21.09.2023 | Deutscher Bundestag / 20. EP / Session 122 / Zusatzpunkt 9

Michelle MünteferingSPD - Änderung des Filmförderungsgesetzes

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Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Martin Scorsese hat gesagt: Filme berühren unsere Herzen, wecken unsere Visionen und verändern die Art und Weise, wie wir Dinge sehen. Sie bringen uns an andere Orte, sie öffnen Türen und Köpfe. Filme sind die Erinnerung an unser Leben. Wir müssen sie am Leben erhalten.

(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Thomas Hacker [FDP])

„Am Leben erhalten“ ist in der Tat das richtige Stichwort für die heutige Debatte. Wir sprechen in erster Lesung über eine nochmalige Verlängerung des deutschen Filmförderungsgesetzes in seiner aktuellen Fassung. Schon durch Corona waren wir gezwungen, eine große Novelle zu schieben. Jetzt machen wir das mit Blick auf 2024, um 2025 dann endlich eine umfassende Reform auf den Weg bringen zu können.

Ja, wir haben Aufholbedarf. Die Bundesregierung weiß das. Wir möchten sie gerne unterstützen; denn das System Film hat sich grundlegend geändert. Zwei Beispiele:

Erstens. Neue Marktteilnehmer wie die Streamingdienste sind hinzugekommen. Das verändert, wie und wann Filme und Serien gesehen werden. Kino oder Couch?

Zweitens. Auch beim Film sehen wir, dass andere europäische Länder den Produktionsstandort Deutschland überholen, weil sie selbst stark investieren, damit die Geschichten von morgen bei ihnen gedreht werden.

Um all die Veränderungen zu verstehen und Antworten zu finden, haben wir als SPD-Fraktion im letzten Halbjahr drei große Gesprächsrunden initiiert. Von Netflix bis zum Produzentenverband, der Bundesverband Schauspiel und der Verein Schwarze Filmschaffende – viele haben uns Einblick in ihren Alltag gegeben.

Als Parlamentarierinnen und Parlamentarier der Ampel haben wir bereits eigene Ideen eingebracht, von den Koalitionsverhandlungen angefangen bis jetzt. Einiges davon hat die BKM auf der Berlinale bereits skizziert. Jetzt ist es Zeit, den großen Wurf zu wagen. Klein-Klein reicht nicht, um auf der Höhe der Zeit zu bleiben. Im Gegenteil: Ein Filmfördergesetz ist ein zentrales kulturpolitisches Versprechen aus dem Koalitionsvertrag. Das unterstützen wir als SPD-Fraktion aus vollem Herzen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Abg. Erhard Grundl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] und Thomas Hacker [FDP])

Was den ausstehenden Referentenentwurf betrifft: Die Spannung steigt. Wir sind bereit, uns in die weiteren, konkreten Beratungen zu begeben. Mehr noch: Wir können es kaum erwarten. Es soll ja nicht nur um lebenserhaltende Maßnahmen für den Film gehen, sondern auch um seine Reha. Deswegen müssen wir die gesamte Kette in den Blick nehmen, von den Drehbuchautorinnen und -autoren bis zu den Verleihern, von den Förderinstrumenten und Jurys bis zu den Kinos und von den Arbeitsbedingungen vor und hinter der Kamera bis zu denen, die sich letztlich die Produktionen ansehen sollen, dem Publikum.

Außerdem stellt sich die Frage nach einer besseren Finanzierung, also einer Investitionsverpflichtung oder einem Steueranreizmodell, wie wir es im Koalitionsvertrag festgeschrieben haben. Es hat ja in der letzten sitzungsfreien Woche ein Gespräch bei der BKM gegeben, in dem die Vorstellungen der Regierung im Ansatz eingebracht worden sind.

(Thomas Hacker [FDP]: Nicht der Regierung!)

Ich kann mir eine Mischung aus steuerlichem Anreiz und Investitionsverpflichtung vorstellen. Aber die Ausgestaltung müssen wir gut diskutieren. Wenn es um Steuern geht, muss auch klar sein: am Ende nicht zulasten der Kommunen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, in wesentlichen Punkten bin ich optimistisch, dass sich schnell Einigungen erzielen lassen. Als SPD-Fraktion sind für uns natürlich auch die sozialen Bedingungen wichtig. Auch Nachwuchs- und Fachkräftegewinnung sind aus unserer Sicht entscheidend. Wir brauchen gute Leute im Film, vor und hinter der Kamera, kreative Ideen. Aus meiner Sicht ist es auch selbstverständlich, dass Geschlechtergerechtigkeit und Nachhaltigkeit bei einer modernen Filmförderung Berücksichtigung finden.

Von Förderkriterien zu den Instrumenten. Wir dürfen nicht vergessen: Jede große Reform, jedes Gesetz muss am Ende auch Anwendung finden, umgesetzt werden. Dabei kommt der FFA, der Filmförderungsanstalt, eine entscheidende Rolle zu. Sie muss sich strukturieren, neue Aufgaben übernehmen. Dafür braucht es Zeit und Vorlauf. Deswegen will ich auch einmal dem Präsidenten und Staatsminister a. D. Bernd Neumann, Peter Dinges und Sarah Duve-Schmid stellvertretend für das ganze Team der FFA von hier aus danken, die sich im ganzen Prozess kreativ und sehr konstruktiv einbringen.

Außerdem will ich einmal unseren ehemaligen Kollegen Martin Rabanus erwähnen, der in der Zwischenzeit mit der gesamten Branche schon ohne die Politik als Moderator eine Vereinbarung über die Filmfenster erreichen konnte. Es ist gut, wenn die Branche sich auch selbst in die Pflicht nimmt, Veränderungen herbeiführt. Aber ohne gesetzlichen Rahmen geht es dann am Ende doch nicht.

Deswegen, liebe Kolleginnen und Kollegen: Die verbleibenden Monate sind eine Mammutaufgabe. Verhandlungen und Mitarbeit nicht nur des BMFs, sondern übrigens auch der Länder, Kollege Wanderwitz, sind entscheidend. Also alles ambitioniert, aber schaffbar.

Zum Schluss noch ein Wort zu den Kinos. Die Kinos haben es in Zeiten der ständigen Verfügbarkeit von Filmen schwer; denn wir konsumieren ja inzwischen im Zug, beim Abwasch oder auf dem Sofa. Kinos sind aber viel mehr als das: Sie sind demokratische Orte der Kultur in unseren Städten, in denen verschiedene Menschen eine Erzählung erleben. Sie regen an zur Diskussion mit dem Nachbarn, den Freunden, dem Partner. Sie sind Kultur für alle. Ich will auf diese Orte nicht verzichten. Deswegen ist es richtig, wenn wir auch als Parlamentarierinnen und Parlamentarier für ein ausreichend ausgestattetes Zukunftsprogramm Kino kämpfen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Wir sollten uns hier sehr bewusst gemeinsam dafür entscheiden, die Kinos zu stützen, zu schützen oder, um es mit Martin Scorsese zu sagen: „am Leben zu erhalten“.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Vielen Dank, Frau Kollegin Müntefering. Punktgenau – wunderbar!

Nächster Redner ist der Kollege Dr. Marc Jongen, AfD-Fraktion.

(Beifall bei der AfD)

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Session 122
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