Gleis oder das neue Signal. Die Folge: viel zu viel, viel zu lange wurde vor allem auf Verschleiß gefahren. Die Konsequenzen kennen wir. Doch mit diesem Verschleiß ist jetzt Schluss. Wir setzen darauf, den Wert des Netzes dauerhaft zu sichern. Wir setzen auf umfassende Pflege und nachhaltige Instandhaltung; denn ein Neubau ist oft problematisch, und er dauert. Darauf allein können wir nicht mehr warten; denn die Bahn muss schneller besser werden. Deshalb gilt bei der Instandhaltung nun auch: die wichtigsten Strecken, die zentralen Achsen zuerst. Auch dieser Vorschlag unserer Kommission wird bereits umgesetzt.
Wir beginnen mit der Linie, über die 20 Prozent des deutschen Fernverkehrs läuft und die dank Dominoeffekte für gut 80 Prozent der Verspätungen sorgt: die Riedbahn zwischen Frankfurt und Mannheim. Die Vorarbeiten für ihr Fitmachen laufen bereits auf Hochtouren.
(Michael Donth [CDU/CSU]: Und was kostet es?)
In gut zehn Monaten ist Baubeginn, und zwar Baubeginn rundum; denn dank dieses neuen Gesetzes können wir jetzt alles bündeln, Michael:
(Michael Donth [CDU/CSU]: Und was kostet es denn? – Gegenruf des Abg. Matthias Gastel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das, was es wert ist!)
die Instandhaltung, die Ersatzinvestition und auch die Digitalisierung.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Damit heißt es: Runderneuerung in einem Rutsch statt eines jahrelangen Stakkatos an Baustellen.
Es geht uns nicht nur um die Gleise oder die Signale, es geht uns auch um die Visitenkarten, es geht uns um unsere Bahnhöfe als Eingangstore zur Bahn, als Empfangshallen der Schiene, als Verknüpfungspunkte der Verkehrsträger. Bahnhöfe zu verscherbeln ist Gott sei Dank aus der Mode gekommen. Ich darf zitieren: Bahnhöfe wegzugeben, das ist ein bisschen so, als wenn ein Hotel seine Lobby verkaufen würde. Volker Wissing hat das prima auf den Punkt gebracht. Auch der Faktor Bahnhöfe muss eben stimmen, auch der muss gepflegt werden. Deshalb werden wir mit diesem Gesetz klarmachen: Auch die Sanierung von Bahnhöfen gehört zur Schienenförderung dazu. Damit Bahnfahren wieder eine positive Sache wird von Anfang an.
(Michael Donth [CDU/CSU]: Empfangsgebäude sind nicht drin!)
– Doch, doch!
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Für die AfD-Fraktion spricht Wolfgang Wiehle.
(Beifall bei der AfD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7578759 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 122 |
Tagesordnungspunkt | Änderung des Bundesschienenwegeausbaugesetzes |